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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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hämmern. Litt sie unter Wahnvorstellungen?
    »Wer ist da?« fragte sie mit belegter Stimme.
    Niemand antwortete.
    Cassi hob die rechte Hand und streckte sie über die linke Seite des Bettes hinaus. Niemand da. Sie tastete nach dem Pflaster, mit dem die Infusionsnadel in ihrem Arm festgehalten wurde. Rasch fuhr sie mit dem Zeigefinger an dem Schlauch hinauf und zog leicht daran. Es war genau dasselbe Gefühl wie vorher. Jemand hatte ihren Infusionsschlauch berührt!
    Cassi versuchte die in ihr aufsteigende Furcht zu bezwingen. Wo war der Klingelknopf? Ihre Finger strichen über die Nachttischplatte, berührten die Wasserkaraffe, das Telefon, das Wasserglas, aber keinen Klingelknopf. Er war nicht da! Sie bewegte ihre Hand schneller, wobei sie sich zunehmend verwundbar und isoliert fühlte. Der Klingelknopf blieb verschwunden.
    Cassi wurde überwältigt von der Kraft ihrer Einbildung, erstarrte zu Eis. Jemand war in ihrem Zimmer. Sie konnte seine Gegenwart spüren. Dann nahm sie einen vertrauten Geruch wahr. Ein Eau de toilette von Yves St. Laurent.
    »Thomas?« rief Cassi. Sie stützte sich auf den rechten Ellbogen und rief noch einmal: »Thomas?«
    Keine Antwort.
    Von einer Sekunde zur nächsten war sie in Schweiß gebadet. Ihr Herz, das schon vorher schneller geschlagen hatte, begann zu hämmern. Plötzlich wußte sie, was los war: ein Insulinschock!
    Verzweifelt versuchte sie, die Finger unter die Klebestreifen rund um den Adhäsionsverband zu schieben und sich die Pflaster von den Augen zu reißen. Sogar die linke Hand, die sie bisher wegen der Infusionsnadel stillgehalten hatte, zerrte und riß an den Bandagen.
    Cassi stieß einen erstickten Laut aus, den Ansatz zu einem mißglückten Schrei. Das Bett begann sich um sie zu drehen. Sie warf sich auf die Seite, gegen die Gitterstäbe. Wild um sichschlagend, suchte sie noch immer nach dem Klingelknopf. Statt dessen versetzte sie dem Nachttisch einen so heftigen Stoß, daß er umkippte. Telefon, Wasserkaraffe, Glas und Blumenvase, alles krachte zu Boden. Aber Cassi hörte es nicht. Ihr Körper zuckte im Würgegriff eines ausgewachsenen epileptischen Anfalls.
     
    Carol White, die diensthabende Oberschwester der Station, befand sich gerade im Medikamentenraum, um eine Infusionsflasche mit Antibiotika zu füllen, als sie in der Ferne das Klirren von zerbrechendem Glas hörte. Sie zögerte einen Moment, ehe sie den Kopf durch den Türrahmen steckte und mit Lenore Randall, einer der beiden anderen Nachtschwestern, einen fragenden Blick tauschte. Gemeinsam verließen die beiden Frauen das Schwesternzimmer, um nach dem Rechten zu sehen. Beide hatten die unangenehme Vermutung, daß jemand aus dem Bett gefallen sein müsse. Bereits nach wenigen Schritten hörten sie das Klirren von Cassis Bettgestell.
    Die beiden Frauen stürmten ins Zimmer. Cassi wurde immer noch von wilden Krämpfen geschüttelt. Ihre Arme schmetterten gegen die Gitterstäbe zu beiden Seiten des Betts.
    Carol, die darüber informiert war, daß Cassi an Diabetes litt, wußte sofort, was passiert war.
    »Lenore, schicken Sie einen Notruf raus und bringen Sie mir eine Ampulle mit fünfzigprozentiger Glukose, eine Fünfzigkubikzentimeter-Spritze und eine neue Infusionsflasche.«
    Miss Randall rannte aus dem Zimmer.
    In der Zwischenzeit gelang es Carol, Cassis Arme zwischen den Gitterstäben hervorzuziehen, ehe sie versuchte, ihr einen Zungendepressor zwischen die Zähne zu schieben, was sich aber als unmöglich herausstellte. Statt dessen drehte sie die rasch fließende intravenöse Ernährung ab und konzentrierte sich darauf, Cassi daran zu hindern, daß sie ihren Kopf immer wieder gegen das obere Ende des Betts schlug.
    Lenore kehrte zurück, und Carol tauschte umgehend die alte Infusionsflasche gegen die neue aus. Die alte legte sie beiseite, denn es war fast sicher, daß der behandelnde Arzt den Insulingehalt würde überprüfen wollen. Dann öffnete sie den Verschluß der neuen Flasche so weit wie möglich und zog die fünfzigprozentige Glukoselösung aus der Ampulle in die große Spritze. Als sie fertig war, zögerte sie einen Moment. Theoretisch hätte sie auf die Ankunft eines Arztes warten müssen, aber Carol hatte genügend kritische Situationen miterlebt, um zu wissen, daß unter den gegebenen Umständen Glukose als erstes ausprobiert werden sollte und daß man damit unter Garantie keinen Schaden anrichten konnte. Sie entschied sich für die Injektion. Die starke Transpiration auf Cassis Haut ließ

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