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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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der Ader wollte er kein Risiko eingehen, deswegen auch die Pflaster. Er hat vorher selbst nicht damit gerechnet.«
    »Sie machen es mir nicht gerade leichter«, sagte Cassi.
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    Thomas blieb noch zehn Minuten, dann drückte er ihr die Hand und sagte, er müsse jetzt in die Praxis zurück und sie solle soviel schlafen wie möglich. Zu ihrer großen Überraschung nickte sie tatsächlich ein und erwachte erst spät am Nachmittag.
    »Cassi?« sagte jemand.
    Cassi zuckte zusammen, so unerwartet drang die Stimme aus nächster Nähe an ihr Ohr.
    »Ich bin’s – Joan. Entschuldigen Sie, wenn ich Sie geweckt habe.«
    »Macht nichts, Joan. Ich habe Sie bloß nicht hereinkommen hören.«
    »Man hat mir gesagt, die Operation sei komplikationslos verlaufen«, erzählte Joan und zog sich einen Stuhl ans Bett.
    »Anscheinend«, antwortete Cassi. »Allerdings wäre ich froh, wenn ich diese Pflaster nicht auf den Augen hätte.«
    »Cassi«, begann Joan. »Ich muß Ihnen etwas sagen. Ich habe den ganzen Nachmittag darüber nachgedacht, ob ich es Ihnen erzählen soll oder nicht.«
    »Worum geht es?« fragte Cassi besorgt. Ihr erster Gedankewar, daß einer ihrer Patienten sich umgebracht hätte. Selbstmord war eine Gefahr, mit der man auf Clarkson Zwei ständig rechnen mußte.
    »Nichts Gutes.«
    »Das habe ich schon am Klang Ihrer Stimme gemerkt.«
    »Glauben Sie, Sie können es jetzt schon verkraften? Oder soll ich warten?«
    »Sagen Sie mir schon, was los ist, sonst zerbreche ich mir nur die ganze Zeit den Kopf.«
    »Nun ja, es handelt sich um Robert Seibert.«
    Joan hielt inne. Sie konnte sich vorstellen, welche Wirkung die Nachricht auf ihre Freundin haben würde.
    »Was ist mit Robert?« fragte Cassi sofort. »Verdammt noch mal, Joan, spannen Sie mich nicht auf die Folter.« Ganz tief drinnen wußte sie bereits, was Joan ihr sagen wollte.
    »Robert ist gestern nacht gestorben«, sagte Joan. Sie beugte sich vor und griff nach Cassis Hand.
    Cassi lag reglos. Minuten verstrichen: fünf, zehn. Das einzige Lebenszeichen, das sie von sich gab, war ihr schwaches Atmen und die Kraft, mit der sie Joans Hand umklammert hielt. Es war, als klammerte sie sich auf diese Weise auch an ihr eigenes Leben. Joan wußte nicht, was sie sagen sollte. »Cassi, ist alles in Ordnung?« flüsterte sie schließlich.
    Auf Cassi wirkte die Nachricht wie ein Todesstoß. Sicher, jeder machte sich Sorgen, wenn er ins Krankenhaus kam, veranschlagte die Wahrscheinlichkeit zu sterben aber nicht höher als die Chance, im Lotto zu gewinnen, wenn man sich einen Schein ausfüllte. Sie bestand zwar, aber sie war so unendlich klein, daß es sich nicht lohnte, ernsthaft darüber nachzudenken.
    »Cassi, ist alles in Ordnung?« fragte Joan erneut.
    Cassi stöhnte. »Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    »Genaueres weiß man noch nicht«, sagte Joan, erleichtert, daß Cassi wieder sprach. »Ganz offenbar ist er im Schlaf gestorben. Wie eine Schwester mir erzählte, hat man bei der Autopsie entdeckt, daß er ein schweres Herzleiden hatte. Ich nehme an, er hat eine Herzattacke erlitten, bin aber nicht sicher.«
    »O Gott!« sagte Cassi.
    »Es tut mir leid, daß ich Ihnen so schlechte Neuigkeiten bringen mußte, aber ich hatte das Gefühl, Sie sollten es wissen. Ich an Ihrer Stelle hätte es jedenfalls wissen wollen.«
    »Er war so ein wunderbarer Mensch«, sagte Cassi. »Und der beste Freund, den man sich vorstellen kann.« Die Nachricht hatte sie so aus der Fassung gebracht, daß sie eine unendliche Leere verspürte.
    »Kann ich irgend etwas für Sie tun?« fragte Joan teilnahmsvoll.
    »Nein, danke.«
    Schweigen breitete sich aus. Joan fühlte sich ausgesprochen unwohl. »Sind Sie sicher, daß es Ihnen gut geht?« fragte sie.
    »Ja, danke.«
    »Möchten Sie darüber sprechen, wie Sie sich fühlen?«
    »Nicht jetzt«, sagte Cassi. »Im Augenblick fühle ich rein gar nichts.«
    Joan spürte, daß Cassi sich zurückgezogen hatte. Jetzt bereute sie es fast, ihrer Freundin reinen Wein eingeschenkt zu haben, aber was geschehen war, war geschehen. Eine Weile blieb sie noch neben dem Bett sitzen und hielt Cassis Hand. Dann verabschiedete sie sich und wünschte ihr eine gute Nacht.
    Auf dem Rückweg warf sie einen Blick ins Schwesternzimmer, um mit der Oberschwester zu sprechen. Sie sagte, sie hätte Cassi als Freundin und nicht als Ärztin besucht, aber sie hätte das Gefühl, darauf hinweisen zu müssen, daß Cassi außerordentlich deprimiert

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