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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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der Klarissen, die Klarissen
     singen die Stundengebete nicht, sie beten sie   ... »Jutta   ... Jutta? Jutta!«
    »Reynevan!«
    »Jutta   ...«
    »Was ist mit dir? Was hast du? Bist du verwundet? Mutter Gottes! Hebt ihn aus dem Sattel   ... Reynevan!«
    »Jutta   ... Ich   ...«
    »So helft doch   ... Hebt ihn auf   ... Ach! Was ist mit dir?«
    »Die Schulter   ... Jutta   ... Es geht schon   ... Ich kann stehen   ... Mir ist nur so schwach in den Beinen   ... Kümmert euch um Samson   ...«
    »Wir bringen beide in die Krankenstube. Gleich, auf der Stelle. Schwestern, helft   ...«
    »Warte.«
    Elencia von Stietencron war nicht abgestiegen, sie wartete, noch immer im Sattel sitzend. Mit abgewandtem Kopf. Sie blickte
     ihn erst wieder an, als er ihren Namen sagte.
    »Du hast gesagt, du hast einen Ort, zu dem du reiten willst. Aber vielleicht bleibst du hier bei uns?«
    »Nein. Ich reite gleich weiter.«
    »Wohin? Wenn ich dich aufsuchen möchte   ...«
    »Ich bezweifle, dass du das möchtest.«
    »Trotzdem.«
    »Schalkau bei Breslau«, sagte sie langsam, wie mit großer Mühe. »Das Gut und der Pferdehof von Frau Dzierżka de Wirsing.«
    |612| »Bei Dzierżka?« Er konnte seiner Verwunderung nicht Herr werden. »Du bist bei Dzierżka?«
    »Leb wohl, Reinmar von Bielau!« Sie wendete das Pferd. »Gib Acht auf dich. Und ich   ...«
    »Ich werde versuchen, dich zu vergessen«, sagte sie leise, als sie schon weit genug von der Klosterpforte entfernt war, damit
     er sie auch ja nicht hören konnte.

|613| Dreiundzwanzigstes Kapitel
    in dem der Sommer des Jahres 1428, den er als liebliche und wonnigliche Idylle erlebt, Reynevan wie ein flüchtiger Moment
     erscheint. Fast möchte man seine Geschichte mit den bekannten Worten beenden: »Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben
     sie noch lange und glücklich.« Aber was hilft’s, dass man dies möchte, wenn dafür leider der Platz fehlt?
     
    Reynevan lag bis Trinitatis, dem ersten Sonntag nach Pfingsten, in der Krankenstube des Klosters. Ganze neun Tage. Diese Tage
     konnte er aber erst später errechnen, denn das in Schüben zurückkehrende Fieber bewirkte, dass er sich an das Krankenlager
     und die Behandlung nur schwach erinnerte. Er erinnerte sich, dass Jutta de Apolda viel Zeit an seinem Krankenbett verbracht
     hatte, er erinnerte sich an die rundliche Vorsteherin der Krankenstube, die, wie passend, Schwester Misericordia hieß. Er
     erinnerte sich an die Äbtissin, die ihn behandelt hatte, eine hoch gewachsene, ernste Nonne mit blaugrauen Augen. Er erinnerte
     sich an die Eingriffe, die sie an ihm vorgenommen hatte, höllisch schmerzhafte Eingriffe, die unweigerlich Fieber und Unwohlsein
     nach sich zogen. Aber dank jener Eingriffe hatte er immer noch seinen Arm und konnte ihn mehr oder weniger benutzen. Er hatte
     gehört, wovon die Nonnen während der Operationen sprachen – da war die Rede von seinem Schlüsselbein, vom Schultergelenk,
     von der Armschlagader, vom Achselnerv, von den Lymphdrüsen und den Muskelfasern gewesen. Er hatte genug mitbekommen, um zu
     begreifen, dass ihn die medizinischen Kenntnisse der Äbtissin mehrmals gerettet hatten. Und auch die Medikamente, |614| über die sie verfügte und derer sie sich zu bedienen verstand. Einige davon waren magisch, einige hatte Reynevan erkannt,
     entweder am Geruch oder an der Wirkung, die sie hervorriefen. Sowohl das
dodecatheon
, ungleich stärker als das in Ohlau erworbene, als auch das
peristereon
, ein sehr seltenes, sehr teures und bei Entzündungen äußerst wirksames Spezifikum, waren zur Anwendung gekommen. Die mehrfach
     geöffnete Wunde hatte die Äbtissin mit einer als
garwa
bekannten Arznei behandelt, die angeblich von den Druiden aus Irland überliefert worden war. Reynevan erkannte auch den charakteristischen
     Mohngeruch des Wundkrauts, eines magischen Krauts der Walküren, mit dem sie die Verwundeten nach der Schlacht im Teutoburger
     Walde gepflegt hatten. Den Geruch getrockneter Bilsenkrautblätter verriet das
hierobotane
und der Duft nach Pappelrinde das
leukis
, zwei starke Heilmittel gegen Wundbrand. Nach Bärlapp roch ein Puder, das
Lycopodium bellonarium
hieß. Als das
Lycopodium bellonarium
angewendet wurde, durfte Reynevan schon aufstehen. Die Finger seiner linken Hand waren nicht mehr steif, so dass er schon
     verschiedene Gegenstände damit halten und den Nonnen bei der Behandlung Samsons helfen konnte, der, obschon bei Bewusstsein,
     noch längst nicht in

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