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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Bibersteins verschwand ebenso schnell, wie es erschienen war.
    »Die ehrenwerte Frau Mundschenk beliebt zu scherzen!« Deutlicher als bisher betonte er den Titel ihres Mannes. »Aber uns ist
     hier nicht nach Scherzen zumute! Nicht wahr, Herr von Bielau? Aber vielleicht irre ich mich? Vielleicht bist du recht fröhlich?
     Vielleicht denkst du, dass du schon davongekommen seist? Dass du dich wie ein Aal herausgewunden hast? Weit gefehlt, oh, weit
     gefehlt! Dass du es nicht warst, der meinem Käthchen einen dicken Bauch gemacht hat, halte ich dir zugute. Aber dass du sie
     in Räubermanier überfallen hast, dafür allein sollte man dich vierteilen. Oder dafür, dass du ein Ketzer bist, dich dem Bischof
     ausliefern, damit er dich in Breslau auf dem Scheiterhaufen brät   ... Wolltet Ihr etwas sagen, Herrin? Oder schien mir das nur so?«
    »Das schien Euch nur so.«
    Die Tür knarrte, die Matrone betrat die Rüstkammer. Ohne Haube. Ziemlich rot im Gesicht. Mit wogendem Busen.
    »Oh«, Herr Johann freute sich, »so schnell ist das gegangen!«
    Frau von Biberstein blickte mit nachsichtiger Überlegenheit ihren Mann an, trat näher und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Je
     länger sie flüsterte, desto mehr erhellte sich Herrn Johanns Gesicht.
    »Ha!«, schrie er schließlich, über das ganze Gesicht strahlend. »Der junge Wolfram von Pannewitz! Ha, bei meiner Seele! Jetzt
     sehe ich klar! Der ist hier durch die Gallenauer Wälder gestreift und hat den fahrenden Ritter gespielt. Sie hat ihm begegnen
     müssen, als sie vom Wagen fort in den Wald gelaufen ist   ... Ha, bei hundert gehörnten Teufeln! Jetzt fällt’s mir wieder ein! Wie er anschließend dauernd hierher geritten kam, weißt
     du noch, Frau, wie er mit den Augen gefunkelt, schöngetan hat und wie ihm der Speichel aus dem Maul tropfte   ... Wie er Geschenke anschleppte! Ha! Aber zum Heiraten |412| hatte er keine Lust! Aber das kommt jetzt. Denn das ist keine schlechte Partie, liebes Weib, gar keine schlechte. Ich reite
     gleich nach Homole zum alten Herrn von Pannewitz, da werden wir zwei Väter über die Streiche unserer Nachkommen reden. Über
     die Ehre werden wir ebenfalls reden   ...«
    Er verstummte und blickte die Grüne Dame und Reynevan an, als wundere er sich, dass beide immer noch da seien. Seine Miene
     verdüsterte sich.
    »Ich sollte   ...«
    »Ihr solltet gar nichts«, unterbrach ihn die Grüne Dame schroff. »Ich werde mich der Sache annehmen. Ich reise sofort ab und
     nehme ihn mit.«
    »Übernachtet Ihr nicht hier, Herrin? Bis Schönau ist es ein gutes Stück Weg   ...«
    »Ich breche sofort auf. Lebt wohl, Herr Johann.«
     
    Die Grüne Dame hatte es eilig, und sie trieb auch ihr Gefolge zur Eile an. Sie wandten sich nach Norden, den Felsen und Anhöhen
     zu. Sie ritten eilig dahin, vor sich das nebelverhangene Massiv des Zobten, im Rücken das Reichensteiner und das Altvatergebirge.
     Reynevan ritt am Ende des Zuges, ohne eigentlich zu wissen, weshalb und wozu. Er war noch immer nicht er selbst.
    Der Ritt dauerte allerdings nicht lange. Die Grüne Dame gab plötzlich den Befehl anzuhalten. Sie nickte Reynevan zu, zum Zeichen,
     dass er ihr folgen sollte.
    Am Fuße einer Anhöhe stand ein steinernes Sühnekreuz. Meist rief der Anblick eines solchen Kreuzes in Reynevan Erinnerungen
     wach und gab ihm Anlass zu einigem Nachdenken. Jetzt war ihm das Kreuz völlig gleichgültig.
    »Steig ab!«
    Er gehorchte. Sie stand vor ihm, der Wind zerrte an ihrem Mantel und presste ihn dicht an ihren Körper.
    »Hier trennen wir uns«, sagte sie. »Ich reite nach Strehlen und von dort weiter nach Hause, nach Schönau. Dort ist deine |413| Gesellschaft nicht angebracht. Verstehst du? Du musst dir selbst weiterhelfen.«
    Er nickte. Sie trat näher und sah ihm direkt in die Augen. Lange. Dann wandte sie den Blick ab.
    »Du hast meine Tochter verführt, du Nichtsnutz«, sagte sie leise. »Und ich   ... Statt dir ins Gesicht zu schlagen und dir meine Verachtung zu zeigen, werde ich rot. Und muss dir im Stillen auch noch
     dankbar sein   ... Du weißt wohl, wofür. Ha, du wirst also auch rot? Na gut! Das ist wenigstens ein Trost. Zwar nur ein schwacher, aber immerhin.«
    Sie biss sich auf die Lippen.
    »Ich bin Agnes de Apolda. Die Gemahlin des Mundschenks Bertold de Apolda. Die Mutter von Jutta de Apolda.«
    »Ich habe es mir gedacht.«
    »Besser spät als nie.«
    »Ich würde gern wissen, wann Ihr darauf gekommen seid.«
    »Ziemlich früh. Aber jetzt genug

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