Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
auf einen schweren Insulinschock schließen.
    Sie stieß die Nadel in den Verschluß der IV-Flasche und drückte den Kolben hinunter. Noch bevor die letzten Kubikzentimeter aus der Spritze in die IV-Flüssigkeit gedrungen waren, zeichnete sich schon eine dramatische Reaktion ab. Cassi hörte auf zu zucken und schien das Bewußtsein wiederzuerlangen. Ihre Lippen öffneten sich, und es klang, als wollte sie etwas sagen.
    Aber die Besserung hielt nicht an. Cassi fiel wieder in Ohnmacht, und obwohl sie keine neuen Krämpfe erlitt, hörten die einzelnen Muskeln nicht auf zu zittern.
    Als der Notarzt eintraf, berichtete Carol ihm, was sie unternommen hatte. Er untersuchte Cassi und wandte sich dann an einen seiner Assistenten: »Zapfen Sie ihr Blut ab und nehmen Sie eine Elektrolyse vor – Calcium, Blutgase und Blutzucker.« Dann nickte er dem anderen Assistenten zu und sagte: »Sie führen ein EKG durch, und zwar schnell!« Schließlich deutete er auf Miss White. »Ich brauche noch eine Ampulle Glukose.«
    Während das Notarzt-Team mit der Arbeit begann, stellte Lenore den Nachttisch wieder richtig hin und kehrte die Scherben des zerbrochenen Wasserkrugs mit dem Fuß in eine Ecke.
    Dann schob sie die herausgerutschte Schublade wieder in ihre Schienen. Da erst bemerkte sie mehrere leere Insulinphiolen. Entsetzt reichte sie sie Carol, die sie an den Arzt weitergab.
    »Mein Gott«, sagte er, »sollte sie sich etwa mit verbundenen Augen ihr Insulin injizieren?«
    »Natürlich nicht«, erklärte Carol. »Sie bekam ihren Insulinbedarf intravenös zugeführt, entsprechend dem Zuckergehalt in ihrem Urin.«
    »Warum hat sie sich dann noch zusätzlich Insulin gespritzt?« fragte der Arzt.
    »Keine Ahnung«, gestand Carol. »Vielleicht war sie von all den Sedativa und Tabletten so verwirrt, daß sie es ganz mechanisch getan hat.«
    »Wäre sie denn dazu mit verbundenen Augen überhaupt in der Lage gewesen?«
    »Warum nicht? Immerhin macht sie das seit zwanzig Jahren zweimal am Tag. Möglicherweise hat sie die falsche Dosis erwischt, aber die Injektion als solche dürfte ihr keine Schwierigkeiten bereitet haben. Davon abgesehen wäre auch noch etwas anderes denkbar.«
    »Und zwar?«
    »Vielleicht hat sie es absichtlich gemacht. Sie war sehr deprimiert, und ihr Mann hat gesagt, sie benähme sich etwas seltsam. Ich nehme an, Sie wissen, wer ihr Mann ist?«
    Der Notarzt nickte. Der Gedanke an einen möglichen Selbstmord gefiel ihm ganz und gar nicht. Solche Fälle hatten ihm noch nie gefallen, schon gar nicht um drei Uhr morgens.
    Carol reichte ihm eine weitere Spritze, die sie während der Unterhaltung mit Glukose gefüllt hatte. Der Arzt injizierte Cassi den gesamten Inhalt, und wieder verbesserte sich Cassis Befinden für ein paar Minuten, ehe sie neuerlich das Bewußtsein verlor.
    »Wer ist der behandelnde Arzt?« fragte der Notarzt und griff nach einer dritten Spritze mit Glukose.
    »Dr. Obermeyer, Augenklinik.«
    »Rufen Sie ihn an«, sagte der Arzt. »Ich möchte mir nicht gern allein die Finger verbrennen.«
     
    Das Telefon klingelte ausdauernd, ehe Thomas benommen die Hand ausstreckte und den Hörer abnahm. Er hatte zwei Percodan geschluckt und sich in seiner Praxis hingelegt, um ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.
    »Sie sind aber schwer aufzuwecken«, sagte die Telefonistin der Klinikzentrale gutgelaunt. »Dr. Obermeyer hat für Sie angerufen und wollte sofort durchgestellt werden, aber ich habe ihm gesagt, daß mir genaue Anweisungen vorliegen. Wollen Sie seine Nummer haben?«
    »Ja!« Thomas suchte nach Papier und Bleistift.
    Die Telefonistin gab ihm die Nummer. Er begann zu wählen, hielt dann jedoch inne. Besorgt warf er einen Blick auf die Uhr. Um diese Zeit konnte es sich nur um Cassi handeln. Er ging in den Waschraum und spritzte sich Wasser ins Gesicht, bis er das Gefühl hatte, etwas klarer denken zu können. Dann wählte er zum zweitenmal.
    »Thomas, es hat sich eine Komplikation ergeben«, sagte Dr. Obermeyer.
    »Eine Komplikation?« fragte Thomas.
    »Ja«, sagte Dr. Obermeyer. »Cassi hat sich selbst eine Überdosis Insulin injiziert.«
    »Wie geht es ihr jetzt?« fragte Thomas.
    »Sie hat sich wieder einigermaßen erholt.«
    Thomas war sprachlos.
    »Ich weiß, was für ein Schock das für Sie sein muß«, fuhr Dr. Obermeyer fort, »aber es wird ihr bald wieder gut gehen. Dr. McInery, ihr Internist, ist hier, und dank der schnellen Reaktion der diensthabenden Schwester ist noch mal alles glattgegangen. Trotzdem

Weitere Kostenlose Bücher