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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Limerick.
Da war ein junger Mann aus Bombay

    Der steckte in den Lehm seine Plombe

    Doch die Hitze in seinem Striegel

    brannte ihn zu ’nem Ziegel

    Und der raspelte ihm die Vorhaut: au-weh! 

    Im Sommer 194– mußte im allgemeinen Interesse die Küstenbeleuchtung auf ein Minimum beschränkt wie auch das Autokino zeitweilig geschlossen werden, was Homer Wells nicht als tragischen Verlust empfand. Nachdem ihm nichts anderes übrigblieb, als mit Candy und Debra Pettigrew ins Kino zu fahren, war er dankbar dafür, daß die Kriegsanstrengungen ihm diese peinliche Lage ersparten.
    Mr. Rose benachrichtigte Olive, daß er nicht in der Lage sei, eine brauchbare Pflückermannschaft für die Ernte zu stellen. »In Anbetracht der Männer, die fort sind«, schrieb er. »Dazu kommt die Anreise, bei der Benzinrationierung.«
    »Dann haben wir das Ciderhaus ganz umsonst herausgeputzt«, sagte Homer zu Olive.
    »Nichts wird je ganz umsonst verbessert«, sagte sie. Die Yankee-typische Rechtfertigung für harte Arbeit in den Sommermonaten ist Ausdruck der schieren Verzweiflung und wird obendrein durch die seltenen Vergnügungen dieser vergänglichen Jahreszeit zunichte gemacht.
    Homer Wells – Hilfspfleger und Obstgartenarbeiter – mähte das Gras zwischen den Bäumen, als die Nachricht ihn erreichte. An einem schmachtenden Junitag lenkte er den International Harvester-Traktor, und er richtete seinen Blick auf die Schneideschar; er wollte nicht an einem Baumstumpf oder an einem herabgefallenen Ast hängenbleiben; aus diesem Grund sah er den grünen Lieferwagen nicht, der ihm den Weg abzuschneiden versuchte. Beinah hätte er ihn umgefahren.
    Weil der Traktor noch lief – und die Klingen der Schneideschar ebenfalls –, hörte er nicht, was Candy rief, als sie aus dem Lieferwagen sprang und zu ihm herübergelaufen kam. Olive saß am Steuer, ihr Gesicht wie Stein.
    »Abgeschossen!« schrie Candy, als Homer endlich die Zündung abstellte. »Er wurde abgeschossen – über Birma!«
    »Über Birma«, sagte Homer Wells. Er stieg vom Traktor und hielt das schluchzende Mädchen in seinen Armen. Der Traktor war abgestellt, aber der Motor klopfte noch und rüttelte dann und pochte dann; seine Hitze ließ die Luft flimmern. Vielleicht, dachte Homer, flimmert die Luft immer über Birma.

9
    Über Birma Zwei Wochen nachdem Wallys Flugzeug abgeschossen worden war, waren Hauptmann Worthington und die Besatzung der Die Chance klopft an immer noch als vermißt gemeldet.
    Ein Flugzeug, das dieselbe Route flog, hatte festgestellt, daß annähernd eine Quadratmeile des birmesischen Dschungels, etwa auf halber Strecke zwischen Indien und China, abgebrannt war – mutmaßlich wegen des explodierten Flugzeugs; die Ladung wurde mit Jeepmotoren, Ersatzteilen und Benzin angegeben. Von der Besatzung fehlte jede Spur; der Dschungel in jener Region war undurchdringlich und galt als menschenleer.
    Ein Vertreter der us-Luftwaffe sprach persönlich bei Olive vor und teilte ihr mit, daß es guten Grund gebe, optimistisch zu sein. Daß das Flugzeug offenbar nicht in der Luft explodiert war, bedeutete, daß die Besatzung vielleicht rechtzeitig mit dem Fallschirm abspringen konnte. Alles weitere war reine Vermutung.
    Dies wäre ein besserer Name für das Flugzeug gewesen, dachte Homer Wells: Reine Vermutung. Doch Homer unterstützte Olive und Candy in ihrer Ansicht, daß Wally nicht tot sei, sondern »nur verschollen«. Insgeheim stimmten Homer und Ray Kendall überein, daß es nicht viel Hoffnung gab für Wally.
    »Angenommen, er ist nicht abgestürzt«, sagte Ray zu Homer, während sie Hummerreusen aufzogen. »Dann ist er also mitten im Dschungel, und was macht er da? Er darf sich nicht von den Japsen erwischen lassen, und Japsen müssen dasein – sie haben schließlich das Flugzeug abgeschossen, nicht wahr?«
    »Da könnten Eingeborene sein«, sagte Homer Wells. »Freundliche birmesische Dorfbewohner«, schlug er vor.
    »Oder überhaupt niemand«, sagte Ray Kendall. »Ein paar Tiger und jede Menge Schlangen«, fügte er hinzu. »Ah, Mist. Er hätte in einem Unterseeboot sein sollen.«
    »Selbst wenn Dein Freund alles andere überlebt hat«, schrieb Wilbur Larch an Homer Wells, »drohen ihm sämtliche Krankheiten Asiens – jede Menge jedenfalls.«
    Es war schrecklich, sich Wallys Leiden vorzustellen, und nicht einmal Homers Verlangen nach Candy durfte ihm Trost bei der Vorstellung gewähren, daß Wally bereits tot sei; in diesem Fall würde Candy, das wußte

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