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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Mrs. Grogan, den Ausdruck auf ihren eigenen Gesichtern wiedererkannt.
    »Worauf warten wir?« fragte Schwester Edna eines Morgens Schwester Angela. Es lag etwas in der Luft, irgendeine unausweichliche Veränderung. Die guten Frauen waren durch den mittlerweile berühmten Goodhall/Gingrich-Fragebogen bestimmt genauso gekränkt wie mit Sicherheit auch Dr. Larch; Larch aber schien ungewöhnlich aufgeheitert durch die Bemerkungen des einstigen Snowy Meadows; der Ausschuß hatte Snowys Antwort so lobenswert gefunden, daß er sie Dr. Larch zur Ansicht übersandt hatte.
    Auf die Frage nach der »richtigen Beaufsichtigung« sagte Snowy, daß Dr. Larch und die Schwestern ihn nie aus den Augen gelassen hätten. Auf die Frage, ob die ärztliche Fürsorge »angemessen« gewesen sei oder nicht, empfahl Snowy Meadows dem Ausschuß, »lediglich Fuzzy Stone zu fragen«. Nach Snowys Meinung hatte Dr. Larch geatmet für Fuzzy. »Eine schlimmere Lunge haben Sie noch nie gehört«, sagte Snowy Meadows, »aber der alte Larch hängte den Kleinen direkt an eine wahre Lebensrettungsmaschine.« Und auf die Frage, ob die Pflegefamilie »sorgfältig und richtig ausgewählt« worden sei, behauptete Snowy Meadows, Dr. Larch sei ein Genie im Lösen so kniffliger Rätsel. »Wie konnte der Mann wissen, daß ich genau in eine Möbel-Familie hineinpassen würde? Na, ich sage Ihnen, er wußte es«, schrieb Snowy Meadows (jetzt Robert Marsh) an den Ausschuß. »Wissen Sie, das Privateigentum, persönliche Besitztümer – nicht für jedermann bedeutet das die Welt. Aber lassen Sie sich von mir gesagt sein«, führte Snowy Meadows aus, »für eine Waise bedeuten Möbel die Welt.«
    »Eine von euch hat diesen Jungen wahrscheinlich auf den Kopf fallen lassen«, sagte Wilbur Larch zu Schwester Edna und zu Schwester Angela, obwohl er offensichtlich hocherfreut war über Snowys Bemerkungen.
    Fairerweise übersandte der Ausschuß Larch auch Curly Days etwas weniger begeisterte Antwort auf den Fragebogen. Roy Rinfret aus Boothbay kochte vor Wut. »Ich war nicht besser darauf vorbereitet, von Apothekern adoptiert zu werden, als auf das Abschneiden meiner Nabelschnur«, schrieb Roy »Curly« Rinfret. »Das schönste Paar der Welt lief davon mit einem, der gar nicht adoptiert werden mußte oder wollte, und ich wurde von Apothekern fortgeschleppt!« klagte Curly. »Nennen Sie so etwas Beaufsichtigung, wenn kleine Kinder über Leichen stolpern?« fragte Curly Day den Ausschuß. »Stellen Sie sich vor: an dem Tag, als ich einen toten Mann im Gras finde, adoptiert das Paar meiner Träume jemand anderen, erzählt mir Dr. Larch, daß ein Waisenhaus kein Tierheim ist, und kurz darauf heuern mich zwei Apotheker dafür an, unentgeltlich in ihrer Apotheke zu arbeiten – und so etwas nennt man Adoptiertwerden!«
    »Ach, dieser undankbare kleine Rotzbengel!« sagte Schwester Angela.
    »Ach, Curly Day, schämst du dich nicht?« fragte Schwester Edna in die gleichgültige Luft.
    »Wenn dieser Knabe hier wäre«, sagte Schwester Angela, »ich würde ihn übers Knie legen. Wahrhaftig, das würde ich!«
    Und warum hat unser Homer den Fragebogen nicht ausgefüllt? fragten sich die Frauen.
    Wie gesagt, »undankbar«, dachte Wilbur Larch, aber er hütete seine Zunge.
    Nicht so Schwester Angela. Sie schrieb direkt an Homer Wells, was Dr. Larch verärgert hätte, wenn er davon gewußt hätte. Schwester Angela kam sofort zur Sache. »Dieser Fragebogen ist das mindeste, was Du tun kannst«, schrieb sie an Homer. »Wir alle könnten ein wenig Unterstützung brauchen. Nur weil Du Dich königlich amüsierst (wie ich annehme), brauchst Du nicht zu vergessen, Dich nützlich zu machen – brauchst Du nicht zu vergessen, wohin Du gehörst. Und falls Du zufällig irgendwelche jungen Ärzte oder Krankenschwestern triffst, die Verständnis haben für unsere Lage, dann wirst Du hoffentlich wissen, daß Du uns ihnen empfehlen solltest – und umgekehrt. Wir werden auch nicht jünger, weißt Du.«
    »Mein lieber Homer«, schrieb Dr. Larch mit Poststempel vom nächsten Tag, »es ist mir zu Ohren gekommen, daß der Treuhänderausschuß versucht, sich mit einigen früheren Bewohnern von St. Cloud’s in Verbindung zu setzen – in Form eines lächerlichen Fragebogens. Beantworte ihn, wie Du es für richtig hältst, aber bitte beantworte ihn. Und stell Dich auf weiteren, noch lästigeren Briefverkehr mit ihnen ein. Ich hielt es für nötig, ihnen freimütig Auskunft zu geben über den

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