Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
auf der Intensivstation gehabt hatte. Der Unterschied bestand lediglich darin, daß sie sich diesmal mit absoluter Klarheit an alles erinnerte, was in der vergangenen Nacht geschehen war. Nachdem sie das Essex General verlassen hatte, war sie ins Boston gefahren, weil sie glaubte, sich mit Dr. McInery in Verbindung setzen zu müssen. Aber als sie im Boston Memorial eingetroffen war, hatte sie das Gefühl, daß es ihr schon wieder besser ging. Sie zog sich in einen leeren Bereitschaftsraum auf Clarkson Zwei zurück und legte sich auf eine der gepolsterten Pritschen, denn sie brauchte Schlaf, bevor sie der Wahrheit ins Auge sehen konnte.
    Während sie einschlief, wußte sie, daß sie jemand finden mußte, mit dem sie über Thomas sprechen konnte. Hatte er bei dem Insulinschock seine Finger im Spiel gehabt? Sie konnte sich nicht vorstellen, wie, denn schließlich hatte sie selbst sich ihre reguläre Dosis gegeben. Aber die Tatsache, daß alle Telefone mit Ausnahme von Patricias gestört waren, schien zu genau ins Spiel zu passen, um Zufall zu sein, und ihr Wagen hatte sie bisher noch nie im Stich gelassen. Was war, wenn ihre Befürchtungen bezüglich Thomas’ und der PPT-Fälle der Wahrheit entsprachen? Was, wenn sie nicht halluziniert hatte und er tatsächlich für Roberts Tod verantwortlich war?
    Wenn ja, dann mußte er krank sein, geistig krank. Und brauchte Hilfe. Dr. Ballantine hatte gesagt, er würde tun, was er könnte, wenn Thomas einmal Rat und Unterstützung brauchen sollte. Cassi beschloß, ihm am Morgen einen Besuch abzustatten. Im Moment war sie hier in Sicherheit.
    Sie unterzog ihren Urin noch einer letzten Prüfung, dann beschloß sie, schlafen zu gehen. Patricia wartete hoffentlich bis morgen früh, ehe sie Thomas alarmierte.
    Als sie aufwachte, war es draußen noch dunkel, und die Korridore der Psychiatrie lagen verlassen da. Sie wusch sich, soweit die Umstände es zuließen, dann lief sie hinunter ins Labor und versuchte, einen schläfrigen Labortechniker dazu zu bringen, daß er ihr etwas Blut für einen Blutzuckertest abnahm. Der Techniker weigerte sich, weil Cassi ihren Hospitalausweis nicht bei sich hatte; also nahm sie sich das Blut selbst ab, denn sie war nicht in der Stimmung zu streiten. Sie ließ ihm die Probe da und sagte, sie käme später wieder. In der Zwischenzeit solle er tun oder lassen, was sein Gewissen ihm befehle. Anschließend begab sie sich zu Ballantines Büro und setzte sich auf eine Bank gegenüber der Tür.
    Anderthalb Stunden verstrichen, bevor Ballantine erschien. Als sie ihn den Gang herunterkommen sah, stand sie auf. »Ich würde gern mit Ihnen sprechen«, sagte sie.
    »Natürlich«, sagte Dr. Ballantine und sperrte die Tür auf. »Treten Sie ein.« Er benahm sich, als hätte er sie erwartet.
    Cassi betrat das Büro und blickte dabei aus dem Fenster, um dem Direktor nicht in die Augen sehen zu müssen. In der Ferne schimmerte der Charles River im metallischen Licht des Wintermorgens. Sie hatte den Eindruck, daß Dr. Ballantine durch ihren Besuch beunruhigt war, obwohl sie sich nicht vorstellen konnte, warum.
    »Nun, was kann ich für Sie tun?« fragte er.
    »Ich brauche Hilfe«, sagte Cassi. Ballantine stand vor seinem Schreibtisch, ohne sich zu setzen. Er gab ihr nicht gerade das Gefühl, willkommen zu sein, aber sie wußte nicht, zu wem sie sonst gehen sollte.
    »Und welche Art Hilfe brauchen Sie?« fragte Dr. Ballantine.
    »Ich bin nicht ganz sicher«, antwortete Cassi langsam. »Aber vor allem anderen muß ich Thomas dazu bringen, daß er sich einer Therapie unterzieht. Ich weiß, daß er tablettensüchtig ist.«
    »Cassi«, sagte Ballantine geduldig. »Nach unserem letzten Gespräch habe ich mir die Rezeptliste Ihres Mannes angesehen. Wenn überhaupt, dann verschreibt er Narkotika eher zu vorsichtig als zu leichtsinnig.«
    »Er besorgt sich die Pillen nicht unter seinem eigenen Namen«, sagte Cassi. »Aber die Drogen sind nur ein Teil der Geschichte. Ich glaube, daß Thomas krank ist. Geistig krank. Ich weiß, ich bin noch nicht lange in der Psychiatrie, aber Thomas ist definitiv krank. Ich fürchte, er betrachtet mich als Bedrohung.«
    Ballantine reagierte nicht sofort. Er musterte Cassi mit Erstaunen und, zum erstenmal seit Beginn der Unterhaltung, mit Besorgnis. Seine Miene wurde weich, und er legte ihr einen Arm um die Schulter. »Ich weiß, daß Sie in letzter Zeit großen Belastungen ausgesetzt gewesen sind. Und ich glaube, das Problem überschreitet inzwischen

Weitere Kostenlose Bücher