Gott´sacker (Krimi-Edition)
großen Augen, die vor allem mich vorwurfsvoll anfunkelten. Mit einer schnellen, trotz alledem eleganten Geste strich sie sich eine Strähne ihres langen, brünetten Haares aus dem ovalen Gesicht mit den vollen Lippen.
»Cäci, was machst du hier? – Du wolltest doch erst nächste Woche kommen, hat deine Mama gesagt.«
»Hallo … Daniel, kannst du mir erklären, was da los ist?«
Cäci baute sich vor mir auf, zog die Ohrstöpsel ihres iPods heraus und stemmte energisch ihre Fäuste in die Hüften, was wiederum die silberne Gürtelschnalle mit dem Indianerkopf trefflich betonte.
»Mama musste auf die Polizeiwache. Ich bin extra von Tübingen hergefahren. Aber ich darf da nicht mit rein. Sie wird verhört. Ich habe nur mitbekommen, als die Polizisten sich unterhalten haben, sie hätte Insiderwissen oder Täterwissen. Sie hatte nur gemeint, ich soll mich mit dir in Verbindung setzen. Du wüsstest Bescheid, ich soll nur sagen – ›das arme Mädchen‹.«
Fragend schaute sie mich an und zog dabei ihre dunklen Augenbrauen finster zusammen, sodass sie über der Nase beinahe zusammenstießen. Mein Kopf verfärbte sich rötlich, mir dämmerte es allmählich. Die Bilder. Frieda hatte sie alle gesehen und wahrscheinlich bei etlichen Gästen damit geprahlt. Und ich hatte der Polizei nichts von meinen fotografischen Tätigkeiten gesagt.
»Jetzt erzähl mal, was es mit dem armen Mädchen wirklich auf sich hat.«
»Das ist nur eine Eselsbrücke von deiner Mama. Sie will mich … ja, wie soll ich sagen … ein bisschen schützen.«
Cäcis düsterer Blick wurde nicht freundlicher: »Warum soll sie dich schützen? Meine Mama hat doch mit dem Toten in der Kapelle nichts zu tun, was hast du ihr da eingebrockt?«
»Ich denke, das erkläre ich besser, wenn deine Mama mit dabei ist, dann weiß ich auch, was sie den Polizisten gesagt hat.«
Die MIKEBOSS -Stammtischler schauten recht ratlos und Cäci zuckte mit den Schultern: »Wie du meinst. Ich habe aber nicht die geringste Lust, meine Semesterferien wegen irgendeinem Blödsinn, den du mal wieder verbockt …«
Ich verschloss meine Ohren mental und hatte dabei das Gefühl, dass meine Werte auf Cäcis Beliebtheitsskala gerade rapide am Sinken waren.
Zusammen versuchten wir dann Cäci zu beruhigen und überredeten sie zu einem Kristallweizen. Kaum hatte sie sich zu uns gesetzt und gerade zum ersten Schluck ihres Bieres angesetzt, klingelte ihr winziges Handy den Radetzkymarsch. Es war ihre Mutter, sie wollte vom Polizeirevier abgeholt werden.
Sie nahm noch einen großen Schluck, wischte sich das weiße Schaumbärtchen von der Oberlippe, bedrohte mich mit ihrem hübschen Zeigefinger, an dem sie immer noch den silbernen Schlangenring mit den Türkisaugen trug, den ich ihr zum ersten Kuss geschenkt hatte, und zischte mich an: »Wir sehen uns gleich im Ochsen, und dann wird Deutsch geredet!«
Ich sparte mir einen billigen Scherz, den sie in dieser Stimmung sicherlich missverstanden hätte. Jedes Wort konnte zu viel sein, ich nickte nur in ihre Richtung.
Energisch klopften die Cowboystiefel auf den Holzboden, als sie aufrecht und schlank zur Tür schritt. Ihr langes dunkles Haar fiel fast bis zum Gürtel. Sie wusste, dass ich ihr nachschaute, und drehte sich deshalb nicht mehr um.
Im Ochsen angekommen, versuchte ich mich darauf vorzubereiten, der verstimmten Cäci in Anwesenheit ihrer grummelnden Mutter und unter Beobachtung sichtlich irritierter MIKEBOSS -Stammtischler die Sache mit der Kamera zu erklären, und vor allem, warum ich der Polizei nichts von den Bildern gesagt hatte. Um Neugierige auszuschließen, hatten wir uns Holzstühle aus dem Gastraum geholt und uns um den monströsen altmodischen Gasherd versammelt, an dem Frieda und Cäci mit ihren Küchenhilfen gerade klodeckelgroße, panierte Schnitzel in wagenradgroßen Pfannen goldbraun anbrieten. Wenn die Bedienungen hereinkamen, um zentnerweise Schnitzel mit Pommes, Soße und kleine Salate in den Biergarten zu tragen, unterbrachen wir unser Gespräch oder flüsterten.
Um wenigstens ein paar Bonuspunkte bei Cäci zu sammeln, hatte ich mir die Katze mit dem schwarz-weißen Schwanzende, die auch Motorradfahrer mochte, in die Küche mitgenommen und auf meinen Schoß gelegt. Um meine nervösen Finger zu beruhigen, kraulte ich sie unterm Kinn. Das gab mir etwas Sicherheit und der Katze bestimmt auch irgendetwas.
»Nimm nachher das Vieh wieder mit raus, die Katze hat hier drinnen nichts verloren«, schimpfte
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