Gott´sacker (Krimi-Edition)
prächtig und vier von ihnen merkten nicht, wie das Weibchen sie ausfragte, vor allem Dinge, die meine Person betrafen.
So schnell sie gekommen war, war sie auch wieder verschwunden.
»Tschüs, habe noch zu tun, bis bald.«
Sie stieg in ihren gallegrünen Beetle und düste davon.
Endlich konnte ich meine Version der Ereignisse erzählen. Schon bald stierte der harte Kern des MIKEBOSS -Stammtisches Kopf an Kopf in den winzigen Monitor meiner Digitalkamera. Susi hatte ich vorsichtshalber in einen Ordner ›Susi‹ auf meine Festplatte kopiert und vom digitalen Kamera-Zwischenlager entfernt.
»Sieht ja brutal aus.«
»Wie der Kopf nach hinten absteht … als ob er vorn auf etwas liegt.«
»Wer das wohl ist?«
»Was kommt da aus dem Kopf raus?«
»Ein Messer!«
»Das ist kein Messer, das ist irgendeine Spitze.«
»Ein Messer hat auch eine Spitze.«
»Ja, aber keine so eine.«
»Die Füße sehen so klein aus …«
»Ja schon, aber der Rest ist massig.«
»Das ist ein Mann.«
»So kleine Füße hat nur eine Frau.«
»Du mit deinen Füßen immer …«
»Lass mich sehen, was ist das da in der Ecke?«
Auf die Ecke der Kapelle hatte ich mich bei meinen heimischen Bildbetrachtungen noch nicht konzentriert. Der Anblick der toten Gestalt mittig im Raum war so dominant, dass der Rest des Ortes für einen oberflächlichen Betrachter verloren ging. Außerdem war dieses Bild das Einzige, das ich mit maximaler Weitwinkelfunktion aufgenommen hatte.
»Kann man da nicht zoomen?«
Joe drückte mit seinen dicken Fingern die winzige Zoomtaste. Und tatsächlich, ganz am Rand des Bildes konnte man gerade noch zur Hälfte einen karierten Gegenstand mit einem Rädchen erkennen.
»Das ist so ein Trolley… dings … für alte Weiber …«
Tatsächlich, nach kurzer Diskussion stand unser Ergebnis fest. Am Rand des Bildes war zur Hälfte ein karierter Koffertrolley zu sehen.
Frieda brachte das zweite Gedeck des naturtrüben Gebräus und fragte freundlich: »Na, welche Bilder hast du denn deinen Freunden gezeigt, die von der Leiche oder die vom armen Mädchen?« Und schon war sie wieder weg.
»Was für ein armes Mädchen?«
»Äh, eine aus meiner Psychogruppe, da musste ich ein Porträt machen für ein Bewerbungsschreiben … habe ich euch schon erzählt? Der Hund vom Müller hatte übrigens ein Kreuz im Maul.«
Der Themenwechsel war mir nicht besonders gelungen. Ich erzählte, um vom armen Mädchen abzulenken, eine getunte Version der Geschichte vom zu Tode gekommenen Nachbarshund.
»Und wisst ihr, was ich glaube, der Leiche schaut ein Kreuz aus dem Kopf«, schloss ich meine spannend ausgeschmückte Erzählung.
Die Jungs bekamen den Mund nicht mehr zu und Gesicht machte seinem Namen alle Ehre. Butzi meinte nur: »Jetzt geht mal wieder die Fantasie mit dir durch!«
4
Der Mann war früh, noch vor der Dämmerung, aufgestanden, er war ganz ruhig und trotzdem passte es ihm nicht, dass auf einmal so viel Aufregung im Dorf war. Das gestern ging daneben, trotzdem war es ein Erfolg, er hatte den reißenden Wächter besiegt. Es war ein harter, aber fairer Kampf gewesen. Er schaute auf seine zerkratzten Hände. Die Revanche gegen den Wächter war geglückt. Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Der andere Kampf würde kein Kampf sein, nur Kampf im übergeordneten Sinne. Er dachte an das schwere gusseiserne Kreuz, das im Holzschopf auf ihn wartete. Er konnte es förmlich in seiner rechten Hand spüren, das kalte Metall. So wie er es schon einmal erfolgreich gespürt hatte.
Wie leicht es ins Auge eingedrungen ist, das komische Geräusch, das es dabei machte. Erst ganz am Schluss brauchte er den Hammer. Der krachende Laut, als die Spitze des Kreuzes den hinteren Teil des Schädels durchbrach. Aber dann steckte es auch gut. Nur der Transport, der war beschwerlich …
Schnell ging er zum kleinen Holzkreuz an der Wand, verbeugte sich, nahm den kleinen Thujazweig aus dem Weihwasserkessel, spritzte dreimal gegen den Heiland aus Holz und betete:
»Oh Herr, ich habe gesündigt,
habe große, übergroße Schuld auf mich geladen,
ich habe gesündigt in Worten und in Taten,
mea culpa, mea maxima culpa,
und du, oh Herr, du Drecksack hast mich bestraft.
Für was, Heilandzack, … war ich nicht immer dein from mer Diener?«
Er nahm das muschelförmige Weihwasserschälchen aus seiner runden Messinghalterung, blickte in das hölzerne Gesicht des Gekreuzigten und schüttete das Wasser ins unbewegte Gesicht des Holzheilands. Er wischte
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