Gottesstreiter
»Glaubt den
Mönchen und den Pfaffen nicht! Und trinkt kein Wasser in den Vorstädten! Der Bischof von Breslau hat befohlen, die Brunnen
zu vergiften!«
|482| Sie ließen das vor Angst verstummte Leobschütz hinter sich und ritten weiter, zu ihrer Rechten das Troppauer Bergland und
das Massiv des Altvatergebirges. Rauchwolken, die immer zahlreicher wurden, wiesen die Richtung. Nicht nur Altstett und Katscher
brannten, sondern mindestens noch fünf andere Ortschaften.
Sie ritten bergan. Und sahen das herannahende Tábor. Eine lange Reihe von Reitern, Fußvolk und Wagen. Und sie hörten den Gesang.
Slyšte rytieři boží, připravte se již k boji,
chválu boží ku pokoji statečne zpievajte.
Antikristus již chodí, zapálenú péčí vodí,
knĕžstvo hrdé již plodí, pro Buoh znamenajte!
An der Spitze reiten die Fahnenträger, über ihnen wehen die Feldzeichen. Die Standarte von Tábor – weiß, mit dem roten Kelch
und der Losung
veritas vincit.
Und eine zweite, die Feldstandarte, ebenfalls weiß, darauf ein roter Kelch und eine goldene Hostie, umgeben von einer Dornenkrone.
Hinter den Fahnenträgern reiten die Anführer. Staub- und ruhmbedeckte Kämpen, berühmte Heerführer. Prokop der Kahle, den man
an seiner Statur und dem riesigen Schnurrbart leicht erkennt. Neben ihm Markolt von Zbraslavice, der berühmte taboritische
Prediger und Ideologe. Wie Prokop mit einer Pelzkappe auf dem Kopf und in einen Pelz gehüllt, singt er, wie Prokop auch. Auch
Jaroslav von Bukowina singt, der Anführer der Feldtruppen von Tábor. Laut und falsch singt Jan Bleh z Těšnice, der Hauptmann
der Stammtruppen. Neben Bleh reitet Blażej z Kralup in einer Tunika mit einem riesigen roten Kelch auf der Brust, er singt
nicht. Daneben Fedor von Ostrogski, ein an der Seite der Hussiten kämpfender russischer Fürst, ein Raufbold und Kosakenführer.
Hinter ihnen reiten die Anführer der Truppen der Städte: Sigmund von Vranov, der Hauptmann von Schlan, und Otíka z Lozy, der
Hauptmann |483| von Nimburg. Dahinter ein Bundesgenosse der Taboriten, Jan Zmrzlík von Svojšin, in voller Rüstung, auf dem Schild sein Wappen:
drei rote Streifen auf silbernem Grund. Die beiden Seite an Seite mit Zmrzlík reitenden Ritter präsentieren gleichfalls ihre
Wappen. Das polnische Wieniawa-Wappen, ein schwarzer Büffelkopf, glänzt auf dem goldfarbenen Schild von Dobiesław Puchała,
dem Veteranen der Schlacht von Grunwald, der das vereinigte Fähnlein der Polen anführt. Silberne und rote Zinnen trägt Jan
Tovačovskyź Cimburka auf seinem Wappen, der Anführer der starken mährischen Schar.
Tráva, kvietie i povietřie, pla
č
hlúposti človie čie,
zlato, kamenie drahé, poželejte s námi.
Anjelé, archanjelé, vy Kristovi manželé,
tróny, apoštolové, poželejte s námi.
Der Wind weht vom Altvatergebirge her. Es ist der elfte März Anno Domini 1428. Der Donnerstag vor dem Sonntag
Laetare
.
Eine berittene Wache. Reiter mit Helm und Harnisch, bewaffnet mit Wurfspießen.
»Urban Horn und Reinmar von Bielau. Vogelsang.«
»Ich weiß, wer ihr seid.« Der Anführer der Streife lässt sie nicht aus den Augen. »Ihr werdet erwartet. Bruder Prokop fragt,
ob der Weg frei ist. Wo sind die gegnerischen Truppen? Bei Leobschütz?«
»Bei Leobschütz ist keiner.« Urban Horn lächelt spöttisch. »Der Weg ist frei, niemand wird ihn euch verstellen. In der ganzen
Umgebung gibt es keinen, der das wagen würde.«
Die Leobschützer Vorstadt brannte, das Feuer fraß sich rasch durch die Strohdächer. Der Rauch verdeckte Stadt und Burg, die
Gegenstände, denen die Raubtierblicke der Anführer galten. Prokop hatte diese Blicke bemerkt.
|484| »Nicht antasten!«, wiederholte er und richtete sich hinter dem Tisch auf, den man mitten in der Schmiede aufgestellt hatte.
»Ihr rührt mir weder Leobschütz an noch die umliegenden Dörfer. Herzog Wenzel hat die Ablöse gezahlt, die Abmachung steht.
Wir halten unser Wort.«
»Sie werden sich uns gegenüber nicht daran halten«, brummte der Prediger Markolt.
»Aber wir halten unser Wort«, entgegnete ihm Prokop, »weil wir Gottesstreiter und wahre Christen sind. Wir halten dem Herzog
von Leobschütz gegenüber, dem Erben von Troppau, unser Wort. Zumindest so lange, wie er auch seines hält. Aber wenn er Verrat
übt, wenn er gegen uns zieht, ich schwöre es beim Namen des Herrn, dann erntet er nur noch Rauch und Asche.«
Einige der Anführer,
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