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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Freunde zu bewillkommen; Andere, mit Bündeln und Pappschachteln beladen, um Plätze in der Kutsche zu erhalten, wobei sie in der Eile des Augenblicks kaum Zeit genug haben, um Abschied von dem Haufen zu nehmen, der sie begleitet. Unterdessen hat der Kutscher eine Welt von kleinen Aufträgen auszurichten. Hier liefert er einen Hasen oder Fasanen ab; dort wirft er ein kleines Packet oder eine Zeitung an die Thür eines Wirthshauses hin; dort reicht er, mit einem bedeutsamen Seitenblick und einigen schlauen Worten, einem halb erröthenden, halb lächelnden Hausmädchen ein sonderbar gestaltetes Liebesbriefchen von irgend einem Bewunderer vom Lande. Indem die Kutsche durch das Dorf rasselt, läuft Alles ans Fenster, und man sieht auf allen Seiten frische Landgesichter und blühende, kichernde Mädchen. An den Ecken stehen Versammlungen von Dorf-Müßiggängern und weisen Leuten, welche hier ihren Standpunkt wählen, um die Leute vorbeigehen zu sehen; die allerweiseste Versammlung ist aber die vor der Thür des Schmieds, für die das Vorüberfahren der Kutsche ein an mancher Spekulation fruchtbares Ereigniß ist. Der Schmied hält, den Pferdehuf in der Hand, mit der Arbeit ein, während das Fuhrwerk vorbeirollt; die um den Amboß versammelten Cyklopen lassen ihre tönenden Hämmer ruhen und das Eisen kalt werden, und das rusige Gespenst mit seiner Mütze von braunem Papier, das an dem Blasebalg arbeitet, lehnt sich einen Augenblick auf den Handgriff und läßt das keuchende Werkzeug einen langgezogenen Seufzer thun, während er durch den schwarzen Rauch und die Schwefelhelle der Schmiede dahinstarrt.
    Vielleicht hatten die bevorstehenden Feiertage der Gegend eine mehr als gewöhnliche Lebendigkeit gegeben, denn es schien mir, als ob Jedermann munter aussähe und guter Laune wäre. Wild, Geflügel und andere Leckerbissen der Tafel, waren in lebhafter Bewegung von einem Dorfe zum andern, und die Läden der Gewürzkrämer, Schlächter und Fruchthändler dicht mit Kunden gefüllt. Die Hausfrauen bewegten sich flink umher, und brachten ihre Wohnungen in Ordnung, und die glänzenden Zweige der Stechpalme, mit ihren hochrothen Beeren, begannen an den Fenstern sichtbar zu werden. Dieser Auftritt erinnerte mich an die Nachricht eines alten Schriftstellers über die Zurüstungen zu Weihnachten: »Jetzt müssen Kapaunen und Hühner, nebst Truthähnen, Gänsen und Enten, Ochsen und Hämmeln – alles muß sterben – denn in zwölf Tagen läßt sich eine Menge von Leuten nicht mit Wenigem ernähren. Jetzt füllen Rosinen und Gewürz, Zucker und Honig die Lücken zwischen Pasteten und Brühen auf. Jetzt oder nie muß die Musik wohl stimmen, denn die Jugend muß tanzen und singen, um sich warm zu machen, während die Alten bei dem Feuer sitzen. Das Landmädchen läßt seinen halben Einkauf zurück, und muß noch einmal ausgeschickt werden, wenn sie am Weihnachtsabend ein Spiel Karten mitzubringen vergißt. Groß ist der Streit zwischen Stechpalme und Epheu, und ob der Herr oder die Frau die Hosen trägt. Würfel und Karten bringen dem Kellermeister etwas ein, und wenn es dem Koch nicht an Verstand fehlt, so leckt er gewiß seine Finger hübsch ab.«
    Ans diesem Fluge üppigen Denkens ward ich durch einen lauten Schrei meiner kleinen Reisegefährten erweckt. Sie hatten die letzten wenigen Meilen beständig aus den Kutschenfenstern gesehen, jeden Baum und jede Hütte begrüßt, während wir vorüberfuhren, und nun gab es ein allgemeines Freudengeschrei. – »Da ist Johann! und da ist der alte Carlo! und da ist Bantam!« riefen die glücklichen kleinen Schelme, in die Hände klatschend.
    Am Ende eines Weges stand ein alter, nüchtern aussehender Bedienter in Livree, der sie erwartete; er hatte einen ausgedienten alten Hühnerhund und den furchtbaren Bantam bei sich, eine alte, kleine Ratte von Klepper, mit einer buschigen Mähne und langem, rostigen Schweif, der ruhig nickend an der Landstraße stand, und sich die stürmischen Zeiten, die seiner jetzt warteten, wenig träumen ließ.
    Es machte mir viel Vergnügen, zu bemerken, mit welcher Liebe die kleinen Leute um den alten Bedienten hersprangen, und den alten Hühnerhund herzten, der vor Freude am ganzen Leibe zitterte. Aber Bantam war der große Gegenstand des Interesses; alle wollten ihn zu gleicher Zeit besteigen, und es hielt schwer, ehe der alte Johann es einrichten konnte, daß sie einer nach dem andern reiten, und daß der Aelteste zuerst aufsitzen sollte.
    Endlich ging es

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