Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
dichtgefüllter Winkel in der Westminster-Abtei gewesen sein, im Vergleich mit diesem ehrwürdigen Gebäude, das in schöner Einsamkeit als sein alleiniges Grabdenkmal dazustehen scheint. Die ängstliche Sorge über die Bewahrung des Grabes mag wohl nur die Folge einer überspannten Empfindlichkeit sein; allein die menschliche Natur ist aus Schwächen und Vorurtheilen zusammengesetzt, und ihre schönsten und zärtlichsten Regungen sind mit diesen erkünstelten Gefühlen gemischt. Der, welcher Ruhm in der Welt sucht, und eine reichliche Ernte weltlicher Gunst eingesammelt hat, wird nach Allem finden, daß es keine Liebe, keine Bewunderung, keinen Beifall gibt, welcher der Seele so wohl thäte, als der, welcher ihm aus seinem Geburtsorte ward. Hier will er in Frieden und Ehre neben seinen Verwandten und seinen Jugendfreunden ruhen. Und wenn das müde Herz und der schwache Kopf ihn zu erinnern beginnen, daß der Abend des Lebens herannaht, so wendet er sich so innig wie das Kind nach der Mutter Arm, um im Schooße des Schauplatzes seiner Kindheit in Schlaf zu sinken.
Wie würde es den Geist des jugendlichen Barden erheitert haben, hätte er, als er von Leid bedrängt, in eine ungewisse Welt hinauswanderte, und einen letzten Blick in seine väterliche Heimath zurückwarf, voraussehen können, er würde nach manchen Jahren mit Ruhm bedeckt dahin zurückkehren; sein Name würde der Stolz und die Ehre seines Geburtsortes werden; seine Asche würde als der kostbarste Schatz desselben gewissenhaft bewahret, und der seinen Augen entschwindende Thurm desselben, auf welchen diese in thränenvoller Betrachtung sich hefteten, würde eines Tages das Wahrzeichen werden, welches inmitten der lieblichen Landschaft sich erhebend, die wissenschaftlichen Waller jeder Nation zu seinem Grabe leitete!
Züge indianischen Charakters.
Ich rufe jeden weißen Mann auf, ob er je Logan’s Hütte betreten habe, und er ihm nicht zu essen gegeben hat, ob er je kalt und nackt kam, und er ihn nicht kleidete.
Rede eines indianischen Häuptlings.
In dem Charakter und den Sitten des nordamerikanischen Wilden ist etwas, das, wenn ich mir die Gegend, welche er zu durchstreifen gewohnt ist, deren ausgedehnte See’n, grenzenlose Wälder, majestätische Ströme und pfadlose Ebenen dazu denke, etwas wunderbar Anziehendes und Erhabenes für mich hat. Er ist für die Wildniß geschaffen, wie der Araber für die Wüste. Sein Wesen ist ernst, einfach, ausdauernd und ganz geeignet, mit Schwierigkeiten zu kämpfen und Entbehrungen zu erdulden. Es scheint nur wenig Erdreich in seinem Herzen zu sein für das Gedeihen sanfter Tugend; und doch würden wir, wenn wir uns die Mühe nehmen wollten, diesen stolzen Stoicismus und diese zur Gewohnheit gewordene Schweigsamkeit, welche seinen Charakter der zufälligen Beobachtung unzugänglich machen, näher zu ergründen, leicht finden, daß er durch mehr gleichartige Gefühle und Neigungen an seine Mitmenschen aus dem gebildeten Lebenskreise geknüpft ist, als man ihm gewöhnlich zutraut.
Es ist das Loos der unglücklichen Ureinwohner von Amerika in den ersten Zeiten der Colonisirung gewesen, von den Weißen auf eine doppelte Art beeinträchtigt zu werden. Durch eigennützige und oft muthwillig begonnene Kriege sind sie ihrer rechtmäßigen Besitzungen beraubt worden, und ihr Charakter wurde durch verblendete selbstsüchtige Schriftsteller angeschwärzt. Die Colonisten haben sie oft wie Thiere des Waldes behandelt, und die Schriftsteller haben sich bemüht, diese Unbilden zu rechtfertigen. Die Ersteren fanden es leichter, auszurotten, als zu bilden; die Letzteren leichter, zu schmähen, als zu vertheidigen. Die Namen Wilde und Heiden wurden für hinlänglich gehalten, die Feindseligkeiten Beider zu rechtfertigen; und so wurden die armen Wanderer des Waldes verfolgt und verläumdet, nicht, weil sie schuldig, sondern weil sie unwissend waren.
Die Rechte des Wilden wurden von den Weißen selten gehörig gewürdigt oder geachtet. Im Frieden ist er nur zu oft von verschmitzten Handelsleuten betrogen, und im Kriege als ein wildes Thier angesehen worden, nach dessen Leben oder Tod man nur aus Vorsicht oder wegen der Verhältnisse fragte. Der Mensch ist mit dem Leben grausam verschwenderisch, sobald seine eigene Sicherheit in Gefahr ist und er ungestraft handeln kann; und man darf nur wenig Gnade von ihm erwarten, wenn er den Stachel des Wurmes fühlt, und sich der Macht, zertreten zu können, bewußt ist.
Dieselben
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