Gottesopfer (epub)
einige von ihnen sind ungehorsam, geben sich der Fleischeslust hin. Denke immer daran: Das Wort femina kommt von fe und minus â fe von fides, dem Glauben, und minus von weniger. Femina heiÃt übersetzt: die weniger Glauben hat. Und der Nichtglaube ist die Grundlage des Bösen und der Hexerei. Das Weib hat sich schon im Paradies vom Teufel verführen lassen, und es lässt sich auch noch heute von ihm lenken. Der Mensch kann nicht zwei Herren dienen. Entweder man dient Gott oder dem Teufel.«
In der Nacht lag Lukas lange wach und las in dem Buch, dass Pater Paul ihm gegeben hatte. Im Malleus Maleficarum, dem Hexenhammer.
25
Als Sam am nächsten Morgen das Polizeipräsidium betrat, klingelte sein Handy. Es war Sybill. Ihre Stimme klang belegt, und Sam überlegte, ob sie eine Erkältung hatte oder ob sie geweint hatte.
»Mr. OâConnor«, begann sie auf Englisch, »ich rufe an, weil ich Ihnen noch etwas sagen wollte.«
Anscheinend hat mein brüsker Abgang doch Eindruck bei der Göre gemacht, dachte Sam und sagte: »Ich bin ganz Ohr, Sybill.«
»Wie soll ich sagen, meine Schwester und ich â¦Â also, Catha hat sich mir gegenüber immer überlegen gefühlt. Ich wollte ihr zeigen, dass nicht nur ihre Freunde etwas Besonderes sind, und deshalb habe ich sie zu einem Treffen mitgenommen.«
»Was für ein Treffen war das?«
In der Leitung klickte es, und Sam dachte schon, dass Sybill aufgelegt hätte, doch dann sprach sie zögernd weiter.
»Na ja, wir haben uns einmal im Monat getroffen, um mit â¦Â um mit Geistern zu reden.«
»So etwas wie eine spiritistische Sitzung also?«
»Ja, woher wissen Sie das?«
»Nicht wichtig. Erzähl weiter.«
Es entstand eine kleine Pause, dann fuhr sie fort:
»Catha ist nach einer Viertelstunde gegangen. Sie fand es abartig, was wir da machten. Wir haben uns gestritten, und danach habe ich sie nicht wiedergesehen, bis â¦Â bis man sie â¦Â«
»Okay. War das alles, was du mir sagen wolltest?«
»Nein. Dieser Brief, den Mama bei Catha gefunden hat â¦Â also das Datum â¦Â das war der Tag, an dem ich sie mitgenommen habe zu der Sitzung.«
»War bei der Sitzung ein Pfarrer dabei?«, fragte Sam rasch. Aber so weit ging ihre Auskunftsfreude dann doch nicht.
»Warum fragen Sie das?«, entgegnete sie in scharfem Ton.
»Es ist wichtig, Sybill.«
»Das reicht ja wohl, was ich Ihnen erzählt habe«, sagte sie harsch, dann legte sie auf.
Das Gespräch brachte ihn zwar ein wenig weiter, doch offensichtlich schützte Sybill jemanden, und zwar mit groÃer Sicherheit Pater Dominik. Warum? Vermutlich hing es mit dieser Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre zusammen, die es katholischen Geistlichen verbot, spiritistische Sitzungen zu besuchen und abzuhalten. Pater Dominik würde exkommuniziert werden, wenn an die Ãffentlichkeit kam, dass er Séancen veranstaltete.
Sam fügte die kleinen Bausteinchen zusammen, die er bisher hatte, und war überzeugt, dass Catharina Kil zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen war. Und das war ihr zum Verhängnis geworden.
Als Sam sein Büro betrat, stellte er überrascht fest, dass Juri ziemlich gut organisiert war. Er hatte auf die linke Seite des kleinen Zimmers trotz der Enge eine Tafel gestellt und daran in chronologischer Reihenfolge Daten und Fotos gehängt. Ãber den abscheulichen Aufnahmen der Leichen lächelten Sam die vier Opfer von den Fotos entgegen, die noch zu ihren Lebzeiten aufgenommen worden waren.
Was trieb diesen Täter an? Eines konnte er ausschlieÃen: Nichts wies auf eine sexuelle Motivation hin. Die Frauen waren nicht vergewaltigt worden, es gab keine Spermaspuren an den Tatorten. Rein theoretisch wäre es natürlich möglich gewesen, dass es dem Täter beim Foltern kam und er alles in der Hose behielt, doch das glaubte Sam nicht. Eine zentrale Frage war auch, warum er ausgerechnet diese vier Frauen ermordet hatte. Hatte er sich die Opfer gezielt ausgesucht? Standen sie in einer Beziehung zu ihm, hasste er sie, oder wollte er sich an ihnen rächen? Und was hatte der Pfarrer damit zu tun? Sam war so in Gedanken versunken, dass er nicht bemerkte, wie Juri den Raum betrat.
»Ich dachte, es verschafft uns einen besseren Ãberblick.«
Sam fuhr herum und seufzte erleichtert, als er Juri sah.
»Gute
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