Gottesstreiter
Wildschweinen hat sie schon lange genug«, antwortete Köckeritz bekümmert. »So ist die heutige Jugend ... Aber was soll ich machen, sie ist schließlich meine Verwandte ...«
Douce von Pack kam wieder herangaloppiert. So nahe, dass man den Ausdruck in ihren Augen erkennen konnte.
»Ich will noch einen, Onkelchen«, sagte sie und drückte dabei ihren Schritt gegen den Sattelknopf. »Noch einen!«
Köckeritz ’ Miene verfinsterte sich noch mehr, aber bevor er etwas sagen konnte, war Hartung von Klüx ihm zuvorgekommen. Der
Herr auf Burg Tzschocha blickte immer noch wie gebannt auf Douce. Jetzt trat er hervor, nahm seinen Glockenhut ab und verbeugte
sich tief.
»Es wird mir eine Ehre sein, wenn ich dem gnädigen Fräulein das anbieten kann, worum es bittet. In Huldigung seiner Schönheit.
Herr Otto?«
»Natürlich, natürlich!« De Bergow erteilte mit einer Handbewegung die Erlaubnis. »Wählt bitte aus. Wir rechnen später ab.«
Die hinter Reynevan stehenden Frauen begannen zu weinen. Und er wusste es. Noch bevor ihn Nüstern streiften. Noch bevor |297| er über sich ein Paar Augen von der Farbe eines Bergsees erblickte. Schöne Augen. Bezaubernde Augen. Und vollkommen unmenschlich.
»Den.«
»Der ist teuer«, wagte der Aknegesichtige mit einer Verbeugung zu sagen. »Der ist am teuersten ... Das heißt, der ist ein Hussit, und deshalb ist der Preis hoch ...«
»Ich verhandle nicht mit dir, du Laus, nicht du bestimmst den Preis. Und ich bezahle jeden, für dieses Fräulein. Nehmt ihn!«
Die Knechte zerrten Reynevan hervor und schoben ihn direkt vor die Brust der Stute mit dem kostbaren, goldverzierten Brustharnisch.
»Lauf!«
»Nein!«
»Hat sich da etwa ein Mutiger gefunden?« Douce von Pack beugte sich aus dem Sattel und durchbohrte ihn mit ihrem Blick. »Du
willst nicht weglaufen? Dann bleib stehen. Denkst du, das macht für mich einen Unterschied? Ich reite heran und stoße zu.
Aber ich gehe jede Wette ein, dass du nicht stehen bleibst. Du wirst in großen Sätzen davonrennen. Und dann zahlst du für
dein freches Mundwerk. Ich stech dich ab wie ein Schwein!«
»Vierzig Schock Groschen?«, brüllte de Bergow plötzlich. »Vierzig Schock? Dir hat wohl einer ins Hirn geschissen, Hurkove
č! Die Läuse haben dir wohl dein letztes Restchen Verstand aus deinem dummen Schädel gesogen! Du bist entweder vollständig
verblödet, oder du hältst mich für einen Blödian! Trifft das eine zu, dann lasse ich dich nur auspeitschen, trifft das andere
zu, dann hänge ich dich auf wie einen Hund!«
»Ein wichtiger Hussit ...«, stöhnte das Aknegesicht. »So sind die Preise ... Aber wir können feilschen ...«
»Ich gebe vierzig Schock für ihn, ohne zu feilschen«, ließ sich plötzlich Janko Schaff vernehmen. »Aber nicht etwa als Geschenk.
Ich verneige mich vor Fräulein von Packs Schönheit, |298| aber sie soll einen anderen aufspießen. Den hier will ich gesund und lebendig.«
»Daraus folgt, dass du weißt, Herr Schaff, wer das ist.« Köckeritz stemmte die Hände in die Hüften. »Wie viel er wert ist.
Und dieses Wissen willst du nicht mit uns teilen, he?«
»Das muss er nicht«, sagte Lothar von Gersdorf. »Ich weiß auch, wer das ist. Ich kenne ihn. Das ist ein Schlesier, Reinmar
von Bielau. Angeblich ein Magier, ein Alchemist. Dazu noch ein Häretiker und hussitischer Spion. In Münsterberg hat er einen
Anschlag auf das Leben von Herzog Johann verübt, ich war dabei. Angeblich haben ihn die Hussiten zu diesem Verbrechen angestiftet,
aber ich bin eher geneigt, das zu glauben, was man erzählt, nämlich dass er es aus rasender Eifersucht getan hat, es ist um
eine Frau gegangen. Wie es wirklich war, weiß der Teufel, aber Tatsache ist, dass sie diesen Bielau in ganz Schlesien suchen.
Und gewiss werden sie für seine Ergreifung viel bezahlen, wenn Herr Janko, ohne zu feilschen, mit leichter Hand vierzig Schock
für ihn gibt. Aber daraus wird nichts. Dieser hussitische Spion wird den Richtplatz auf dem Bautzener Markt ganz trefflich
zieren, das wird eine wunderschöne Hinrichtung. Die Leute werden von weit her kommen, um sie sich anzusehen. Ich überbiete
dein Angebot, Schaff! Bautzen, meine Herren, zahlt fünfzig Schock!«
»Was hat ein Magier, ein hussitischer Spion und gedungener Mörder auf meinem Schloss zu suchen?«, sagte de Bergow laut und
bedeutsam. »Auf wessen Veranlassung ist er hierher gelangt? He?«
»Ich habe diesen Schlesier
Weitere Kostenlose Bücher