Gottessoehne
meinen Bruder Semjaza verblendet haben. Du hast uns zur Sünde verführt und damit all dieses Unglück herauf beschworen.« »Welches Unglück?«, ihre Stimme zitterte. »Führen wir nicht ein gutes Leben? Es mangelt uns an nichts und die Mauern unserer Festung sind so hoch und standhaft, dass kein Feind sie überwinden kann. Noch nicht einmal diese Überschwemmung, die mein verrückter Bruder Noah prophezeit hat.«
»Wir waren naiv zu glauben, wir könnten ungeschoren davonkommen. Das Ende ist nahe.« Naamahs Gesicht war blass geworden und sie hatte die Arme um ihren Körper geschlungen, als ob sie frieren würde. Ihre Augen glitten zum Bett, dann strich sie mit den Händen durch ihr Haar, senkte schuldbewusst die Lider und versuchte ein zaghaftes Lächeln. »Ich bereue, was ich getan habe. Es war falsch! Ich hätte mich nie mit Asmodeus einlassen dürfen. Es ist auch nur dieses eine Mal passiert, das schwöre ich. Ich wollte es überhaupt nicht, doch Asmodeus war so einsam, sogar die Huren verabscheuen ihn wegen seiner Missgestalt. Ich wollte ihn nur in den Arm nehmen, um ihn zu trösten und da hat er mich immer mehr mit seiner Männlichkeit bedrängt, so dass…«
Azazels Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. »Hör auf, Naamah! Deine Rechtfertigungsversuche sind so jämmerlich. Es interessiert mich nicht, was du getrieben hast. Aber...«, sein Gesicht wurde ernst, in seinen Augen blitzte Ehrfurcht auf, »mit dieser letzten Tat, deiner Blutschande, hast du seine Aufmerksamkeit geweckt. Du darfst dich glücklich schätzen. Luzifer hat dich zu seiner Braut erwählt.«
Naamahs Versuch eines verführerischen Lächelns erstarb, in einem Satz sprang sie zur Tür, doch Azazel war schneller und packte sie mit beiden Händen am Hals. »Wo willst du denn so schnell hin, geliebtes Eheweib? Dein herrlicher Bräutigam erwartet dich doch. Er verzehrt sich nach dir.« Seine großen Hände umschlossen ihren Hals immer enger und der Druck auf ihre Luftröhre wurde unerträglich. Dann ging alles ganz schnell. Es knackte und ihr Kopf fiel wie ein totes Gefäß zur Seite. Er hatte ihr Genick gebrochen, so leicht als hätte er einen Strohhalm zerdrückt. Dann ließ der schwarzhaarige Grigori ihren Hals los und sie sank zu Boden.
Samsaveel stapfte über die vom Regen durchtränkte Erde. Er war nass bis auf die Haut, sein goldbraunes Haar war schon ganz dunkel vor Nässe und fiel ihm schwer ins Gesicht. Doch er bemerkte es kaum. Seit seinem Aufbruch an diesem Morgen, war ihm keine Menschenseele begegnet und auch sämtliches Getier schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Es war, als wäre er ganz alleine auf der Welt. Da, das Knacken von durchbrechenden Ästen und das typisch schmatzende Geräusch von einem paar Füßen, die sich bei jedem Schritt aus dem Morast zogen. Er hielt inne, seine Muskeln verspannten sich und er fühlte das bekannte Vibrieren in seinen Schultern. Jemand kam auf ihn zu und dieser Jemand bedeutete Gefahr. Er erkannte die riesige, schief gewachsene Gestalt sofort, als sie durch die Wand von grauen Regentropfen sichtbar wurde. Asmodeus! Das Vibrieren in seinem Rücken schwoll an.
Der Anblick von Samsaveels gewaltigen goldfarbenen Flügeln, ließen Asmodeus Augen vor Staunen nahezu aus ihren Höhlen quellen. So etwas hatte er bisher noch nie gesehen. Einen Augenblick empfand er Furcht, verdrängte diese aber sofort wieder und baute sich vor Samsaveel auf.
»Geh mir aus dem Weg«, zischte Samsaveel, »ich will zu meiner Frau.«
»Du gehst nirgendwohin, du Verräter. Du wirst jetzt den Preis für deinen Verrat an meinem Vater zahlen.«
»Ach ja? Und was forderst du? Soll ich mich für dich und die andern Nephilim versklaven lassen?« »Nein, es wird Zeit, dass du verschwindest.« Dabei zog der riesige Nephilim sein Schwert aus der Scheide und warf sich Samsaveel mit einem Wutschrei entgegen. Samsaveel sprang zurück, erhob seinen rechten Arm und sofort erschien ein goldenes Schwert in seiner Hand, das so hell glänzte, als würde es aus reinem Licht bestehen. Erschrocken machte Asmodeus einen Schritt nach hinten. Das war es also, wovor ihn sein Vater gewarnt hatte. Er ließ sein metallenes Schwert fallen, zog die steinerne Feder aus seiner Gürteltasche und beobachtete staunend, wie aus dem Geschenk seines Vaters ein Lichtschwert wuchs, welches mit seinem roten Schimmer schwach die Umgebung erhellte. Mit neuem Mut stürzte er sich auf Samsaveel, der den Angriff seines Gegners bereits erahnt hatte
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