Gottesdienst
Anklagen wegen Körperverletzung, Verstoßes gegen das Waffengesetz und Tierquälerei folgten. Es fand sich niemand, der versucht hätte, sie aus dem Gefängnis zu befreien oder neue Ziele unter Beschuss zu nehmen. Der führerlose Widerstand war gescheitert. Die Standhaften brauchten die Peitsche – ohne Chenille waren sie eine kopflose Hydra.
Ihr Schrei nach Gerechtigkeit für Pastor Pete fand jedoch ein überraschendes Echo: Garrett Holt wurde verhaftet. Die Anklage lautete auf brutalen Mord an Peter Wyoming in Verbindung mit Diebstahl von Regierungseigentum und Verstoß gegen die nationalen Sicherheitsvorschriften. Im Gegenzug für sein Geständnis konnte er einen Deal aushandeln, der ihm die Todesstrafe ersparte.
Holt war kein religiöser Fanatiker, vielmehr ein Mann, der aus Habgier und seiner Abneigung gegen die Navy heraus handelte. Er hatte sich dem NCIS angeschlossen, nachdem er bei der Pilotenausbildung der Navy durchgefallen war – seitdem hegte er ein tiefen Groll gegenüber allen Fliegern, der auch schon Brian an ihm aufgefallen war. Als er sich mir gegenüber als Pilot ausgab, versuchte er sich nicht nur mein Vertrauen zu erschleichen, er konnte sich damit auch eine langgehegte Fantasie erfüllen.
Aber Holt war nicht nur boshaft und von Neid zerfressen, er war dazu noch korrupt. Bestechung war sein tägliches Brot. In China Lake hatte er einen Ring von Kleinkriminellen entdeckt, einfache Soldaten, die ihr Diebesgut über einen Hehler in der Stadt verkauften. Statt sie zu verhaften, nahm Holt Schmiergelder von ihnen an, damit er beide Augen zudrückte. Als dann die Standhaften auf der Bildfläche erschienen und ebenfalls militärische Rüstungsgüter kaufen wollten, ergriff er die Chance, sich auf Kosten der Navy zu bereichern. Er übernahm das Kommando der Diebesbande, ließ die Soldaten die Drecksarbeit erledigen und begann Feuerwaffen und Munition an die Sekte zu verkaufen.
Früher oder später musste der Navy allerdings auffallen, wie viel an Ausrüstung und Munition verloren ging, und von da an geriet er unter Druck. Und natürlich kam ihm noch etwas dazwischen, mit dem er nicht gerechnet hatte: Der Machtkampf zwischen Chenille und Pastor Pete um die Führung der Standhaften. Das ließ Holts Pläne endgültig scheitern.
In der Mordnacht hatte ihn Chenille völlig aufgelöst angerufen und ihm erzählt, dass Pete am Durchdrehen war. Wyoming wusste, dass er mit Tollwut infiziert war und dass sie dahintersteckte. Aus dem Gefühl heraus, betrogen worden zu sein, und der Befürchtung, dass sich die Fanatiker nun um Chenille scharen würden, hatte Pete sich an Brian gewandt.
Warum ausgerechnet an Brian? Holt hatte die einzige plausible Erklärung dafür parat: Peter Wyoming wusste, dass Chenille Luke für sich behalten wollte und obendrein nicht zögern würde, Tabitha umzubringen, wenn Luke erst einmal in ihrer Hand war. Im Angesicht des Todes hatte Wyoming noch einmal eine gehörige Portion Edelmut an den Tag gelegt: Er hatte Tabitha schützen wollen, indem er ihren Ehemann um Hilfe bat. Wyoming hatte sich dafür entschieden, seine Frau dem Feind auszuliefern.
Aber Chenille benachrichtigte Holt in China Lake und befahl ihm, Pete zum Schweigen zu bringen, bevor sie alle im Bundesgefängnis landen würden. Es machte Holt nervös, dass Chenille die Kontrolle über die Situation verloren hatte. Aber noch wütender machte es ihn, dass Peter Wyoming vorhatte, einem Kampfpiloten alles zu erzählen. Holt würde in den Knast wandern, und ausgerechnet einem Flieger würde die Ehre zufallen, den Diebesring gesprengt zu haben.
Du musst Pete aufhalten, erklärte ihm Chenille. In Brians Wandschrank gab es eine Pistole. Holt sollte es wie ein Verbrechen aus Leidenschaft aussehen lassen, so als ob Brian es getan hat.
Und das hatte Holt getan. Das Verbrechen einem Marineflieger in die Schuhe zu schieben, dem Piloten, der ihn hinter Schloss und Riegel gebracht hätte, war dabei das Tüpfelchen auf dem i.
Es ist eine alte Geschichte: Habgier, Furcht, Ehrgeiz und Neid geben eine mörderische Kombination ab. Man braucht nur die Bibel zu lesen, sie ist voll davon.
Brian lag einen ganzen Monat im Krankenhaus, er hatte schwerste Verletzungen davongetragen. Ihm standen eine lange Genesungszeit und ausgiebige Reha-Maßnahmen bevor. Die Ärzte diagnostizierten zwar keine dauerhafte körperliche Beeinträchtigung bei ihm, aber der Schaden, den seine Karriere als Flieger genommen hatte, stand auf einem anderen
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