Gottes Werk und Teufels Beitrag
geschnalzt.
»Würde nicht so viele Waisen geben, wenn die Leute diese da über ihren Zapfen ziehen wollten«, sagte Herb.
Homer Wells hatte noch nie ein Präservativ in kommerzieller Verpackung gesehen. Dr. Larch bewahrte wohl welche auf im Spital und verteilte sie großzügig, aber die waren mit einer klaren, durchsichtigen Hülle überzogen, so ähnlich wie Wachspapier; ohne schmückende Firmennamen oder Markenzeichen. Dr. Larch klagte dauernd, er wisse gar nicht, wo all die Gummis blieben, aber Homer wußte, daß Melony sich bei vielen Gelegenheiten bedient hatte. Natürlich hatte Melony Homer gezeigt, wie man damit umging.
Herb Fowlers Freundin, Louise Tobey, war zweifellos professionell im Hantieren mit Herbs Präservativen. Wenn Homer selbst Hand an sich legte, dachte er an Drück-mich-Louise – er dachte an ihre Behendigkeit mit einem Präservativ, an ihre geschickten und hurtigen Finger, an die Art, wie sie einen Pinsel hielt und die Zähne zusammenbiß, wie sie dick Farbe auf die Regale im Apfelmarkt klatschte und sich mit ihrem säuerlichen Zigarettenatem eine Haarlocke aus der Stirn pustete.
Homer gestattete sich nicht, beim Masturbieren an Candy zu denken. Er berührte sich nicht in Wallys Zimmer, wenn Wally tief atmend und friedlich schlafend neben ihm lag. Wann immer Homer sich dennoch vorstellte, daß Candy neben ihm schlief, berührten sie einander niemals intim, sondern hielten sich nur in keuscher Zuneigung fest umschlungen. (»Nichts Geschlechtliches«, wie Melony zu sagen pflegte.)
Candy rauchte, aber so affektiert und übertrieben, daß sie oft ihre Zigarette auf ihren Schoß fallen ließ und dann lachend aufsprang und hektisch die Funken wegbürstete.
»Oh, was bin ich doch für ein Tolpatsch!« schrie sie. Wenn, dachte Homer, dann nur beim Rauchen.
Louise Tobey verschlang ihre Zigaretten; sie saugte den Rauch tief ein und blies so wenig davon heraus, daß Homer sich fragte, wo er geblieben war. Die älteren Apfelmarktfrauen waren hartnäckige Raucherinnen (alle, bis auf Grace Lynch, die – nicht von ungefähr – entschlossen war, niemals ihre Lippen zu öffnen), doch Florence und Irene und Big Dot Taft rauchten schon so lange, daß es ihnen längst in Fleisch und Blut übergegangen war. Nur Debra Pettigrew, Dots Schwester, rauchte so selten und unbeholfen wie Candy. Squeeze Louise rauchte mit rascher, selbstbewußter Heftigkeit, angefeuert, wie Homer sich ausmalte, durch Herb Fowlers Hopplahopp-Gebrauch der Gummis.
In ganz Heart’s Rock und Heart’s Haven – vom salzigen Gluckern des Hummerlebens bis hin zur chlorierten Sicherheit des Swimmingpools im Haven-Club, von der vorbereitenden Geschäftigkeit im Apfelmarkt bis hin zur Arbeit auf den Feldern – gab es nichts, was bei Homer auch nur eine einzige, jähe Erinnerung an St. Cloud’s geweckt hätte, nichts, bis zu jenem ersten Regentag, als er, zusammen mit einer Gruppe von Scheuerfrauen und Anstreicherinnen, zum Ciderhaus geschickt wurde.
Nichts an diesem Gebäude – von außen betrachtet – hatte ihn gewarnt. Oft war er, auf oder in den verschiedenen Vehikeln der Farm, daran vorbeigeschaukelt – an einem langen, schmalen, einstöckigen Flachdachgebäude in Form eines rechtwinklig liegenden Armes; am Ellbogen des Gebäudes, wo es einen Eingang mit Schwingtüren gab, waren die Ciderkelter und die Presse (das Quetschwerk, die Pumpe, der Pumpenmotor und der Mahlwerksmotor) sowie der 1000-Gallonen-Tank.
Ein Flügel des Gebäudes stand voller Kühlaggregate: der Kühlraum für den Cider. In dem anderen Flügel war eine kleine Küche, hinter der sich zwei lange Reihen von eisernen Betten im Krankenhausstil erstreckten, jedes mit Decke und Kopfkissen. Matratzen lagen ordentlich zusammengerollt auf jedem der mehr als zwanzig Betten. Manchmal umgab eine an Drahtrollen aufgehängte Decke ein Bett oder eine Bettenparzelle und schuf eine scheinbare Ungestörtheit, wie Homer sie mit der Station eines Spitals in Verbindung brachte. Unlackierte Sperrholzregale zwischen den Betten bildeten primitive, aber stabile Kleiderkästen, die auch jene verbeulten, schwanenhalsförmigen Leselampen bargen, wo immer sich eine vereinzelte Steckdose fand. Das Mobiliar war abgenutzt, aber ordentlich, wie von der Straße aufgelesen oder ausgemustert aus Krankenhäusern und Büros, wo es eine schonungslose, aber pflegliche Behandlung genossen hatte.
Dieser Flügel des Ciderhauses hatte die funktionale Sparsamkeit einer Kaserne, nur wies er zu viele
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