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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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betrachtete, welche einst vor ihnen hergetragen wurden, beschwor meine Einbildungskraft das Schauspiel herauf, als diese Halle einst von der Tapferkeit und Schönheit des Landes erglänzte; leuchtend von dem Prunk der Juwelen der Vornehmen und von kriegerischem Pomp; belebt von so manchen Fußtritten und dem Gesumme einer bewundernden Menge. Alles dieß war vorüber; das Schweigen des Todes hatte sich wieder des Ortes bemeistert, und wurde nur zuweilen von dem Zirpen der Vögel unterbrochen, die ihren Weg in die Capelle gefunden und ihre Nester in den Friesen und Fahnen gebaut hatten – sichere Anzeichen der Einsamkeit und Verlassenheit.
    Als ich die Namen las, welche auf den Bannern standen, fand ich, daß sie Leuten angehörten, welche weit und breit in der Welt zerstreut sind. Einige davon wogten auf entfernten Meeren umher; Andere standen in entfernten Ländern unter den Waffen; Andere nahmen an den geschäftigen Intriguen an Höfen und in Cabinetten Antheil; und Alle waren bemüht noch eine Auszeichnung mehr in diesem Wohnsitze der Schattenehren zu verdienen, den trübseligen Lohn eines Grabdenkmals.
    Zwei kleine Gänge an jeder Seite dieser Capelle geben ein rührendes Beispiel von der Gleichheit, welche das Grab hervorbringt; welches den Unterdrücker auf eine Stufe mit dem Unterdrückten stellt, und den Staub der bittersten Feinde vermischt. In einem ist das Grabmal der stolzen Elisabeth, in dem andern das ihres Opfers, der liebenswürdigen, unglücklichen Maria. Es vergeht keine Stunde des Tages, wo nicht irgend ein Ausruf des Mitleids über das Schicksal der Letztern, mit dem des Unwillens über ihre Unterdrückerin gemischt, hier gehört wird. Die Mauern von Elisabeth’s Grab hallen fortdauernd von den Seufzern der Theilnahme wieder, welche am Grabe ihrer Nebenbuhlerin erschallen.
    Eine ganz eigenthümliche Schwermuth ruht auf dem Seitengange, wo Maria begraben ist. Das Licht fällt spärlich durch die von Staub verfinsterten Fenster herein. Der größere Theil des Platzes liegt in tiefem Schatten, und die Mauern sind von der Zeit und dem Wetter beschmutzt und gefärbt. Eine marmorne Bildsäule der Maria liegt auf dem Grabe, das rundum mit einem eisernen, sehr zerfressenen Gitter umgeben ist, auf welchem ihr Landes-Sinnbild, – die Distel, angebracht ist. Ich war vom Umhergehen ermüdet und setzte mich neben dem Denkmal nieder, über das bewegte und verhangnißvolle Leben der armen Maria nachdenkend.
    Der Ton der einzelnen Fußtritte in der Gegend der Abtei war verhallt. Nur dann und wann konnte ich in der Entfernung die Stimme des Priesters hören, der das Abendgebet herlas, und die schwachen Responsen des Chors. Diese hörten eine Zeitlang auf, und Alles ward schweigend. Die Stille, die Einsamkeit und Dunkelheit, welche allmählig rund umher sich zu verbreiten anfingen, gaben dem Orte einen großartigern und feierlichern Anstrich:
Denn in dem stillen Grab wird kein Gespräch,
Kein froher Freundestritt, der Liebe Stimme,
Des Vaters treuer Rathschlag nicht gehört,
Denn nichts ist hier als gänzliches Vergessen,
Staub und ein endlos Dunkel.
    Plötzlich schlugen die tiefen Töne der Orgel an mein Ohr, die mit doppelter und abermals doppelter Kraft erschollen, und sich gleichsam in großen Wogen des Klanges daherwälzten. Wie gut stimmt ihre Kraft und Größe mit diesem mächtigen Gebäude zusammen! Mit welchem Prunk schwellen sie in seinen gewaltigen Gewölben an, verbreiten ihre erhabenen Harmonien durch diese Höhlen des Todes, und machen das stille Grab klangreich. – Und nun steigen diese Töne in triumphirendem Rufe, heben ihre wohlzusammenstimmenden Laute höher und höher, und thürmen Ton auf Ton. – Und nun hören sie auf, und die sanften Stimmen der Chorsänger vereinigen sich zu lieblichen Wellen der Melodie; sie steigen empor und schwirren an der Decke entlang und scheinen in diesen hohen Gewölben wie die reinen Lüfte des Himmels umherzuspielen. Wieder erhebt die Orgel ihren alles durchdringenden Donner, drängt die Luft zum Klange zusammen, und wälzt ihn fort auf die Seele. – Welche langgezogenen Halte! welche feierlich sich dehnenden Laute! Sie wird kräftiger und mächtiger – sie erfüllt das gewaltige Gebäude und scheint die Mauern zerreißen zu wollen – das Ohr ist betäubt – die Sinne sind überwältigt. Und nun schwingt sie sich in vollem Jubelton empor – erhebt sich von der Erde zum Himmel – die Seele selbst scheint, davongetragen auf dieser reißenden Fluth des

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