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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Waisen verbündeten Schlesier schnell zu verkünden. »Und der dort kniet,
     ist Nikolaus Carpentarius, der Prior. Beide haben gegen die Lehre von Meister Hus gepredigt. Ein guter Böhme ist ein toter
     Böhme, so haben sie jedes Mal die Predigt beendigt. Beide haben die Truppen gesegnet, die nach Nachod gezogen sind.«
    Smil Půlpáns Wange und Hals waren blutbedeckt, er hielt mit einer Hand sein Ohr, dessen größter Teil von einem Bolzen abgerissen
     worden war. Er hatte beim Sturm auf Kirche und Kloster etwa ein Dutzend Leute verloren, und ebenso viele waren verwundet,
     aber das Ohr erboste ihn, wie es schien, am meisten.
    »Ein guter Böhme ist ein toter Böhme, ja?«, wiederholte er boshaft. »Da habt ihr aber Pech, ihr Pfaffen, weil ihr lebenden
     und bösen in die Hände gefallen seid. Wir werden euch zeigen, |557| wie böse ein lebender Böhme werden kann. Packt sie! In den Hof mit ihnen!«
    »Wagt es nicht, mich anzurühren!«, schrie Johann Buda. »Wagt es ja nicht   ...«
    Er bekam einen Faustschlag ins Gesicht und verstummte. Der Prior leistete keinen Widerstand.
    »Vexilla Regis prodeunt   ...«
, wimmerte er, als sie ihn durch das Kirchenschiff schleiften.
»Fulget crucis mysterium   ... Quo carne carnis conditor   ... Suspensus est patibulo   ...«
    »Dem ist der Verstand durcheinander geraten«, meinte einer der Waisen.
    »Das ist eine Hymne.« Smil Půlpán war vor der Revolution Sakristan gewesen, Reynevan hatte davon gehört. »Das ist die Hymne
Vexilla Regis.
Die wird in der Karwoche gesungen. Und heute ist Karfreitag. Der geeignete Tag für ein Martyrium.«
    Vor der Kirche umringte eine große Anzahl Waisen die beiden Mönche. Gleich darauf erfolgte der erste Faustschlag, dann der
     erste Fußtritt, danach kamen weitere Fußtritte, und dann wurden Schlagstöcke und Knüppel eingesetzt. Der Prior stürzte hin.
     Johann Buda hielt sich noch auf den Beinen, er betete laut und spuckte das Blut, das seinem zerschlagenen Mund entquoll, aus.
     Smil Půlpán sah ihn hasserfüllt an. Auf sein Zeichen hin wurde ein Hackklotz herangeschleppt.
    »Wie es scheint, hast du denen, die nach Nachod gezogen sind, die Waffen gesegnet, du Papist. Wie wir dich dafür bestrafen
     werden, haben uns die Schergen des Bischofs in Nachod beigebracht. Bringt ihn her, Brüder.«
    Johann Buda wurde herangeschleift, man legte eines seiner Beine auf den Klotz. Ein Hussit, ein riesiger Kerl, hob das Beil
     und schlug zu. Johann Buda brüllte fürchterlich, aus dem Beinstumpf schoss das Blut in Strömen. Die Waisen hoben den sich
     in Zuckungen windenden Dominikaner auf und legten sein anderes Bein auf den Klotz. Das Beil fiel mit dumpfem Schlag und Splittern,
     von diesem Schlag erzitterte selbst der Boden. Johann schrie noch einmal bestialisch auf.
    |558| Berengar Tauler machte ein paar schwankende Schritte, stützte sich mit beiden Händen an der Kirchenwand ab und übergab sich
     heftig. Reynevan hielt sich noch, aber nur mit dem letzten Rest seines Willens. Samson war sehr bleich geworden, er blickte
     plötzlich nach oben, zum Himmel. Lange verblieb er in dieser Haltung. Als würde er etwas von dort erwarten.
     
    Auf einem Klotz, der zum Holzkleinmachen dient, haben jene Henker,
haeretici
, deren Herr und Meister der Teufel selbst ist, an Bosheit und Grausamkeit einander übertreffend, mit Beilen alle
extremitates
des Unglücklichen nacheinander abgetrennt.
Diese
Schreckenstat zu beschreiben, sträubt sich meine Feder, die Hand zittert,
lacrimae
fließen aus den Augen   ... Nicolaus Carpentarius, Johannes Buda und Andreas Cantoris,
martyres de Ordine Fratrum Praedicatorum
, gemartert für das Wort Gottes und für das Zeugnis, das sie ablegten. Gott, Gott, wir rufen zu Dir!
Usquequo, Domine sanctus et verus, non iudicas et vindicas sanguinem nostrum?
     
    Inzwischen hatten die Waisen alles geraubt, was in der Kirche nur irgendeinen Wert darstellte. Heiligenbilder, Chorgestühl
     und heruntergerissene Altarreste, die keinen großen Wert besaßen, verbrannten auf einem riesigen Scheiterhaufen. Auf Půlpáns
     Befehl wurden die beiden schrecklich zugerichteten und mit dem Tode ringenden Mönche herbeigeschleppt und auf den Scheiterhaufen
     geworfen. Die darum herumstehenden Hussiten sahen zu, wie sich die beiden ihrer Gliedmaßen beraubten Körper hilflos in den
     Flammen wälzten. Das Feuer brannte nur recht und schlecht, es hatte zu regnen begonnen. Smil Půlpán betastete sein abgerissenes
     Ohr, fluchte und

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