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Gottes Tochter

Gottes Tochter

Titel: Gottes Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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zugesehen hatte, wie er sich den Mund fusselig schwieg. »Das ist Kommissar Süden. Du kannst dir denken, warum er hier ist.«
    »Nein«, sagte Rico und sah Süden mit grimmigem Blick an. Keiner sprach ein Wort. Mutter und Sohn tauschten umständlich Blicke, Süden saß wie abwesend nach vorn gebeugt, den Kopf gesenkt, die Ellbogen auf den Oberschenkeln, die Hände über Kreuz. Er hatte keinen Zweifel, dass Rico wusste, wo Julika sich aufhielt, und er hatte wenig Hoffnung, dass Rico ihr Versteck preisgeben würde. Der Schock war vorbei, nun würde der junge Mann eine Strategie der Täuschung entwickeln, und es würde kompliziert sein, ihn davon abzubringen.
    »Hol dir einen Stuhl«, sagte Marlen.
    Rico ging ins Wohnzimmer, warf die Jacke auf die Couch und zögerte keinen Moment, in die Küche zurückzukehren. Wortlos stellte er den Stuhl vor den Kühlschrank und setzte sich.
    »Möchtest du eine Tasse Kaffee?«, fragte Marlen. Er schüttelte den Kopf.
    »Herr Süden?«, sagte Marlen, die nicht still dasitzen wollte. Süden richtete sich auf, sah beide an, als müsse er ihnen einen Gefallen erweisen, erhob sich, zog die Lederjacke aus, was im Vergleich zu seiner bisherigen Reglosigkeit theatralisch wirkte, hängte sie über die Stuhllehne und setzte sich wieder. Die Ärmel seines weißen Hemdes waren hochgekrempelt, er zog sie herunter und knöpfte die Manschetten zu.
    »Ist Ihnen kalt?«, fragte Marlen.
    »Nein«, sagte Süden, und sie rechnete damit, er würde weitersprechen.
    Das tat er nicht. Stattdessen passierte für Mutter und Sohn etwas Unerhörtes. Ihr Gast, der offensichtlich gerade dabei war, es sich gemütlich zu machen, stand erneut auf und ging aus der Küche, ohne eine Erklärung abzugeben. Er öffnete die Tür zum Badezimmer, warf einen Blick hinein, die Klinke in der Hand, den Kopf vorgebeugt, verharrte er einige Zeit, schloss dann die Tür und machte einen Schritt auf Ricos Zimmer zu.
    »He!«, rief Rico aus der Küche.
    Süden öffnete die Tür, blieb davor stehen, setzte keinen Fuß ins Zimmer, sah sich um, verharrte länger als vorher, schloss die Tür und ging ins Wohnzimmer. Marlen und Rico kamen hinter ihm her.
    »Was Sie hier machen, ist verboten«, sagte Marlen.
    »Genau«, sagte Rico.
    Als wäre er taub geworden, durchquerte Süden den Raum, hielt vor der geschlossenen Tür des angrenzenden Zimmers inne, stieß die Tür auf, knipste das Licht an, blieb mindestens eine Minute steif stehen und schloss die Tür wieder. Weder Marlen noch ihr Sohn waren fähig, etwas zu sagen oder ihn daran zu hindern, an ihnen vorbeizugehen, bis zur Wand und wieder zurück, hinaus auf den Flur, bis zur Wohnungstür, die er mit einem Ruck aufriss, bevor er sie wieder schloss. Dann kam er ins Wohnzimmer zurück.
    »Die Wohnung ist klein für drei Leute«, sagte er und setzte sich an den Tisch, an dem zwei Stühle standen. Rico ließ sich auf die Couch fallen, verschränkte die Arme und demonstrierte Megahass.
    Süden nickte ihm zu, sagte aber nichts.
    »Ich finde, so geht das nicht weiter«, sagte Marlen. Was Süden besonders gefiel, war, wie Rico geradezu tobsüchtig und gleichzeitig unter größter Selbstbeherrschung nach einem Weg suchte, seiner Wut, die auch ein Echo seines ungeheuren Erschreckens war und sich allmählich verselbstständigte, loszuwerden. Er schaffte es nicht. Er wusste nicht, was clever war und was ihn verraten würde.
    Mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht grübelte er darüber nach, ob seine Mutter womöglich aus Angst vor der Polizei ihr Versprechen, zu ihm zu halten, ganz gleich, was er tue, gebrochen hatte. Was hatte dieser Bulle vor? War er nur wegen Julika hier? Sie war volljährig, er hatte kein Recht, sie zu suchen, sie war frei, sie hatte ihr eigenes Leben. Oder war er ein Spitzel von Halberstett? Weil der nichts rausgekriegt hatte, schickte er einen Typen aus dem Westen, der mehr draufhatte.
    »Was ist?«, fragte Rico.
    »Ich sehe Sie an«, sagte Süden.
    Marlen stand da, unentschlossen. Sie fand, was der Polizist getan hatte, war unerhört, das machte man nicht, in den Zimmern fremder Leute spionieren, schon gar nicht, wenn man keinen Durchsuchungsbefehl hatte.
    »Ich möchte Sie bitten zu gehen«, sagte sie mit etwas zu wenig Nachdruck, wie ihr schien. Wenigstens hatte sie überhaupt etwas gesagt. Dieses dauernde Nichtssagen brachte sie noch dazu, einen Schnaps zu trinken.
    »Was wollen Sie von meiner Mutter?«, fragte Rico.
    »Kennen Sie ein Mädchen mit dem Namen Julika de

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