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Gott´sacker (Krimi-Edition)

Gott´sacker (Krimi-Edition)

Titel: Gott´sacker (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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dass es hieß, hier wäre früher der Schindanger gewesen. Hier seien die beerdigt worden, denen ein christliches Begräbnis verwehrt wurde. Aus diesen Gründen wurde das kleine Waldstück auch nie bewirtschaftet, es war ein kleines Stück Urwald. Es hieß auch in Stammtisch-Erzählungen, man dürfe keine Hunde zum Gassigehen hineinführen, sie würden dort verschwinden und abgeschlachtet. Es war ein begrenztes Areal – ein oberschwäbisches Tabu.
    Man redete selten über das Hagelloch. Mutige Kinder besuchten ab und zu das Waldstück und kamen desillusioniert wieder zurück. Es war nichts Besonderes. Manchmal trafen sich am Rande des Trichters Jugendliche zum Saufen, selten sah man dort auch nächtliche Liebespaare in ihren Autos.
    Der Mann lief weiter bis zum Rand des Waldes. Von dort aus ging er nach rechts am angrenzenden Acker entlang und wählte dann einen unscheinbaren Durchgang nach links. Er zwängte sich mit seinem Fahrzeug durch niedrige Hecken. Er folgte wenige Meter dem Wildpfad, den er immer nutzte, wenn er zu der Stelle ging. Von hier ab konnte er die Schubkarre nicht mehr einsetzen. Das Unterholz war oft zu dicht, viele Wurzeln verhinderten ein gutes Vorankommen und immer wieder lagen umgestürzte Bäume über dem Pfad, den er ging. Er hatte Spaten und Schaufel geschultert, die Spitzhacke würde er holen, wenn er sie tatsächlich benötigte. Aber die Erde an der Stelle war bestimmt noch nicht ausgetrocknet. Schon lange war er nicht mehr hier gewesen. Auf dem Weg zur Stelle kam ihm das Lied vom Luther Mate in den Sinn. Obwohl er mit den Wüstgläubigen nichts im Sinn hatte, gefiel ihm dieses Lied in einigen Strophen besonders gut. Mit fester Stimme hob er an, hier würde ihn keiner hören, nur ›es‹:

    »Aus tiefer Not schrei ich zu dir,
    Herr Gott, erhör mein Rufen.
    Dein gnädig Ohren kehr zu mir
    Und meiner Bitt sie öffnen.
    Denn so du willst das sehen an,
    Was Sünd und Unrecht ist getan,
    Wer kann, Herr, vor dir bleiben?«

    Die folgenden Strophen übersprang er, sie waren ihm nur noch bruchstückhaft in Erinnerung. Außerdem war er Katholik, deshalb ging es ihn sowieso nichts an, was dieser Mate Luther zu sagen hatte. Obwohl es ihm schon lange egal war, was katholisch oder evangelisch war. Deshalb begann er die letzte Strophe des Liedes in Anlehnung an ein ordinäres Sauflied, das er immer schon verachtet hatte:

    »Scheißegal, scheißegal;
    Ob katholisch oder evangelisch;
    Ob bei uns ist der Sünden viel,
    Bei Gott ist viel mehr Gnaden;
    Sein Hand zu helfen hat kein Ziel
    Wie groß auch sei der Schaden.
    Er ist allein der gute Hirt,
    Der Israel erlösen wird
    Aus seinen Sünden allen.«

    Singend war er an der Stelle angekommen. Trotz der langen Dürre war die Erde an diesem unheimlichen Ort tatsächlich immer noch feucht. Unter seinen Schritten gab sie leicht nach. Hier, an der tiefsten Stelle im Gehölz, gab es keine Buchen und Eichen mehr, hier standen, zum Teil krumm, flach wurzelnde Nadelhölzer und gaben dem Ort seinen düsteren Charakter. Auf dem Boden stand verschmutzt und schief das rotgläserne ewige Licht, das er vor Jahren hier aufgestellt hatte. Er schob es beiseite und fing zu graben an.
    Vorsichtig setzte er den Spaten in die weiche moorige Erde. Er war zufrieden, so würde seine Grabarbeit hier bald beendet sein. Doch dann kamen die Hindernisse, die flach wurzelnden Tannen hatten ihr unterirdisches Geflecht über den weichen Boden um den Stamm herum fingerartig ausgebreitet. Überall stieß er auf Wurzeln. Er versuchte, die teilweise armdicken Gebilde mit dem Spaten zu durchschlagen, er hatte keine Chance.
    »Herrgott Sakrament noch mal!«
    Fluchend ging er zurück zur Schubkarre und holte die Spitzhacke. Er schaute sicherheitshalber durch die Äste der den Wald begrenzenden Büsche hinaus zu den Feldern. Bis zum Ortsrand hin war niemand zu sehen. Die heiße Luft stand wie Seifenblasenwasser über den Feldern Riedhagens. Er legte sich das spitze Grabinstrument über die linke Schulter und stapfte wieder zurück zur Stelle. Er murmelte vor sich hin:

    »Das Kind, das war so krank und klein,
    der Pfaffe ist ein rechtes Schwein,
    die Margot schlag ich morgen tot,
    den Pfaff holt ich im Morgenrot.

    Das Schwesterlein, das Schwesterlein
    litt große Pein.
    Da kommt das Brüderlein daher,
    der Pfaff erzählt ihm eine Mär.
    Da hol ich mir die Schweine halt,
    verscharre sie im dunklen Wald.«

    Als er die Verse zu Ende gesprochen hatte, lachte er laut in den Wald

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