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Gottes Tochter

Gottes Tochter

Titel: Gottes Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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fragte Süden noch einmal.
    »Nein«, sagte sie. Wieder wartete er ab.
    »Das Haus wird beobachtet, so weit ist es gekommen«, sagte sie.
    »Wer beobachtet das Haus?«
    »Zwei Polizisten in einem Zivilauto, die denken wahrscheinlich, das ist unauffällig.«
    »Sind Sie sicher, dass es Polizisten sind?« Süden musste an die Überfälle auf Rico und Annalena denken, an die vagen Aussagen der Opfer, die er zum Teil für absurd hielt.
    »Mit Polizisten kenn ich mich aus«, sagte Marlen.
    »Außerdem hab ich einen von denen schon mal gesehen.«
    »Bleiben Sie zu Hause«, sagte Süden.
    »Was sonst?«, sagte Marlen Keel erschöpft.
    »Fahren Sie zurück!«, hatte Henry Halberstett zwei Stunden zuvor zu ihm gesagt. »Ihr Chef wartet schon auf Sie. Hier werden Sie nicht gebraucht, wir schaffen das, Kollege, Sie können beruhigt abreisen. Wir finden das Mädchen, so wie wir den Jungen finden.«
    Außer Süden und Halberstett befanden sich noch zwei weitere Polizisten in dem Büro, Kellerfink und Bach, der Jüngste von ihnen. Er stand an der Tür, als habe er Wachdienst. Gelegentlich sah Süden zu ihm hin, resonanzlos.
    »Ich möchte nicht, dass Sie sich weiter in unsere Arbeit einmischen, Sie haben den Kollegen Kellerfink in eine schwierige Lage gebracht, Sie haben seine Autorität untergraben, und das mag ich nicht. Wir haben Sie informiert, ich hab Ihnen die Akten zur Verfügung gestellt, Amtshilfe ist selbstverständlich, und das wars. Wir haben einen Verbrechensfall zu bearbeiten, bei dem wir Ihre Mitarbeit nicht benötigen, Kollege. Auch wenn wir schlechter, sogar viel schlechter ausgestattet sind als Sie in Bayern, so sind meine Leute trotzdem Spitzenbeamte, absolut zuverlässig, die meisten kenn ich noch aus meiner Zeit als Fußstreife. Wir beide, Roland und ich -«, er nickte Kellerfink zu -, »wir waren die Fußabstreifer der Stadt.« Kellerfink grinste, und Süden musste an Varus denken. »Wir waren mit Leib und Seele Polizisten, und dann waren wir mit Leib und Seele Leutnants, und heute sind wir mit Leib und Seele Kommissare. Wir verstehen was von unserer Arbeit…«
    Süden hatte es gern, wenn Leute in seiner Gegenwart Monologe hielten. Sein Schweigen war unerschöpflich.
    »… Es kommt schon vor, dass Kollegen von woanders uns aufsuchen, und wir kooperieren dann. Erst vor zwei Jahren hatten wir einen Fall, Mordsache, länderübergreifend, aber ich muss Ihnen sagen: Der Kollege vom LKA aus NRW hat uns nicht wirklich vorangebracht, bei allem Respekt, wir haben die Beweiskette allein geschlossen, meine Leute haben das geschafft, Jan-Erich war da auch schon dabei…«
    Er sah seinen jungen Kollegen bei der Tür an, resonanzarm. Bach wagte ein minimales Nicken.
    »Und wie ich Ihnen ausgerichtet habe, Ihr Chef, der Kollege Thon, mit dem ich vorhin telefoniert habe, erwartet Sie noch heute zurück. Selbstverständlich halten wir Sie auf dem Laufenden, Sie bekommen alle Informationen, die Sie brauchen können. Wir finden das Mädchen, vielleicht war sie sogar am Tatort, wir werden es feststellen. Bisher steht fest, Rico war der Letzte, der Steffen Nossek gesehen hat.«
    »Haben Sie einen Zeugen?«, fragte Süden, der mit verschränkten Armen an der Wand lehnte.
    »Ein Autofahrer hat einen jungen Mann weglaufen sehen, er ist weitergefahren, es hat geregnet, und das Licht war schlecht. Aber dann hat er heut Morgen im Radio die Nachricht über den Toten gehört und sich sofort gemeldet. Wir sind mit ihm die Wege abgegangen, wir haben die Zeiten verglichen, wir haben ihm ein Foto von Rico Keel gezeigt… Es wär besser gewesen, du hättest seine Mutter mitgebracht, Roland, die steht jetzt unter Druck, über sie…« Er verstummte, sah Süden eine Weile an und entschied sich für ein Harmonie bringendes Lächeln.
    »Was erzähl ich Ihnen, Kollege, Sie waren früher selber beim Mord, Sie sind ein erfahrener Mann. Übrigens haben wir noch einen zweiten Zeugen, einen Inder, der hat Rico aus der Kneipe kommen sehen, der Inder wohnt in der Nähe, er kam grade von dem Restaurant, in dem er arbeitet, nach Hause. Wir haben auch mit ihm die Zeiten abgeglichen, er sagt, der Junge sei auf der Straße gestanden, möglicherweise war er sich nicht sicher, welchen Weg er nehmen sollte. Und zusammen mit den Aussagen des Wirts aus dem ›Eisenhans‹ haben wir eine gute Basis für ein Verhör. Sie können also beruhigt fahren, Kollege.«
    »Wovon soll ich beruhigt sein?«, fragte Süden. Das Lächeln verschwand. »Stehen Sie uns bei den

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