Gottes Zorn (German Edition)
erfasst.
«Ihr Name und Ihre Telefonnummer stehen in Mårtens Adressbuch.»
Die Information schien Goran nicht zu erstaunen.
«Er hat ziemlich oft hier angerufen und mich vollgequatscht. Wollte, dass ich begreife, dass er unschuldig war. Aber ich wusste, was ich wusste. Die Bullen hätten ihn lebenslang einsperren sollen. Doch nachdem es ihnen nicht gelungen war, ihn einzubuchten, tja, was zum Teufel sollte ich da machen? Ich wollte jedenfalls nichts mehr mit ihm zu tun haben.»
«Aber er kam dennoch her?»
Goran nickte. «Es war gerade mal ein paar Wochen, bevor die Mohammedaner ihn erhängt haben. Ich sah es ihm sofort an. Er hatte eine Scheißangst. Der Schrecken stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Erst dachte ich, er hätte Angst vor mir. Das hätte man ja verstehen können. Wenn er eine Scheißangst vor mir gehabt hätte. Aber es war etwas anderes.»
«Und haben Sie herausgefunden, was?»
«Man hat so seine Vermutungen …»
«Sie meinen …?»
«Die Mohammedaner waren sauer auf ihn. Er hatte wohl so eine Ahnung. Oder er hat irgendwas gesehen. Er wollte sich übrigens einen Hund kaufen.»
«Was!?»
Goran zerdrückte langsam seine Kippe in einer leeren Tasse.
«Ja, verdammt noch mal. Er sagte, er bräuchte einen Wachhund. Selbstverteidigung. Er bettelte und flehte mich an, ihm einen zu verkaufen. Er wollte ihn mit dem Bild bezahlen.»
Beide betrachteten das dürftige Ölgemälde, das Goran gegens Küchenfenster gelehnt hatte.
«Ich fass es nicht», sagte Joel. «Mein Vater hatte doch eine Höllenangst vor Hunden.»
«Ja, ich hab es ihm angesehen. Er traute sich kaum, sich den Hunden zu nähern. Aber offenbar hatte er noch mehr Angst vor etwas anderem.»
«Sie haben ihm keinen verkauft?»
«Natürlich nicht. Ich liebe meine Hunde. Mårten hätte nie einen Pitbull halten können. Also hab ich ihn wieder weggeschickt.»
Joel stand mühsam von seinem Stuhl auf. Er geriet ins Wanken und griff nach der Rückenlehne. Der Revolver lag noch immer auf dem Tisch. Doch Gorans Gemütslage zufolge standen die Chancen gut, das Haus zu verlassen, ohne eine Kugel in den Rücken zu bekommen.
In der Türöffnung drehte er sich noch einmal um. «Aber sein Bild haben Sie behalten?»
Aus Gorans Kehle stieg ein dumpfes Lachen auf. In seinen stahlgrauen Augen blitzte es auf, eine Art Warnung, dass der Wahnsinn sich wieder bemerkbar machte. Er langte nach dem Revolver und begann die Trommel herumzuschnurren, als wäre er ein Spielzeug.
«Ich dachte, dass es vielleicht irgendwann mal einiges wert sein könnte», brummte er.
Joel schloss rasch die Tür hinter sich. Als er durch den Schnee zu seinem Wagen torkelte, spürte er erneut ein beunruhigendes Kribbeln im Magen. Aber einen Blick zurück zu riskieren, traute er sich nicht.
Im Wagen legte er beide Hände aufs Lenkrad und umschloss es mit festem Griff. Er lehnte seine Stirn gegen das Leder, schloss die Augen und holte dreimal tief Luft, bevor er den Zündschlüssel ins Schloss steckte.
Hinter sich hörte er, dass die Hunde wieder angefangen hatten zu bellen.
Kapitel 14
J oel zitterte am ganzen Körper, als hätte er Fieber. Das Erbrochene hinterließ immer noch einen bitteren Geschmack in seinem Mund, obwohl er ihn mit kaltem Wasser ausgespült hatte. Er kauerte sich auf dem Sofa in Embryonalhaltung zusammen und wickelte eine Decke um sich. Sobald er die Augen schloss, begann sich in seinem Kopf alles zu drehen.
An die Autofahrt nach Hause hatte er nur noch diffuse Erinnerungen. Er musste in eine Schneewehe geraten sein, denn plötzlich hatte er nur noch Weiß um sich herum gesehen. Er konnte sich vage an einen Traktor erinnern. Hatte ihm jemand geholfen, wieder herauszukommen? Irgendjemand hatte ihn spöttisch belächelt. Verdammt, was alles hätte passieren können! Joel lief ein Schauer über den Rücken. Ob er sich aufgrund des Alkohols oder des Schreckens erbrochen hatte, wusste er nicht.
Draußen vor dem Fenster waren die Wolken in der Dunkelheit des Winterabends verschwunden. Im Haus war es still, und im Zimmer brannte kein Licht. Weit entfernt meinte Joel Hunde jaulen zu hören. Ich fühl mich so verdammt einsam, dachte er.
Langsam ließ das Zittern nach. Seine Augenlider wurden schwer. Nach und nach breitete sich eine Wärme von seinen Zehen über seine Beine und den Bauch bis zum Kopf hin aus, und er döste ein.
***
D ie Nacht ist schwarz, und Joel weiß, dass er auf dem schmalen steinigen Feldweg viel zu schnell fährt, aber er ist
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