Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
Vom Netzwerk:
Frau, die er liebte, war so äußerst fein, so besonders zart – Angel malte sich aus, wie er (wenn er es denn dürfte) die Narbe einfach wegküssen würde; und er begann sich durch die ›Bs‹ hindurchzuarbeiten.
    Bathseba? Beatrice? Bernice? Bianca? Blanche? Bridget? 
     
    Dr. Larch stand vor einer anderen Schwierigkeit. Die tote Patientin war ohne irgendwelche Papiere nach St. Cloud’s gekommen – sie hatte nichts als ihre flammende Infektion mitgebracht, ihren überwältigenden Ausfluß, ihren toten, aber unausgetriebenen Fötus (und etliche der Instrumente, die sie – oder jemand anders – in sie hineingesteckt hatte, um den Fötus auszutreiben), ihren durchbohrten Uterus, ihr unsenkbares Fieber, ihre akute Peritonitis. Sie war zu spät bei Dr. Larch eingetroffen, als daß er sie hätte retten können, und doch machte Larch sich Vorwürfe.
    »Sie war am Leben, als sie hierherkam«, sagte Larch zu Schwester Caroline. »Und ich soll ein Arzt sein!«
    »Dann seien Sie einer«, sagte Schwester Caroline, »und hören Sie auf, sentimental zu sein.«
    »Ich bin zu alt«, sagte Larch. »Jemand, der jünger wäre oder schneller, hätte sie vielleicht gerettet.«
    »Wenn Sie das glauben, dann sind Sie zu alt«, sagte Schwester Caroline zu ihm. »Sie sehen die Dinge nicht, wie sie sind.«
    »Wie sie sind«, sagte Wilbur Larch und schloß sich in der Apotheke ein. Es hatte ihm schon immer zu schaffen gemacht, Patientinnen zu verlieren, aber diese, das wußte Schwester Caroline, war schon verloren gewesen, als sie ankam.
    »Wenn er sich verantwortlich fühlt für einen solchen Fall«, sagte Schwester Caroline zu Schwester Angela, »dann finde ich, daß er abgelöst werden sollte – dann ist er wirklich zu alt.«
    Schwester Angela pflichtete ihr bei. »Nicht, daß er unfähig wäre, aber sobald er anfängt, das selber zu glauben, wird er es auch werden.«
    Schwester Edna wollte zu diesem Gespräch lieber nichts beitragen. Sie ging hinaus und blieb vor der Apothekentür stehen, wo sie ununterbrochen wiederholte: »Sie sind nicht zu alt, Sie sind nicht unfähig, Sie sind nicht zu alt«, aber Wilbur Larch konnte sie nicht hören; er stand unter Äther, und er war auf Reisen. Er war weit fort, in Birma – das er beinah so deutlich sah, wie Wally es je gesehen hatte, auch wenn Larch sich nie (auch nicht mit Hilfe des Äthers) eine solche Hitze hätte vorstellen können. Der Schatten unter den Baobäumen täuschte; es war nicht wirklich kühl dort – nicht zu der Tageszeit, die bei den Birmesen »Wenn die Füße schweigen« heißt. Larch beobachtete den Missionar Dr. Stone auf seinen Runden. Selbst die Mittagshitze hielt Fuzzy Stone nicht davon ab, Kindern mit Durchfallerkrankungen das Leben zu retten.
    Wally hätte Larchs Traum mit treffenderen Einzelheiten ausschmücken können. Zum Beispiel, daß man auf Bambusblättern leicht ausrutschte, daß die Schlafmatten immer feucht waren von Schweiß; daß es (für Wally) ein Land von Unterbeamten zu sein schien, korrumpiert durch die Briten – weil die Birmesen entweder wie die Briten sein wollten oder sich vom Haß auf die Briten verzehren ließen. Wally war einmal über ein Plateau voller sprießendem Unkraut und Schweinekot getragen worden; dort war ein ehemaliger Tennisplatz, von irgendeinem Briten hingebaut. Das Netz diente jetzt als Hängematte für einen Beamten. Der Platz selbst war, wegen des hohen Zauns, der ihn umschloß, ein guter Platz, um Schweine zu halten; der Zaun, der einst dafür gesorgt hatte, daß die Tennisbälle nicht im Dschungel landeten, hinderte nun die Leoparden daran, die Schweine zu reißen. An dieser Wegstation, daran sollte Wally sich erinnern, hatte ihm der Beamte höchstpersönlich seinen Harntrakt behandelt. Der freundliche rundgesichtige Mann mit den geduldigen, ruhigen Händen hatte ein langes silbernes Cocktailstäbchen benutzt – auch etwas, was die Briten zurückgelassen hatten.
    Obwohl das Englisch des Beamten schlecht war, hatte Wally ihm den Sinn und Zweck von Cocktailstäbchen verständlich gemacht.
    »Briten sein verrückt«, hatte der birmesische Gentleman zu Wally gesagt. »Ja?«
    »Ja, ich glaube auch«, hatte Wally beigepflichtet. Er hatte nicht viele Briten kennengelernt, aber manche von ihnen erschienen ihm verrückt, und darum war es nicht weiter schwer, dem beizupflichten – und Wally hielt es für klüger, einem Menschen beizupflichten, der gerade seinen Katheter in der Hand hielt.
    Das silberne Cocktailstäbchen war zu

Weitere Kostenlose Bücher