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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olle Lönnaeus
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einem einsamen Waldweg auf ihn stürzte. Joel schauderte allein schon bei der Erinnerung an sein hysterisches höhnisches Lachen, die feuchten Lippen an seinem Ohr und den Gestank seines Atems. Nicht zuletzt an die stählerne Schiene, die sich unweigerlich genähert hatte.
    Nachdem Joel eine Weile lang auf dem Holzboden hin- und hergewandert war, begann er über das nachzudenken, was Rakel gesagt hatte. Sie hatte vor, ihm etwas über Mårten zu berichten. Etwas, von dem Torsten offenbar nicht wollte, dass er es erfahren würde, denn sonst gäbe es ja keinen Grund, sich mitten in der Nacht zu verabreden. Noch dazu am Tunbyholmsee. Denn dort hatte Mårten Gerüchten zufolge, die im Ort kursierten, Dragan Djelic erschlagen und versenkt.
    Erneut wurde Joel von dem Gefühl beschlichen, vor einem schwarzen Loch zu stehen, ohne zu wissen, ob er den Schritt ins Unbekannte wagen sollte.
    Eigentlich müsste man die Polizei rufen, dachte er. Vielleicht Fatima? Nach dem Zusammentreffen bei Doktor Wetterström muss sie ja begriffen haben, dass er versuchte, auf eigene Faust etwas über seinen Vater herauszufinden. Joel musste im Stillen lächeln. Als sie gemeinsam vor Bertils in ihrem Wagen saßen und Würstchen aßen, hatte sie gelacht, sodass sich kleine Grübchen in ihren Wangen bildeten. In seinem Magen breitete sich eine ungeahnte Wärme aus. Als er ihr von seinem schlechten Gewissen erzählt hatte, hatte sie ihre Hand auf seine gelegt. Es schien ihr kaum bewusst gewesen zu sein. Aber für einen kurzen Moment hatte Joel ihr geradewegs in die Augen geschaut und gemeint, eine Art … Verbundenheit zu erahnen.
    Aber was würde sie sagen, wenn er sie jetzt anriefe und ihr erzählte, dass eine Verrückte sich mitten in der Nacht mit ihm treffen wollte?
    Er verwarf den Gedanken.
    Vielleicht sollte er lieber Roger Holgersson anrufen?
    Nach einer Stunde hatte Joel beschlossen, das Telefonat mit Rakel Olsson zu vergessen. Nach zwei weiteren warf er sich den Schaffellmantel über, zog die Mütze tief über die Ohren und öffnete die Haustür. Auf der Treppe kam ihm die Schrotflinte in den Sinn, die die Polizei beschlagnahmt hatte. Er hätte sich wesentlich sicherer gefühlt, hätte er sie bei sich gehabt. Mit einer vagen Ahnung, dass sich gerade etwas wiederholte, schob er den Riegel an der Tür zum Holzschuppen auf und zog die Axt aus dem Hackklotz.
    Joel fuhr langsam auf den nächtlich leeren Straßen. Im Autoradio sang Dolly Parton von einer Frau, die ihr den Mann ausgespannt hatte. «Jolene, Jolene, Jolene, Jolene, I’m begging of you, please don’t take my man.» Das Thermometer zeigte minus zwölf Grad an. Auf Höhe von Smedstorp kam ihm ein Lastwagen entgegen, der sich weigerte abzublenden. Kurze Zeit später zweigte die Straße hinauf nach Sankt Olof ab, und unmittelbar danach erreichte er den Waldweg. Er bog in die Dunkelheit ein und wurde ungefähr fünfzig Meter lang durchgeschüttelt, bis die Scheinwerfer einen Jeep einfingen, der einsam unter einer Kiefer stand. Weiter war der Weg auch nicht geräumt, und stecken bleiben wollte Joel auf keinen Fall. Als er den Motor abschaltete, wurde alles still und schwarz.
    Er öffnete die Wagentür und stieg mit der Axt in der einen und der Taschenlampe in der anderen Hand aus.
    Irgendwo hörte er eine Eule heulen.
    Es gibt Tiere, die in der Dunkelheit sehen können, ging es ihm durch den Kopf.
    Lautlose Flügelschläge.
    Was zum Teufel mache ich nur hier?
    Doch statt seinem Fluchtreflex nachzugeben, leuchtete Joel den leeren Jeep mit seiner Taschenlampe an. Von der Fahrerseite aus führten Fußspuren in den Wald hinein und hinunter zum See. Zwischen den Baumstämmen lag der Schnee tief. Er umfasste den Schaft der Axt und stapfte los.
    Nach einem kurzen Stück erreichte er eine Lichtung. Am Rande des Lichtkegels erblickte er den Steg und direkt daneben Schilf. Eine Windbö ließ die Halme rascheln. Die Stelle, an der er mit Roger Holgersson im Eis geangelt hatte, müsste geradewegs draußen in der Bucht liegen. Joel erschauderte. Da hatte ihm, obwohl es mitten am helllichten Tage gewesen war, schon allein der Gedanke an eine Leiche unter dem Eis Angst eingejagt.
    Plötzlich drang aus der Dunkelheit ein Flüstern an sein Ohr. «Machen Sie die Taschenlampe aus!»
    Joel fuhr mit stockendem Atem herum. Im grellen Lichtschein stand eine Gestalt in dickem Pelzmantel und einer Mütze mit Ohrenklappen, die tief in die Stirn gezogen war.
    «Machen Sie aus, hab ich gesagt!», zischte

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