Gott´sacker (Krimi-Edition)
entziffern?«, fragte die Kommissarin aufgeregt.
Wir steckten die Köpfe zusammen, aber die Buchstaben waren auf der Fotografie nicht zu erkennen.
»Da bräuchte man das Original, dann hätte man eine Chance.«
Die Blonde zog ihr Handy aus der Tasche.
»Hallo, Herr Härmle.«
Sie erklärte ihrem Chef unsere Theorie ausführlich, schien aber während des Telefonates immer ärgerlicher zu werden.
»Was? Warum haben Sie mir nichts davon gesagt? – Was heißt hier ›zu vage‹, wenn die Leute aus dem Dorf hier selbst auf eine ähnliche Idee kommen?«
Sie durchschritt mit ihren langen Beinen energisch den Raum und fragte ihr Handy: »Konnten Sie die Namen unter dem Durchgestrichenen auf dem Original erkennen oder recherchieren?«
Sie drehte am Ende des Raumes zackig um, kam wieder auf uns zu und beendete ihr Gespräch: »Okay, rufen Sie mich bitte sofort an, wenn Sie die Namen herausbekommen haben. – Nein, Cäcilia hat sich immer noch nicht gemeldet und die Zeit ist schon lange abgelaufen. Vermutlich hat der Akku seinen Geist aufgegeben.«
Im Hintergrund schluchzte Frieda laut auf und putzte sich geräuschvoll die Nase, sie hatte sich zu diesem Zweck eine Rolle Klopapier auf den Schanktisch gestellt.
»Was ist los? Gibt es was Neues?«, fragte ich neugierig.
»Mein Chef arbeitet wohl an der gleichen Spur wie wir gerade. Er war jedoch völlig unsicher und hat mir leider nichts davon gesagt. Er wollte zuerst die Seiten persönlich in Augenschein nehmen, gerade versucht er, die Namen zu entziffern. Er ruft mich sofort an, wenn er sie leserlich machen konnte. Er hat schon einen Spezialisten für Dokumente bei sich. Die Seiten von 1962 seien für den Fall wahrscheinlich ohne Bedeutung.«
»Warum hat da Täta dann alle drei Bücha angezündet?«, fragte Deo.
Die Blonde betrachtete lange den Rosenkranz in Deos Händen, dann sprach sie langsam: »Vermutlich wollte er so verhindern, dass man herausbekommt, welches das richtige Buch ist. Er wollte sicher sein, dass wir ihm nicht auf die Spur kommen. Ein Feuer vernichtet nicht alle Spuren, aber doch sehr viele. Ohne die Bücher hätten wir gar nichts in der Hand oder doch sehr wenig.«
Ich nickte ihr zu und hinterfragte: »Oft existieren von solchen Dokumenten Abschriften oder Kopien, in denen man weiter recherchieren könnte.«
»Der Täter wollte vermutlich vermeiden, dass wir ihm zu schnell auf die Spur kommen.«
»Keiner von uns hatte doch nur annähernd geahnt, dass die Dokumente von Bedeutung für die Ermittlungen sein könnten.«
Ratlos schüttelte die hübsche Ermittlerin den Kopf.
»Warum ruft denn meine Kleine nicht an, das macht mich wahnsinnig«, weinte Frieda vom Ausschank her.
Wir warteten noch unzählige bange Minuten, die uns wie Stunden vorkamen, auf ein Lebenszeichen von Cäci und diskutierten, wer als Täter infrage kommen könnte. Doch alle Verdächtigungen schienen absurd. Ohne die unkenntlich gemachten Namen hatten wir keine Spur.
Dann klingelte das Handy der Kommissarin, ihr Chef hatte die Namen aus dem Dokument recherchieren können.
»Waas? Das ist ein Hammer, an den hätte ich zuletzt gedacht. Da schauen wir doch gleich mal nach, ob der mit der Sache was zu tun hat.«
23
Der Mann legte Trümmersteine der Kapelle auf die zugeschüttete Stelle. Er hatte seine Arbeit verrichtet. Nichts deutete auf das kleine Grab unter ihm hin. Endlich, nach so langer Zeit, konnte es in geheiligter Erde ruhen, hier an diesem sakralen Ort. Eigentlich hätte er es schon früher machen müssen, aber da hatte das Buch noch nicht so klar zu ihm gesprochen. Erst in den letzten Jahren waren die Hinweise eindeutiger geworden und die Stimmen lauter. Aus seiner Hosentasche zog er die kleine grüne Bibel, das Bändel hatte er schon zu Hause in die Seite mit der Textstelle gelegt. Es war das Buch Tobit. Er setzte sich auf einen der warmen Steine, die untergehende Sonne beschien durch das Seitenfenster das Textblatt:
› 2,7 Nach Sonnenuntergang ging ich hinaus, um ein Grab zu schaufeln, und begrub den Toten.
2,8 Meine Nachbarn aber sagten hämisch: Er hat schon gar keine Angst mehr, wegen dieser Tat hingerichtet zu werden. Eben erst hat er fliehen müssen, und schon begräbt er wieder die Toten.
2,9 Als ich ihn begraben hatte und in der Nacht nach Hause kam, legte ich mich an der Hofmauer zum Schlafen nieder, weil ich unrein geworden war. Mein Gesicht ließ ich unbedeckt,
2,10 ohne auf die Sperlinge zu achten, die in der Mauer nisteten. Da ließen die
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