Gott´sacker (Krimi-Edition)
sich schreckhaft über den Mund und spritzte sich den Rest des Wassers mit hektischen Bewegungen ins Gesicht und bekreuzigte sich.
Ich muss es bald zu Ende bringen, dann ist die kleine Seele frei. Wenn nur nicht die Polizei überall herumschnüffeln würde – nur wegen des Drecksköters. Der Höllenhund, der Gräber. Ich muss warten, aber nicht zu lange.
Routiniert bekreuzigte er sich ein weiteres Mal, machte eine knappe Verbeugung vor dem Toten aus Holz und ging in den Holzschopf. Er nahm das schwere gusseiserne Kreuz aus einer Bundeswehr-Wolldecke, spannte es in den massigen Schraubstock und steckte den Winkelschleifer in die Steckdose. Dann arbeitete er, bis das untere Kreuzende eine glänzende Spitze hatte. Er goss einen Schluck Mineralwasser über die heiße Spitze. Mit dem linken Zeigefinger tippte er kräftig dagegen. Ein dunkler Tropfen bildete sich auf der Spitze des schmutzigen Fingers.
Er lächelte.
5
Nachdem ich am Samstagmorgen noch nach Bad Saulgau gefahren war, von Kommissar Härmle befragt wurde und meine Aussagen dann schließlich bei einem freundlichen Polizisten zu Protokoll gegeben hatte, war der Weg für ein erholsames Wochenende im Kreise der Lieben eigentlich geebnet.
Der Milwaukee-Iron-Kings-Eagle-Boys-Only-Street-Stammtisch traf sich vor dem Ochsen zu einer Ausfahrt. Alle hatten ihre Sonntagsmaschinchen an diesem Samstag dabei. Es donnerte ordentlich, als wir in Richtung Bodensee starteten. Über den nahen Höchsten wollten wir die erste Station in Friedrichshafen machen. Uferpromenade. Eis essen. Der zweite Stopp sollte dann in Ravensburg sein, in der Eichelstraße. Der Irish Pub. Dunkles Bier. Von dort sollte es nach Bad Schussenried gehen. Bierkrugmuseum, mit anschließendem Vesper im Biergarten. Maschinen nach Hause und harmonischer Ausklang in Saulgau bei Hans im Franziskaner. Letztendlicher Absacker bei Andrea im Sternen. Frauen anrufen – Shuttleservice ins Bettchen. Gesicht würde versuchen, in der Mausefalle sein Single-Dasein zu einem erotischen Ende zu bringen. So hatte es sich Butzi, unser Routenplaner als Touren-Beauftragter vorgestellt. Wir waren noch nicht einmal über dem Höchsten, dem höchsten Berg der näheren Region, als Flaschen-Gordons Shovelhead ihren Geist aufgab.
Die Kette war gerissen, hatte sich um die hintere Achse gewickelt und dazu noch ein paar Speichen verbogen. Wir transportierten die havarierte Maschine mithilfe von Joes Frau, ihrem VW -Bus und einem MIKEBOSS -Motorrad-Anhänger nach Bad Saulgau. Es war nicht das erste Mal, dass sie ihrem Mann helfen musste, dessen antiquarische Harley zu bergen. Sie trug ihr Frauenschicksal mit stoischer Gelassenheit. Ihre drei Kinder hatten den unfreiwilligen Ausflug als spannende Unterbrechung eines langweiligen Spielplatz-Samstagnachmittags am Illmensee sichtlich genossen. Nur Joe war nicht heiter, er fluchte ununterbrochen.
Zwei Stunden später saßen wir in Bad Saulgau im Bohnenstengel an unserem Stammtisch. Im Dunkel der Kneipe war die Hitze erträglicher als im kleinen Biergärtchen. Die Diskussion wurde hart, aber fair und vor allem laut geführt. Auf den Nenner gebracht war es die Diskussion: Riemen oder Kette an einer Harley.
Als moderner Mensch vertrat ich die Devise: »Revolution ist Evolution und der Riemenantrieb ist die Zukunft in der Kraftübertragung ans Hinterrad bei hubraumstarken Motorrädern.«
Ich hatte schon drei kühle Bier. Joe hatte sich bereit erklärt, mit dem VW -Bus die Fahrgeschäfte zu übernehmen.
Flaschen-Gordon nippte an seinem Bierfläschchen und schaute traurig. Er hatte den Verlust seiner Antriebskette und dreier verchromter Speichen noch nicht verkraftet.
»Komm, Gordon, Kopf hoch, vier Stunden schrauben, eine fahren ist für eine alte Shovelhead doch ein prima Verhältnis.«
Wir hatten sehr viel Freude an diesem sommerlichen Samstagnachmittag mit Flaschen-Gordon und seinem Missgeschick, bis die Tür zum Bohnenstengel aufging und ein Engel mit finsterem Gesicht hereinstürmte. Immer wenn ich sie sah, vollführte mein Sonnengeflecht ein kurzes Freudentänzchen. Sie sah auch wieder klasse aus. Die Jeans hauteng um die schmalen Hüften und die langen Beine geschmiegt, das untere Ende steckte in hellbraunen Cowboystiefeln. Die ansehnliche Mitte war in eine weiße, in der Jeans geschoppte, weite Bluse gehüllt, deren Holzknöpfe im oberen Bereich einen vielversprechenden Einblick in ein makelloses Dekolleté gaben. Der obere Teil bestand im Augenblick aus riedwasserbraunen
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