Gottes Werk und Teufels Beitrag
Lächeln als vielmehr das Zähnefletschen eines Hundes, dem sich die Nackenhaare sträuben. »Richtig«, sagte sie.
Wally kam zum Erntedankfest nach Hause; Candy war etliche Wochenenden im Frühherbst zu Hause gewesen, aber Homer hatte nicht gewußt, wie er es anstellen sollte, sie ohne Wally zu sehen. Wally war erstaunt, daß Homer und Candy sich nicht gesehen hatten; und an Candys Verlegenheit über Wallys Erstaunen merkte Homer, daß sie ebenfalls ratlos gewesen war, wie sie eine Begegnung mit ihm herbeiführen sollte. Aber der Truthahn mußte alle fünfzehn Minuten begossen, der Tisch mußte gedeckt werden, und Olive war zu offensichtlich erfreut, das Haus wieder voll zu haben – es gab keine Zeit, sich verlegen zu fühlen.
Raymond Kendall hatte früher schon an einem Erntedankschmaus bei den Worthingtons teilgenommen, doch nie ohne Seniors Quasianwesenheit; Ray bemühte sich ein paar Minuten lang um übertriebene Höflichkeit, bis er sich entspannte und mit Olive übers Geschäft redete.
»Daddy benimmt sich, als hätte er ein Rendezvous«, sagte Candy in der Küche zu Olive.
»Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte Olive. Sie drückte lachend Candys Arm und erklärte damit aber jedes weitere Geflachse für beendet.
Homer erbot sich, den Truthahn zu tranchieren. Er machte seine Sache so gut, daß Olive sagte: »Du solltest Chirurg werden, Homer!«
Wally lachte; Candy blickte abwechselnd auf ihren Teller und auf ihre Hände in ihrem Schoß, und Ray Kendall sagte: »Der Junge ist einfach gut mit den Händen. Wenn einer gute Hände hat, behalten seine Hände alles, was er je gemacht hat, für immer im Gedächtnis.«
»Genau wie bei dir, Ray«, sagte Olive, was die Aufmerksamkeit von Homers Schneidekunst ablenkte; er schnitt so rasch wie möglich jedes Stückchen Fleisch von den Knochen.
Wally redete vom Krieg. Er habe daran gedacht, sagte er, vom College abzugehen, um Pilot zu werden.
»Wenn es dann einen Krieg gibt – wenn wir hineingezogen werden, meine ich –, kann ich bereits fliegen.«
»So etwas wirst du nicht tun«, sagte Olive.
»Warum möchtest du das tun?« fragte ihn Candy. »Ich finde, du bist selbstsüchtig.«
»Was meinst du mit selbstsüchtig?« fragte Wally. »Ein Krieg ist etwas fürs Vaterland, er ist Dienst am Vaterland!«
»Für dich ist’s ein Abenteuer«, sagte Candy, »das ist selbstsüchtig daran.«
»So etwas wirst du jedenfalls nicht tun«, wiederholte Olive.
»Ich war zu jung, um in den letzten Krieg zu gehen«, sagte Ray, »und wenn es wieder einen gibt, werde ich zu alt sein.«
»Du Glücklicher«, sagte Olive.
»Das finde ich auch«, sagte Candy.
Ray zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht«, sagte er. »In den letzten wollte ich gehn. Ich versuchte zu lügen mit meinem Alter, aber irgendwer hat mich verpetzt.«
»Jetzt weißt du es besser«, sagte Olive.
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Ray. »Wenn es wieder Krieg gibt, wird es eine Menge neuer Waffen geben – sie bauen Zeug, das kann man sich überhaupt nicht vorstellen.«
»Ich versuche es mir vorzustellen«, sagte Wally. »Die ganze Zeit stelle ich mir den Krieg vor.«
»Abgesehen vom Sterben, Wally«, sagte Olive Worthington, während sie das Truthahnskelett in die Küche hinaustrug. »Ich glaube nicht, daß du an das Sterben gedacht hast.«
»Richtig«, sagte Homer Wells, der sich die ganze Zeit das Sterben vorstellte. Candy sah ihn an und lächelte.
»Du hättest mich an den Wochenenden besuchen sollen, Homer«, sagte sie.
»Ja, warum hast du das nicht gemacht?« fragte Wally. »Zu sehr beschäftigt mit Debra Pettigrew, das ist der Grund.«
Homer schüttelte den Kopf.
»Zu sehr beschäftigt mit der praktischen Anatomie des Kaninchens!« rief Olive aus der Küche.
»Der was?« fragte Wally.
Aber Olive irrte sich. Homer hatte nur drei Wochen Biologie II gebraucht, um zu erkennen, daß er mehr über die jeweils untersuchten Tiere und ihr Verhältnis zur menschlichen Anatomie wußte als sein leichenhafter Lehrer Mr. Hood.
Es war, wie Wilbur Larch erraten hätte, der Urogenitaltrakt, der Mr. Hoods Unzulänglichkeiten im Vergleich zur Erfahrung des jungen Dr. Wells aufdeckte. Bei der Erörterung der drei Spezialisierungsstadien des Uterus verhaspelte sich Mr. Hood. Das intrauterine Leben des Kaninchenembryos dauert nur dreißig Tage; fünf bis acht Junge werden geboren. Gemäß der primitiven Natur des kleinen Tieres hat das Kaninchen zwei komplette Uteri – der Aufbau des Organs in
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