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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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hast kein Recht, alles von mir zu wissen, ob du mich liebst oder nicht.«
    »Alles, was du wissen mußt, ist: Liebst du ihn wirklich?« sagte Homer. »Liebst du Wally?«
    »Ich bin damit aufgewachsen, daß ich Wally liebe«, sagte Candy. »Ich habe Wally immer geliebt, und das werde ich immer tun.«
    »Schön«, sagte Homer. »Das wär’s dann also gewesen.«
    »Aber ich kenne Wally überhaupt nicht mehr«, sagte Candy. »Ich kenne dich besser, und ich liebe auch dich.«
    Homer seufzte. Also steht uns noch mehr ›Kommt Zeit, kommt Rat‹ bevor, dachte er. Er war gekränkt: Wally hatte ihn kein einziges Mal nach seinem Herzen gefragt. Was hätte er aber auch antworten sollen?
    Wilbur Larch, der wußte, daß mit Homers Herz alles in bester Ordnung war, fragte sich, wo Homers Herz eigentlich abgeblieben war. Nicht in St. Cloud’s, befürchtete er.
    Und Wally ging nach Victorville, California, zur Fliegerspezialausbildung, u. s. army air forces, stand auf seinem Briefpapier. Wally verbrachte mehrere Monate in Victorville – die ganzen Monate des Baumschnittes, wie Homer sich erinnern sollte. Kurz nach der Apfelblüte, als Ira Titcombs Bienen ihre geheimnisvollen Lebenskräfte über die Obstgärten von Ocean View verbreiteten, wurde Wally nach Indien geschickt.
    Die Japaner hielten Mandalay besetzt. Wally warf seine ersten Bomben auf die Eisenbahnbrücke in Myitkyina. Die Schienenstränge und der südlich zulaufende Damm wurden schwer beschädigt und der südliche Brückenbogen zerstört. Alle Maschinen und Besatzungen kehrten unversehrt zurück. Wally warf seine Bomben auch auf das Industriegebiet von Myingyan, aber dichte Wolken behinderten die Sicht auf die erzielte Zerstörung. In diesem Sommer, während Homer Wells abermals das Ciderhaus kalkte, bombardierte Wally die Pier in Akyab und die Brücke über dem Shweli im nördlichen Birma; später traf er die Rangierbahnhöfe in Prome. Er steuerte sein Teil bei zu den zehn Tonnen Bomben, die auf den Bahnhof in Shwebo niedergingen, und zu den Bränden, die in den Lagerhallen von Kawlin und Thanbyuzayat entfacht wurden. Die sensationellsten Treffer, an die er sich erinnern sollte, gelangen auf den Ölfeldern von Yenangyaung – der Anblick der lodernden Ölbohrtürme ging Wally auf seinem Rückflug über Dschungel und Berge nicht aus dem Sinn. Alle Maschinen und Besatzungen kehrten unversehrt zurück.
    Man machte ihn zum Hauptmann und gab ihm, wie er sagte, »leichte Arbeit«.
    »Sei immer mißtrauisch gegen leichte Arbeit«, hatte Wilbur Larch einmal zu Homer Wells gesagt.
    Wally hatte in Fort Meade den Wettbewerb um den besten Namen für ein Flugzeug gewonnen; jetzt konnte er ihn endlich anbringen; er konnte seinem eigenen Flugzeug einen Namen geben. Die Chance klopft an, so nannte er es. Die gemalte Faust unter dem Schriftzug wirkte sehr gebieterisch. Candy und Homer sollten sich später sehr wundern, daß der Name nicht klopft einmal (oder zweimal) an lautete, sondern nur klopft an.
    Er flog die Indien/China-Route über den Himalaya – über Birma. Er brachte Benzin und Bomben und Artillerie und Gewehre und Munition und Bekleidung und Flugzeugmotoren und Ersatzteile und Proviant nach China; er brachte Militärangehörige zurück nach Indien. Es war ein Siebenstundenflug hin und zurück – etwa fünfhundert Meilen. Sechs dieser Stunden trug er eine Sauerstoffmaske – so hoch mußte er fliegen. Über den Bergen flogen sie hoch – wegen der Berge. Über dem Dschungel flogen sie hoch, wegen der Japaner. Der Himalaya hat die heimtückischsten Luftströmungen der Welt.
    Als er aus Assam aufbrach, war die Temperatur einhundertzehn Grad Fahrenheit – gut fünfunddreißig Grad im Schatten! Es ist wie in Texas, dachte Wally. Sie trugen nur Unterhosen und Socken am Leibe.
    Die schwerbeladenen Transportmaschinen mußten binnen fünfunddreißig Minuten auf fünfzehntausend Fuß Höhe klettern; dann erreichten sie bereits den ersten Bergpaß.
    Auf neuntausend Fuß zog Wally seine Hose an. Auf vierzehntausend Fuß zog er den gefütterten Anzug an. Es war beinah dreißig Grad unter Null dort oben. Bei Monsunwetter flogen sie meistens nach Instrumenten.
    Diese Route nannten sie »die Rettungsleine« oder den »Flug über den Buckel«.
    So lauteten die Schlagzeilen vom vierten Juli:
Yankees zerstören Eisenbahnbrücke in Birma

    Chinesen jagen Japaner in der Provinz Hupeh 

    Hier folgt, was Wally an Candy und an Homer schrieb: Wally wurde faul; er schickte beiden denselben

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