Gott´sacker (Krimi-Edition)
schepperten.
17
Als Deodonatus Ngumbu an diesem Dienstag beim Frühstück in der hellen Morgensonne saß, wunderte er sich über die Krähen, die aufgeregt hinter der Friedhofsmauer herumflatterten. Seinem heilen Auge blieb der Grund ihres Auf- und Abflatterns hinter der von dunkelgrünem Efeu bewachsenen Mauer verborgen. Mit einem Wattebausch tunkte er lauwarmen Kamillentee auf, den er in einer Kaffeetasse aufgebrüht hatte, und betupfte damit vorsichtig sein lädiertes Auge. Neben der Tasse mit dem Kamillentee stand die Kaffeetasse mit korrektem Inhalt. Das katholische Konradsblatt, eine Scheibe Roggenmischbrot, eine dahinschmelzende Butter, um die sich eifrige Fliegen kümmerten, und ein Glas Zwetschgenmarmelade von Daniel waren locker auf dem Tisch verteilt. Mittlerweile hatte das Auge des Priesters eine dunkelblaue Färbung angenommen und fiel somit farblich kaum mehr auf. Als Deodonatus versehentlich seinen Wattebausch in die Kaffeetasse mit Kaffee tunkte und sein krankes Auge damit pflegte, schrie er ärgerlich auf. Die Krähen beantworteten seinen Schrei und zeterten hinter und auf der Mauer, sie schienen sich um Nahrung zu raufen.
Ärgerlich holte sich Deodonatus zwei Steine und warf den ersten in Richtung der Friedhofsmauer.
»Sauviechaa, Unglücksrabaa, weg da.«
Die Krähen beachteten mit geringem Interesse den priesterlichen Versuch, sie zu verscheuchen. Lediglich eins der schwarzen Tiere, dem etwas Schnurartiges aus dem Schnabel hing, war erschrocken hochgeflogen, um in Richtung des Pfarrhauses auf das sichere Dach zu fliehen. Der zweite Stein kam zum Einsatz, er verfehlte den fliehenden, schwarz Gefiederten nur um wenige Zentimeter. Vor Schreck ließ der große Vogel krächzend seine Beute auf den Kiesweg fallen.
Angewidert wollte Deodonatus die Mahlzeit der Krähe mit seinem schwarzen, glänzenden Schuh zur Seite kicken, als er wie versteinert in seiner Bewegung innehielt.
»Oh Jesus, Josef unda die heilige Mutta Mriaa, was ist auch des?«
Entsetzt schaute er auf das, was vor ihm im Kies lag. Ebenso entsetzt schaute das, was auf dem Kies lag. Es war ein Auge, ein menschliches Auge, an dem noch gelblich-weiß ein Stück vom Sehnerv hing.
Die Terrasse hinter dem Pfarrhaus grenzte direkt an den Friedhof. Deodonatus eilte den Kiesweg zur Mauer entlang und sah dann auch schon hinter einem großen Buchsbusch die Bescherung.
Die Kränze von Alt-Pfarrer Sütterles Grab lagen verstreut über den Weg und die angrenzenden Gräber. Dort, wo gestern noch der frische Erdhaufen über dem Sarg aufgebaut war, klaffte nun ein tiefes Loch. Der Sargdeckel lag verschmutzt und zerkratzt neben dem Erdhaufen. Der Sarg im Erdloch war leer. Im Grab stand die alte Holzleiter, die ihren Platz normalerweise neben den Grünabfällen hatte. Das Nachbargrab von Margot Kramer war ebenfalls geschändet. Jedoch waren hier lediglich die Kränze abgeräumt und ein kleiner Teil der Erde beiseite geschaufelt worden.
Deodonatus wurde bleich unter seiner schwarzen Haut, er ahnte, was jenseits der Mauer lag. Vorsichtig spähte er darüber. Der Anblick war entsetzlich. Einäugig und wächsern starrte ihn sein ehemaliger Kollege an, vorsichtig betastete Deodonatus sein lädiertes Auge, dann drehte er sich um, begann zu laufen und wimmerte: »Oh mein Gott, wann ista denn das endlich amal zu Ende?«
Er eilte zum Telefon und wählte die bekannte Nummer.
»Hallo, Dani, kannsta du sofort komma, ist was Schreckliches passiert! Das Grab vonna Alt-Pfarra Sütterle ist geschändet.«
–
»Was? Was? Cäci fehlt? Oh heilige Jungefrau Maria, was ista auch los in diesa Saukaff? Kommsta bitte schnell zu mir, bevor die Polizei da ist?«
Er legte auf, rief die Polizei an und lief ums Eck zum Alt-Mesner Kalner. Der war sofort zur Stelle und beruhigte den verstörten Pfarrer.
Erst gegen Morgen war ich in einen unruhigen Schlaf gefallen. Das Telefon befreite mich von einem unangenehmen Traum, an den ich mich aber nur vage erinnern konnte. Cäci war in diesem Traum in Not, sie wurde von schwarzen Vögeln bedroht, ich versuchte ihr zu helfen, aber meine Bewegungen konnte ich nur in Zeitlupe ausführen. Die Vögel wurden zu einem Vogel, es wäre ganz einfach gewesen ihn zu vertreiben, aber meine Hände wurden immer langsamer.
Deo war am Apparat.
»… Was, das Grab von Sütterle ist geschändet? Das gibt’s doch nicht. Aber das ist mir gerade ziemlich egal, Cäci ist seit der Beerdigung spurlos verschwunden.«
–
»Ja ich komme zu dir hoch,
Weitere Kostenlose Bücher