Gottesstreiter
Polen?«, fragte Wyszek reserviert.
»Polen liegt nicht an der Ostsee, wie man nach Grunwald sehen konnte. Und nach dem Frieden vom Melno-See. Das sieht man auch
ganz deutlich an Jagiełłos Politik, oder, besser gesagt, an Witolds, denn Jagiełło ... Tja, schlimm, wenn man das so sagen muss, aber was soll’s, so ist das Leben, jeder von uns wird irgendwann zum Greis.
Und was Witolds Interessen anbelangt, die liegen im Osten und nicht im Norden. Wir nehmen uns also die Ostsee, denn ... Wie sagst du immer, Scharley?«
»Res nullius cedit occupanti.«
»Sicher«, Wyszek nickte. »Ein Meer hätten wir schon mal. Und das andere?«
»Wir schlagen die Türken.« Prokupek zuckte mit den Achseln. »Und schon haben wir das Schwarze Meer. Böhmen wird eine Seemacht,
und damit basta.«
»Wie du siehst, Bruder Wyszek«, Prokop der Kahle ergriff lächelnd wieder das Wort, »auf uns kann man Häuser bauen. Wir finden
mit allen einen Weg, und mit uns finden alle ihren Vorteil und ihre Zufriedenheit. Jagiełło hat dann Ruhe vor dem Deutschen
Orden, Witold freie Hand im Osten, soll er doch dort erobern, was er will, sogar Moskau, Nowgorod und Perejaslavl. Selbst
für den Papst wird es von Vorteil sein, wenn wir die Deutschordensritter ausrotten, die recht aufmüpfig und frech geworden
sind. Wir werden die Prophezeiung der heiligen Brigitta erfüllen, diesmal vollständig. Und wenn wir uns über die Türken hermachen,
wird sich der Heilige Vater eher freuen als grämen, nicht wahr? Was denkst du?«
Wyszek Raczyňski behielt seine Gedanken lieber für sich.
»Soll ich das Szafraniec so übermitteln?«, fragte er.
»Bruder Wyszek«, Prokop wurde wieder ernst, »du weißt sehr gut, was du übermitteln sollst. Schließlich bist du unser |132| Mann, ein wahrer Christ, du empfängst die Kommunion aus dem Kelch, genau wie wir. Aber du bist auch ein Pole und ein Patriot,
also handle so, dass es auch Polen zum Vorteil gereicht. Die Deutschordensritter sind für Polen eine ständige Bedrohung, Grunwald
hat da nicht sehr geholfen, der Teutonenorden hängt immer noch wie ein Damoklesschwert über euch. Wenn König Władysław Jagiełło
den päpstlichen Klagen und Bitten nachgibt, am Kreuzzug teilnimmt und polnische Truppen gegen uns schickt, werden die Deutschordensritter
sofort von Norden her einfallen. Die Brandenburger und die schlesischen Herzöge ebenfalls. Und schon ist es um Polen geschehen.
Schon ist es um Polen geschehen, Bruder Wyszek.«
»König Władysław weiß das«, entgegnete Raczyňski. »Und ich denke nicht, dass er am Kreuzzug teilnehmen wird. Aber der polnische
König kann sich nicht offen gegen den Papst stellen. Die Schmähschriften häufen sich ohnehin, und von der Marienburg aus hetzen
sie, dass Jagiełło ein Heide und in tiefster Seele ein Götzenanbeter sei, der es mit den Heiden halte und mit dem Teufel im
Bund stehe. Dabei strebt der polnische König nach Frieden. Nach Versöhnung zwischen den Böhmen und Rom. Und Rom ist zu solch
einer Versöhnung bereit ...«
»Bereit, bereit«, spottete Prokupek. »Je heftiger wir den römischen Kreuzfahrern das Fell gerben, umso eher werden sie dazu
bereit sein.«
»Ihr sagt die Wahrheit«, meinte, ihm zustimmend, der Pole. »Wenn der Papst euch so ... Will sagen, uns so mit Feuer und Schwert bezwingen könnte, dann täte er’s. Dann würde er Köpfe rollen lassen, uns foltern,
uns von Pferden zerstampfen, uns bei lebendigem Leibe verbrennen oder uns ersäufen lassen und dabei
Gloria in excelsis
singen. Sie würden mit uns das Gleiche tun, was sie mit den Albingensern getan haben, und danach verkünden, dies sei zum Ruhme
Gottes geschehen. Aber nun hat sich gezeigt, dass sie dies nicht können. Dazu fehlt ihnen die Kraft. Also wollen sie verhandeln.«
»Ich weiß, dass sie das wollen.« Prokupek lachte verächtlich. |133| »Aber warum sollten wir wollen? Schließlich versohlen wir denen die Ärsche und nicht sie uns.«
»Bruder«, Raczyňski hob verzweifelt die Hände, »Bruder, du wiederholst nur das, was ich selbst weiß. Erlaube, dass ich dir
noch einmal sage, was König Władysław weiß. Was jeder christliche König im gesamten christlichen Europa weiß: Die Kirche beherrscht
die Welt und hält zwei Schwerter in ihrer Hand: das geistliche und das weltliche. Oder einfacher ausgedrückt: Der Papst hat
die volle weltliche Macht und der König nur die Vollmacht. Noch einfacher gesagt: Das Königreich
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