Gottesopfer (epub)
Himmelreich, indem ICH ihre Seelen wieder auf den rechten Pfad bringe.«
»Du tötest, Konstantin, damit begehst du eine der gröÃten Sünden in den Augen Gottes.«
»Nicht, wenn man in seinem Auftrag handelt, Bruder. Er hat mich auserwählt. Denk nur an den Erzengel Michael, der den Teufel auf die Erde gestoÃen hat. âºUnd es wurde hinausgeworfen der groÃe Drache, die alte Schlange, die da heiÃt: Teufel und Satan, der die ganze Welt verführt, und er wurde auf die Erde geworfenâ¹, so steht es in der Offenbarung. Michael hat den Teufel aus dem Himmel vertrieben, ich vertreibe ihn jetzt von der Erde.« Er lachte wieder.
Dann stand Konstantin auf und ging zur Tür, wo er seinen schwarzen Rucksack abgestellt hatte. Pater Dominik sah, wie ähnlich sie sich waren. Konstantin war genauso groà wie er, auch er war schlank und dunkelhaarig. Ja, sie waren unverkennbar Brüder. Konstantin kam mit dem Rucksack zurück und öffnete ihn langsam. Er holte einen Hammer und ein paar lange Nägel heraus und legte sie ordentlich wie Chirurgeninstrumente vor sich auf den Tisch, die Nägel parallel zueinander.
»Was hast du vor?«
»Ich möchte dir helfen. Dich von deiner Last befreien. Du hast dich schuldig gemacht, weil du als Gottes Diener die Heerschar der Häretiker anführst und hier, im Hause Gottes, satanische Sitzungen abhältst. Ich werde dich erlösen. Du wirst wie Jesus die Sünden der anderen auf dich nehmen und für sie sterben.«
Konstantin sah seinen Bruder, dem er seit Monaten auf Schritt und Tritt gefolgt war, lange an. Ja, er liebte ihn immer noch, seinen groÃen Bruder, auch wenn er gesündigt hatte und nun mit angstverzerrtem Gesicht vor ihm stand und nicht begriff, dass er ihm nur helfen wollte. Verstand er denn nicht, dass er seine Seele nur so retten konnte?
54
Sam saà vor der Frau und beobachtete, wie sie vor und zurück wippte, dabei lauschte er ihren Worten, die sie vor sich hinflüsterte. »â¦Â Seid so barmherzig wie euer Vater im Himmel. Richtet nicht über andere, dann werdet ihr auch nicht gerichtet werden. Verurteilt keinen Menschen, dann werdet auch ihr nicht verurteilt. Wenn ihr bereit seid, anderen zu vergeben, dann wird auch euch â¦Â«
Sam drehte sich fragend zu Doktor Willfurth um.
»Sehen Sie mich nicht so an. Ich kann nicht mal einen Satz aus der Bibel auswendig aufsagen. Sie hingegen spricht die Verse rauf und runter, und das wortgetreu. Was anderes gibt sie nicht von sich, den ganzen Tag. Aber nur zu, versuchen Sie Ihr Glück! Ich bin gleich wieder da.«
Sam sah dem Arzt nach, der in einem Zimmer verschwand. Ein wenig unheimlich fand er die Situation schon. Er sah der Frau in die Augen â und sah nichts. Keine Regung, kein Leben. Man hat ihr den Verstand genommen, dachte Sam und sagte laut zu ihr: »Ich bin von der Polizei.«
Er kam sich albern vor, trotzdem sprach er weiter, laut und übertrieben deutlich, als hätte er es mit einer Schwerhörigen und nicht mit einer Geisteskranken zu tun. »Ich untersuche ein paar â¦Â ach, verdammt. Wie heiÃen Sie?« Gut, dass ihn niemandbei seinen kläglichen Versuchen, ein Verhör zu führen, beobachtete.
»Was ist mit Ihnen passiert? Hat man Sie gefoltert? Eingesperrt? Reden Sie bitte mit mir! Vielleicht hängen von Ihren Antworten viele andere Leben ab.«
»Gib jedem, der dich um etwas bittet, und fordere nicht zurück, was man dir genommen hat â¦Â«, brabbelte die Frau weiter.
Sam kratzte sich am Kinn. Vielleicht war sie so an die altertümlichen Worte der Bibel gewöhnt, dass sie die moderne Sprache gar nicht mehr verstand? Sollte er versuchen, auf diese Art mit ihr zu sprechen?
Ihre Litanei ging ohne Pause weiter: »â¦Â und den Menschen Gutes tun. Ihr sollt ihnen helfen, ohne einen Dank oder eine Gegenleistung zu erwarten. Dann werdet ihr reich belohnt werden: Ihr werdet Kinder des höchsten Gottes sein. Denn auch er ist gütig zu Undankbaren und Bösen â¦Â«
Das Flüstern und dass sie überhaupt nicht auf ihn reagierte, machten ihn allmählich verrückt. Er überlegte, ob er sie anschreien oder schütteln sollte, um sie aus ihrem Gefasel zu reiÃen und in die Welt zurückzuholen. Er sah sich vorsichtig um und brüllte sie dann an: »Reden Sie mit mir, verdammt noch mal!«
Doch auch das half nicht. Keine Veränderung.
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