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Gottes Tochter

Gottes Tochter

Titel: Gottes Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Süden ihr erklären sollen, und dem Mann, der seinen Lodenmantel nicht ausgezogen hatte und Dinge erzählte, die angeblich mit seiner Tochter zu tun hatten und dabei nur von ihm selbst handelten oder von der Person, für die er sich hielt?
    Süden ließ Ausdrücke wie »bankgeprüft« und »organisierter Massenbetrug« über sich ergehen. Er fragte nicht nach, warum Wolf de Vries seinem Schwager, der als eine Art Drücker im Auftrag einer Bank arbeitete, jahrelang vertraut und ihm riesige Summen überschrieben hatte.
    »… brauchen wir uns um nichts zu kümmern, so ging das die ganze Zeit, kümmert euch um nichts, ich mach das… Aufbau Ost… und jetzt trag ich dazu bei, dass es bald noch mehr Nazis hier gibt, die Millionen sind alle in diese Organisation geflossen, das wird bewiesen werden… Versager… Ich lass nicht zu, dass Julika… Ich will, dass meine Tochter eine Zukunft… Julika ist eine große…«
    Er unterbrach seinen Redefluss, weil die Kellnerin an den Tisch kam.
    »Für mich ein Mineralwasser ohne Kohlensäure«, sagte de Vries. »Und für dich, Schatz? Noch einen Tomatensaft?«
    »Nein«, sagte Margit de Vries. Seit der Begrüßung war das ihr erstes Wort in Gegenwart von Tabor Süden.
    »Für Sie noch einen Kaffee?«, fragte die Bedienung.
    »Ja«, sagte Süden.
    An einem Tisch vor der Balustrade saßen zwei Männer in weißen Hemden, über einen Laptop gebeugt, auf einem Stuhl lag ein Stapel Papiere, obendrauf ein Handy. Sie schienen ein Problem bewältigen zu müssen, das sie ziemlich aus der Ruhe brachte. Süden beobachtete sie in dem breiten Wandspiegel.
    »… war voll besetzt, immerhin gibts einen Bus vom Flughafen in die Stadt… fünfzehn Minuten später abgeflogen… irgendein Schauspieler, du kanntest ihn, Schatz…«
    Sich ständig im Spiegel zu sehen missfiel Süden derart, dass er de Vries die Schulter zuwandte.
    »Und nun sagen Sie mir bitte, wo wir Jule treffen können. Gut, Sie können dabei sein, ich möchte, dass Jule offen mit uns spricht, und wenn ihr das leichter fällt, wenn Sie dabei sind, soll es uns recht sein. Wo ist sie, Herr Süden? Herr Thon sagte, Sie hätten mit ihr gesprochen.«
    »Ja«, sagte Süden.
    Hinter seinem Rücken hörte er einen der beiden Männer am Laptop fluchen.
    »Herr Süden!«, sagte de Vries. »Wir sind gekommen, um diese Sache zu beenden, es muss wieder Ruhe einkehren, meine Frau schläft keine Nacht mehr durch, sie lässt sich nichts anmerken, aber sie ist am Boden zerstört, sie kann nicht mehr. Bitte sagen Sie uns, wo wir unsere Tochter finden!«
    »Ihre Tochter ist bei einem Freund.«
    »Was für ein Freund? Was für ein Freund, Herr Süden?«
    »Jemand, den sie im Dezember, als sie hier war, kennen gelernt hat.« Was er bereit war zu sagen, hatte er sich auf dem Weg ins Hotel genau überlegt.
    »Sie hat jemanden kennen gelernt?«, schrie de Vries.
    »Wen denn? Wann?« Er machte eine Pause. »Als sie weg war! Wir mussten sie suchen lassen! Da hat sie jemanden kennen gelernt? Wie heißt der? Wo wohnt der?«
    »Möchten Sie, dass ich sie frage, ob sie mit Ihnen sprechen will?«
    »Nein!«, sagte de Vries laut.
    »Entschuldigung.« Die Bedienung stellte die Getränke auf den Tisch, goss Wasser ins Glas. »Bitte.«
    »Danke«, sagte Süden, obwohl er nicht gemeint war.
    »Ob sie mit uns sprechen will?« De Vries sah seine Frau an, die ihren Blick unverwandt auf Süden gerichtet hatte.
    »Nein. Nein, so nicht. Ich bin ihr Vater, ich verhandele nicht…«
    »Sei doch still«, sagte Margit de Vries plötzlich. Tatsächlich hielt er den Mund, während sie, Süden aus hellen Augen anblickend, nach Worten in sich scharrte.
    »Sie hat… sie hat das nicht tun dürfen… und ich verzeih ihr das auch nicht, ich… wir dürfen ihr aber nichts befehlen, sie ist alt genug… Entschuldigen Sie, Herr Süden, ich flieg nicht gern, ich bin noch etwas nervös, ich brauch dann immer zwei Stunden, bis ich wieder… wieder auf der Erde bin, Sie dürfen nicht denken…«
    »Nein«, sagte Süden. »Ich fliege auch nicht gern.«
    »Sind Sie nicht hierher geflogen?«, fragte sie und ihre Pupillen bewegten sich.
    »Ich bin mit dem Zug gekommen«, sagte Süden. »Wie Ihre Tochter. Ich spreche mit ihr, sind Sie damit einverstanden?«
    »Gehts ihr denn gut?«, fragte Margit de Vries.
    »Ja«, sagte Süden.
    »Wo ist sie?«, fragte de Vries. Süden schwieg.
    »Bitte sagen Sie ihr, dass wir hier sind«, sagte Margit de Vries. »Wir warten hier im Hotel auf sie. Bitte

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