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Gottes Tochter

Gottes Tochter

Titel: Gottes Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Frau reichte ihr das Telefon durchs Fenster. Julika zögerte. Zigarettenrauch strömte ihr entgegen, sie atmete ihn ein wie etwas Angenehmes.
    »Steig doch ein«, sagte die Frau.
    »Nein.«
    Die Frau hielt ihr weiter das Handy hin.
    »Okay«, sagte Julika und riss ihr das Gerät aus der Hand. »Ich klau Ihnen das Ding schon nicht.«
    »Das weiß ich.«
    »Ach ja?« Julika tippte eine Nummer und presste das Gerät ans Ohr. »Rico? Ich bins.«
    »Verdammt«, sagte er als Erstes.
    »Wo bleibst du denn, Rico?«
    »Verdammt«, sagte er wieder.
    »Entschuldige, dass ich dich anrufe…«
    Er sagte nichts.
    »Ich habs nicht mehr ausgehalten. Sag doch was!« Sie wartete, blickte über das gelbe Auto hinweg auf ein schwarzes Feld.
    »Julika?«
    Das war eine fremde Stimme.
    »Mein Name ist Tabor Süden, ich bin Polizist, wir haben schon miteinander gesprochen. Ich möchte Sie gern sehen und mich mit Ihnen unterhalten, nur wir zwei. Wie geht es Ihnen?«
    »Mir geht es sehr gut«, sagte sie steif.
    »Das freut mich«, sagte er. »Können wir uns treffen?«
    »Ich will Sie nicht treffen, geben Sie mir Rico!«
    »Ich bin froh, dass Sie anrufen«, sagte Süden. »Rico hat behauptet, er wisse nicht, wo Sie sind, er ist ein zuverlässiger Freund. Ich lade Sie zum Essen in ein Restaurant ein. Ich verspreche Ihnen, es ist das erste und letzte Mal, dass Sie mich sehen, ich möchte nicht hinter jemandem herlaufen, der frei sein will. Ich möchte Sie nicht belästigen, ich möchte Ihre Akte schließen.«
    »Ich bin eine Akte«, sagte Julika.
    »Das sind Sie, Ihr Vater hat Anzeige erstattet, wie Sie wissen.«
    »Aber ich habe mich gemeldet! Niemand hat mir was zu befehlen. Sie auch nicht!«
    »Nein«, sagte Süden. »Aber wenn Sie mir nicht die Chance geben, mit Ihnen zu sprechen, kann ich mir kein eigenes Bild machen, und das ist wichtig.«
    »Warum?«, fragte Julika.
    »Ohne ein eigenes Bild ist mein Blick unvollständig.« Julika dachte nach. Sie konnte ihm erzählen, was sie wollte, er würde ihr glauben müssen. Irgendwie war es rührend, dass er den weiten Weg nur wegen ihr gemacht hatte. Er konnte ihr nichts anhaben. Wahrscheinlich musste er sogar das Essen aus eigener Tasche bezahlen.
    »Okay«, sagte sie. »Jetzt will ich Rico sprechen, er sucht das Lokal aus.«
    »Kleines?«, sagte Rico.
    »Sag nie Kleines zu mir!«, schrie sie.
    »Entschuldige, ent…«
    »Wieso sagst du so was zu mir? So was darfst du doch nicht zu mir sagen! Wieso sagst du so was?« Sie schrie wie hysterisch.
    »Beruhig dich, Julika, ich hab…«
    »Sag mir ein Lokal, wo ich den Polizisten treffen kann, und dann haben wir unsere Ruhe.«
    »Also… wieso willst du den treffen? Das brauchst du nicht, du bist…«
    »Ich treff ihn, und fertig!«
    Die rothaarige Frau streckte den Kopf aus dem Fenster.
    »Ich weiß nicht«, sagte Rico.
    »Julika?« Süden hatte wieder den Hörer in die Hand genommen. »Kommen Sie doch in die ›Alte Apotheke‹, das ist eine Kneipe im Keller des Hotels ›Sonne‹, in der Nähe der Altstadt, ich wohne in dem Hotel…«
    »Das ist schlecht.«
    »Warum?«
    »Wenn Sie da wohnen, das ist schlecht.«
    »Das ist eine normale Kneipe, ich war gestern dort, ich gehe gern an Orte, die ich schon kenne. Es sind genügend Leute um uns herum.«
    »Ich weiß nicht genau.«
    »Glauben Sie, ich lasse das Hotel umstellen, damit Sie nicht abhauen können?«
    »Wieso nicht?«
    »In ein umstelltes Haus bringen Sie mich nicht rein, ich habe Klaustrophobie.«
    Sie reagierte nicht.
    »In einer Stunde?«, fragte Süden. »Ich gebe Ihnen das Taxigeld natürlich wieder.«
    »Kann sein, dass ich hinkomm. Kann auch nicht sein.«
    »Gut«, sagte Süden. »Ich bin auf jeden Fall dort.«
    »Geben Sie mir Rico!«
    Sie erklärte ihm, sie würde über das Treffen nachdenken und ihn dann wieder anrufen. Bevor er dazu kam, etwas zu erwidern, beendete sie das Gespräch und gab der rothaarigen Frau das Handy zurück.
    »Fahren Sie in die Stadt?«, fragte Julika.
    »Bis in die Südstadt.«
    »Ich fahr mit.«
    Sie wollte die Sache hinter sich bringen, endgültig. Dieser Polizist war das letzte Gewicht, das sie beschwerte. Wenn sie ihn los war, würde sie alle Schwere los und ihr Aufbruch vollkommen sein. Und dann könnten sie weggehen, Rico und sie, in eine andere Stadt. Und sie wusste auch schon, in welche.
    »Wo musst du hin?«, fragte die Rothaarige.
    »Zum Neuen Markt.«
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja.«
    »Störts dich, wenn ich rauche?«
    »Nein.«
    »Du bist auch aus

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