Gottesstreiter
dem Fluss, kaum zwei Meilen von hier.
Kaum zwei Meilen! Wenn einer von uns niest, ruft Herr Michalec auf Bezděz ›Gesundheit‹!«
»Leider wünscht uns Herr Michalec keineswegs Gesundheit, sondern einen recht üblen Tod«, meinte Stephan Tlach finster. »Und
wir können ihm auf Bezděz nichts anhaben und es nicht einnehmen. An diesen Mauern beißt du dir die Zähne aus.«
»Leider«, warf ihnen Vojta Jelínek, der gerade ins Kaminfeuer pisste, über die Schulter zu, »aber so ist es. Und es fehlt
auch in unmittelbarer Nähe nicht an Burgen und an Herren, die uns einen üblen Tod wünschen. Ein paar Schritte von hier, auf
Děvín, sitzt Peter von Wartenberg und droht uns tagtäglich. Sechs Meilen von hier befindet sich Ralsko, und auf Ralsko sitzt
Herr Johann von Wartenberg, den sie Chudoba nennen ...«
»Mit Bohuš von Kováně, dem Herrn auf Frýdštejn, habt ihr schon Bekanntschaft gemacht«, setzte Čapek hinzu. »Ihr wisst, wozu
er imstande ist. Und es gibt noch andere ...«
»Die gibt es«, brummte Kolúch. »Wir halten zwar die wichtigsten Burgen: Wartenberg, Lipý, Český Dub, Běla bei Bezděz, na,
und Michalovice. Aber den Handelsweg kontrollieren immer noch zum größten Teil die Papisten und die Deutschen. Die Herren
von Dohna sitzen auf den Schlössern |269| Falkenberg und Grafenstein. Auf Hammerstein ist Nikolaus Dachs der Burggraf, ein Gefolgsmann der Lausitzer Bibersteins. Auf
Burg Rojmund lauert der alte Räuber Hans Foltsch, ein Dienstmann der Görlitzer. Auf Dohlenstein die Brüder Jan und Henryk
Berka von Dubá ...«
»Das sind Verwandte«, brüstete sich Brázda von Klinštejn, »Ronovics, wie auch ich einer bin.«
»Verwandte wie dich führen die Berkas an der Hundeleine«, mischte sich die Alte am Spinnrad ein.
»Verwandt mit den Dubás!« Jan Kolúch lachte laut auf. »Henryk ist besonders schlecht auf uns zu sprechen, weil wir ihm Lipý
weggenommen haben. Angeblich hat er in Zittau in der Kirche gelobt, dass er so lange kein Fleisch essen wird, bis uns die
Burg von Lipý wieder ausspuckt. Da wird er lange Vegetarier bleiben müssen, scheint mir.«
»So ist es!« Stephan Tlach schlug mit der Faust auf den Tisch. »Wer uns von hier wegbringen will, muss den Teufel fressen.
Soll er es doch versuchen! Wir Waisen sitzen hier fest!«
»Jawohl! Ganz fest sitzen wir hier!«
»Es geht nicht darum, nur hier herumzusitzen«, Čapek runzelte die Stirn, »und wie die Kettenhunde zu bellen. Das hat uns Bruder
Žižka nicht gelehrt! Angriff ist die beste Verteidigung! Den Feind schlagen, schlagen und nochmals schlagen! Ihm keine Zeit
geben, Luft zu holen! Nicht warten, bis der Feind mit seinen Truppen naht, sondern den Krieg zu ihm hintragen, in sein Gebiet,
mit Fackel und Schwert. Ihm gegenübertreten, wie es der Herr den Israeliten befohlen hat. Und es wird Zeit, Zeit, ihnen gegenüberzutreten!
Zeit, sich zu sammeln und loszuziehen, gegen Frýdštejn, gegen Děvín, gegen Ralsko, Rojmund und Dohlenstein!«
»Und noch weiter«, warf Kolúch mit einem Wolfslächeln ein. »In die Lausitz, nach Grafenstein, Friedland, Zittau und Görlitz!
Aber was hilft’s, das schaffen wir alleine nicht! Dazu fehlen uns die Kräfte. Aber woher sollen wir auf Unterstützung warten?
Aus Prag? Wenn Prag keinen Verrat plant, dann |270| beschäftigt es sich mit Umstürzen und Unruhen. Von Tábor? Tábor belagert Kolín. Eine böhmische Stadt. Als ob es nicht genug
ungarische, österreichische und deutsche Städte gäbe!«
»Es heißt«, meinte Scharley, »dass Prokop etwas in dieser Art plant. Dass er nach Ungarn und Österreich Ausschau hält.«
»Geb’s Gott! Aber indes, ihr seht ja selbst und habt es am eigenen Leibe erfahren, was wir hier für Nachbarn haben.«
»Von einem dieser Nachbarn war überhaupt noch nicht die Rede«, sagte Scharley scheinbar ganz nebenbei. »Hat der euch etwa
nicht zugesetzt? Ich meine Otto de Bergow auf Burg Troský. Etwa vier Meilen von Michalovice entfernt. Wie behagt euch denn
diese Nachbarschaft, wenn man fragen darf?«
»Wie ein Stachel im Hintern«, antwortete statt der Hussiten die alte Frau und nestelte an ihrem Rocken. »So empfindet ihr
den Herrn de Bergow doch, nicht wahr, meine Herren Krieger? Wie einen Stachel im Hintern!«
Lange Zeit herrschte Stille, die davon zeugte, dass die Alte wohl so ziemlich ins Schwarze getroffen hatte. Die Stille unterbrach
Jan Kolúch von Vésce.
»Wir sind Gottesstreiter«, sagte
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