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Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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ich schlaf noch ein Stündchen«, murmelte sie in das Kissen..
    Es war, als hätte man bei Lily den Stecker herausgezogen. Erst war sie munter, fast aufgedreht, und von einer Minute auf die andere baute sie ab und schlief plötzlich ein. Sam glaubte, dass das von den starken Tabletten kam, die Lily gegen ihre Psychosen nahm. Ob sie sie wohl wirklich den Rest ihres Lebens nehmen musste, wie Professor Klein gesagt hatte? In seinem tiefsten Inneren zweifelte Sam noch immer an der Diagnose des Arztes, dass Lily unheilbar krank war. Aber vielleicht sträubte er sich auch nur einmal wieder, etwas zu akzeptieren, was er nicht ändern konnte. Er fegte die unangenehmen Gedanken beiseite und fragte betont munter: »Wollen wir heute Abend nicht mal essen gehen?« Vielleicht würde es Lily ganz guttun, mal aus dem Hotelzimmer zu kommen und unter Leute zu gehen.
    Schläfrig erwiderte Lily: »Ich fühle mich zurzeit nicht so wohl unter Menschen, bitte versteh das, Sammy. Aber das soll dich nicht abhalten, essen zu gehen. Und wenn was ist, ich hab ja deine Handynummer.«

    Â»Na schön, Schwesterchen, ich fahre schnell ins Präsidium, check die Lage und bin bald wieder da, okay?«
    Lily antwortete mit einem Lächeln, ohne die Augen zu öffnen. Wie immer küsste Sam sie zum Abschied auf die Stirn und schloss dann leise die Tür hinter sich. Noch auf dem Flur wählte er die Nummer von Professor Klein, erreichte aber nur dessen Mailbox. Als er auflegte, stellte er fest, dass er, während er telefoniert hatte, einen Anruf von Juri verpasst hatte. Auf dem Weg ins Präsidium versuchte Sam, ihn zu erreichen, doch nun sprang auch bei seinem neuen Assistenten nur die Mailbox an. Es schien irgendwie nicht sein Tag zu sein.
    Als Sam das Büro betrat, schaltete er das Licht an, denn in seine kleine Kammer drang nur spärlich Tageslicht. Er zog gerade seinen Ledermantel aus, als sein Handy klingelte. »Ja. Sam O’Connor hier.«
    Â»Ich hab vorher schon versucht, dich zu erreichen, aber da war besetzt. Ich bin schon auf dem Weg zu dir. Ich hab vielleicht was gefunden, was uns weiterbringt. Bis gleich«, tönte Juris aufgeregte Stimme an sein Ohr.
    Â»Okay«, sagte Sam, »da bin ich ja mal gespannt.« Dann legte er auf und ging zu dem kleinen Heizofen, den man ihm gnädigerweise zur Verfügung gestellt hatte. Er drehte ihn voll auf. Sparen war ja gut, aber nicht auf seine Kosten.
    Wenige Minuten später war Juri bei ihm.
    Â»Ich habe in ViCLAS mal nach Kirchen, verschwundenen Frauen und Bränden gesucht. Brände gab es an die Tausend, hier ist die Liste.«
    Â»Ja, die habe ich auch schon, aber die ist so lang, dass ich gar nicht weiß, ob es Sinn macht, sie systematisch durchzusehen.«
    Â»Aber guck mal hier, wenn man ›Kirche‹ und ›verschwundene Frauen‹ eingibt, spuckt der Rechner das hier aus.«
    Sam sah sich den Computerausdruck an, zog die Augenbraue hoch und sagte: »Das ist ja interessant.«

28
    GÜNTERSTAL
    Sam hatte einen leichten Schlaf. Das gleichmäßige Rattern des Zuges ließ ihn zwar immer wieder einnicken, aber nicht für lange Zeit. Und wenn er schlief, träumte er wirr von Lily. In seinem letzten Traum wurde ihr Gesicht plötzlich schwarz, so wie die Gesichter auf ihren Bildern, und verzog sich zu einer Fratze. Sam schreckte auf und rieb sich die Augen. Hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er Lily wieder allein gelassen hatte? Doch sie war gestern Nachmittag wieder völlig normal gewesen. Sie hatten gemeinsam eine riesige Pizza vertilgt, sich im Fernsehen über Mister Bean amüsiert, und dann war er gegen elf Uhr abends zum Dammtor gefahren, wo er sich mit Juri getroffen hatte und in den Nachtzug Richtung Freiburg gestiegen war. Der junge Mann schlief jetzt unter ihm und schnarchte selig vor sich hin.
    Um sechs Uhr morgens kamen sie in Freiburg an, mieteten sich ein Auto und fuhren die Schauinslandstraße Richtung Süden nach Günterstal.
    Â»Wen willst du eigentlich fragen? Das ist fünfzehn oder zwanzig Jahre her, Sam.«
    Â»Den Bürgermeister? Den Bäcker? Den Tischler? Irgendeinen Handwerker. Die leben meistens seit Jahrzehnten im Dorf und wissen über alles und jeden Bescheid.«
    Nach einer Stunde erreichten sie Günterstal und fuhren langsam die Hauptstraße entlang. Und tatsächlich: Dort war eine Bäckerei. Über der Eingangstür hing ein relativ altes

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