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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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die Augen.
    »Also, ich will mal so sagen: Als wir uns kennenlernten, war uns beiden wohl auf einer gewissen Ebene ziemlich klar, dass wir uns irgendwie ähnlich sind. Aber als Alice, Lauris Frau, starb, gab Lauri sich selbst die Schuld daran.«
    »Ich glaube, ich verstehe, was du sagen willst«, sagte Razia.
    »Von da an hatten wir beide eine ähnliche große Wunde. Wir litten beide ständig an einem großen Schmerz. Und zwar schwer. Unabhängig davon, wie wir uns drehten und wendeten. Es gab für uns beide einfach keine Lage, in der wir keinen Schmerz empfunden hätten. Sodass wir jetzt vielleicht für unsere jeweiligen Macken ein gewisses Verständnis aufbringen.«
    »Das ist schon ziemlich viel!«
    Ja, vielleicht ist es das wirklich, dachte Katharine, selbst verblüfft von dieser Erkenntnis.
    »Und dann haben wir natürlich auch einige gemeinsame Interessen wie Atomphysik und Geschichte«, ergänzte Katharine noch. »Und er hat mir gegenüber eine etwas machohafte, beschützende Haltung. Aber sollten wir zwischendurch nicht auch über etwas anderes sprechen?«

5
    Lauri betrachtete den auf ihn zukommenden Terroristen. Der Abhang war steil, und der Mann hatte deutlich Schwierigkeiten, sich senkrecht zu halten. Er feuerte einen Schuss ab, aber die Kugel pfiff in großer Entfernung an Lauri vorbei. Sie wirbelte mindestens zwanzig Meter entfernt Sand vom Boden auf. Eine Pistole schießt aus so großer Entfernung nicht präzise, dachte Lauri, zumal dann nicht, wenn man sich nicht die Zeit nimmt, um stehen zu bleiben und zu zielen.
    Wieder schoss der Mann. Diesmal schlug die Kugel etwas näher ein, vielleicht knapp zehn Meter entfernt. Seltsam gleichmütig sah Lauri zu, wie der Mann beinahe gestolpert wäre und einen Augenblick um sein Gleichgewicht ringen musste.
    Dann fiel ihm plötzlich etwas ein. Verdammt, er hatte Katharine versprochen, lebendig zurückzukehren. Das dürfte jetzt wohl nicht klappen. Aber sollte er sich nicht trotzdem etwas ernsthafter bemühen? Versprochen war versprochen. Andererseits ... was konnte er schon tun, wenn seine Beine den Befehlen seines Gehirns nicht gehorchten?
    Die dritte Kugel schlug Splitter aus einem kopfgroßen Steinblock, der nur ein paar Meter entfernt war. Lauri betrachtete seine Maschinenpistole, die auf dem Sand lag. Wenn ich Widerstand leisten will, muss ich wohl diese Styx in die Hand bekommen, und zwar ziemlich bald, dachte er. Aber mein Kopf wird gleich platzen, und mir ist so schwindlig, dass ich mich nicht aufrecht halten kann.
    Der nächste Schuss ging hoch über ihn hinweg. Lauri zwang seine Hand, sich näher an die Styx heranzuschieben. Seine Finger legten sich fest um das Metall der Waffe. Das Blut floss ihm von der Stirn in die Augen und über das Gesicht auf die Lippen, es schmeckte salzig und herb. Ich bin fast am Ziel, dachte Lauri trüb, jetzt müsste ich nur noch diesen Blödmann mit ein paar Schüssen durchlöchern.
    Der fünfte und sechste Schuss verfehlten ihn so weit, dass Lauri nicht einmal sah, wo die Kugeln einschlugen. Weiter so, verballer du nur dein ganzes Magazin, bevor du näher herankommst, dachte er und bemühte sich, die Maschinenpistole hochzuheben. Sie erschien ihm tonnenschwer. Nicht gut. Du verdammter Schlappschwanz, kämpf jetzt!, schrie Lauri in Gedanken. Wenn du jetzt nicht die Hand hochkriegst, jagt dieser Spaßvogel dir gleich eine Kugel in dein Bäuchlein, und das ist nicht wirklich angenehm.
    Mit ungeheurer Anstrengung riss Lauri die Hand mit der Styx vom Boden hoch und richtete den Lauf der Maschinenpistole nach oben. Die Änderung seiner Stellung bewirkte, dass ihm das Blut direkt in die Augen floss und er den Angreifer nur durch dessen Bewegung wahrnahm. Lauri richtete die Styx auf die Bewegung. Seine Hand zitterte stark unter dem Gewicht der Waffe, und er konnte sie nicht gerade halten, drückte aber trotzdem ab. Mit etwas Glück würden die Kugeln in die richtige Richtung fliegen. Nichts geschah. Lauri erkannte, dass die Waffe noch gesichert war. Verdammter Mist, dachte er.
    Lauri strengte sich an, um die Sicherung zu lösen, fiel aber auf die Seite. Der Angreifer schoss sofort zweimal hintereinander, aber die Kugeln flogen über ihn hinweg, weil Lauri gerade zu Boden gesunken war.
    Er wischte sich das Blut von den Augen und sah, dass der Mann nur noch etwa siebzig Meter von ihm entfernt war. Wenn sein Gegenüber noch einen Moment stehen bleiben und zielen würde, könnte er eine Chance haben, ihn zu treffen. Wegen seiner

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