Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
überlegte, um welche Zeit er wohl gestorben sein mochte. Wenn sie nur dort gewesen wäre, vielleicht hätte sie etwas tun können. Thomas hätte ihn sicherlich zu retten vermocht.
    Cassi starrte in die Dunkelheit unter ihren Lidern. Langsam tauchte die Erinnerung daran auf, wie Thomas in Roberts Zimmer gekommen war, was für ein Entsetzen sie im ersten Moment bei seinem Anblick gefühlt hatte. Thomas hatte gesagt, es wäre nicht schwer gewesen, sich zu denken, wo sie sein konnte, nachdem sie nicht schlafend in ihrem Bett gelegen hatte. Diese Erklärung war ihr in jenem Augenblick zufriedenstellend erschienen, aber jetzt fragte sie sich, warum Thomas sie ausgerechnet mitten in der Nacht besuchen wollte.
    Cassi versuchte sich vorzustellen, was Roberts Autopsie ergeben haben mochte, vor allem, ob er vielleicht auf eine ganz bestimmte Art gestorben war. Sie wollte nicht daran denken, aber sie fragte sich doch, ob er wohl zyanotisch gewesen war oder unter krampfhaften Zuckungen geendet hatte. Auf einmal begann sie zu fürchten, daß Robert womöglich ein Kandidat für seine eigene Studie gewesen wäre. Er hätte Fall Nummer zwanzig sein können. Was war, wenn es sich bei dem Menschen, der Robert als letzter lebendig gesehen hatte, um Thomas handelte? Was, wenn Thomas noch einmal zurückgegangen war, nachdem er Cassi in ihrem Zimmer abgeliefert hatte? Was, wenn die plötzliche Veränderung in dem Verhalten ihres Mannes gar nicht so unschuldig war, wie sie schien?
    Cassi fing an zu zittern. Sie wußte, daß diese Gedanken alle Anzeichen fortgeschrittener Paranoia aufwiesen, und sie wußte auch, wie sehr solche Wahnvorstellungen dazu neigten, sich zu verselbständigen. Sie war in letzter Zeit enormen Belastungen ausgesetzt gewesen und mit Medikamenten aller Art und in riesiger Dosierung traktiert worden – einschließlichder Schlaftabletten, die ihr Denkvermögen bereits zu beeinträchtigen begannen.
    Dennoch hörten die quälenden Gedanken nicht auf, in ihrem Kopf zu kreisen. Unfreiwillig wurde ihr klar, daß der erste PPT-Fall sich zu derselben Zeit ereignet hatte, als Thomas an die Klinik gekommen sein mußte. Sie fragte sich, ob einer der Todesfälle sich während der Nächte ereignet hatte, in denen Thomas in der Klinik geblieben war.
    Auf einmal wurde ihr klar, wie verletzlich sie in ihrer derzeitigen Lage war, allein in einem Einzelzimmer, an einer Infusionsflasche hängend, praktisch blind und vollgepumpt mit Beruhigungsmitteln. Wahrscheinlich würde sie es nicht einmal merken, wenn jemand den Raum betrat. Sie hatte nicht die geringste Möglichkeit, sich zu wehren.
    Sie dachte daran, um Hilfe zu schreien, war aber wie gelähmt vor Angst. Alles in ihr zog sich zusammen, bis sie sich wie ein Knoten vorkam. Sekunden verstrichen, dann Minuten. Endlich fiel ihr der Klingelknopf wieder ein. Millimeter für Millimeter schob sie ihre Hand in seine Richtung, wobei sie jeden Herzschlag damit rechnete, daß ihre Finger einen unbekannten Feind berührten. Als sie den Plastikknopf erreicht hatte, preßte sie ihren Daumen darauf und ließ ihn nicht wieder los.
    Niemand kam. Nach einer Ewigkeit nahm sie den Daumen vom Knopf, nur um ihn gleich darauf wieder zu drücken. Immer wieder. Sie flehte die Schwester an, sich zu beeilen. Jede Sekunde konnte etwas Schreckliches passieren.
    »Was ist los?« fragte die Schwester kurzangebunden und zog Cassis Hand vom Klingelknopf. »Sie brauchen bloß einmal zu klingeln, und wir kommen, so schnell wir können. Sie müssen daran denken, daß Sie nicht der einzige Patient auf der Station sind, und den meisten geht es weit schlechter als Ihnen.«
    »Ich möchte ein anderes Zimmer«, sagte Cassi. »Ich möchte wieder in die zweite Klasse.«
    »Frau Doktor«, sagte die Schwester erschöpft, »es ist mitten in der Nacht.«
    »Ich will nicht allein sein«, rief Cassi.
    »In Ordnung, beruhigen Sie sich, um Himmels willen. Sobald wir mit unseren Berichten fertig sind, werde ich sehen, was ich tun kann.«
    »Ich möchte mit meinem Arzt sprechen«, sagte Cassi.
    »Frau Doktor, Sie wissen doch, wie spät es ist, oder nicht?«
    »Das ist mir völlig egal. Ich will meinen Arzt sehen.«
    »Na gut, ich lasse ihn ausrufen, aber nur wenn Sie versprechen stillzuliegen.«
    Cassi ließ zu, daß die Schwester ihre Beine ergriff und sie ausstreckte. »So, jetzt geht es Ihnen doch bestimmt besser. Entspannen Sie sich, und ich rufe Dr. Obermeyer an.«
    Cassis Panik ebbte etwas ab. Ihr war klar, daß sie sich völlig

Weitere Kostenlose Bücher