Gottspieler
recht, das Memorial wäre keine gute Idee, dann könnten wir es gleich an die große Glocke hängen. Thomas, solange du einverstanden bist, dich ärztlich betreuen zu lassen, stehe ich auf deiner Seite. Schließlich bin ich deine Frau.«
Thomas riß sie in seine Arme und preßte sein feuchtes Gesicht gegen ihren Hals. Cassi drückte ihn fest an sich. »In Weston gibt es eine kleine psychiatrische Klinik«, sagte sie. »Das Vickers-Institut für angewandte Psychiatrie. Ich bin der Meinung, das sollten wir nehmen.«
Thomas nickte schweigend.
»Tatsächlich finde ich sogar, wir sollten jetzt gleich hinfahren. Noch heute vormittag.« Cassi schob ihn von sich, um ihm ins Gesicht sehen zu können.
Thomas hielt ihrem Blick stand. Seine Augen schienen wie bewölkt von Schmerz. »Ich tue alles, was du für richtig hältst, alles, um endlich dieser Angst Herr zu werden. Ich kann einfach nicht mehr.«
Die Ärztin in Cassi ließ alle ihre Reserven dahinschmelzen. »Thomas, du hast in letzter Zeit zuviel von dir verlangt. Der Erfolg ist dir so wichtig geworden, daß der Sieg als solcher dir mehr bedeutet hat als das Ziel. Ich glaube, das ist für einen Arzt, besonders für einen Chirurgen, nichts Ungewöhnliches. Du darfst nicht das Gefühl haben, du wärst der einzige mit diesem Problem.«
Thomas versuchte zu lächeln. »Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe, was du meinst, aber solange du mich nicht verläßt, spielt das auch keine Rolle.«
»Ich wünschte nur, ich hätte früher begriffen.«
Cassi zog ihn erneut in ihre Arme. Sie hatte ihren Ehemann wieder, das war alles, was zählte. Natürlich würde sie zu ihm stehen. Sie wußte besser als jeder andere, was es hieß, krank zu sein.
»Alles wird gut werden«, sagte sie. »Wir besorgen dir die besten Ärzte, die besten Psychiater. Ich habe über Fälle wie deinen gelesen. Die Rehabilitationsrate liegt fast bei hundert Prozent. Man muß nur den Willen haben, wieder gesund zu werden.«
»Den habe ich«, sagte Thomas.
»Dann laß uns gehen«, sagte Cassi und nahm seine Hand.
Wie Jungverliebte gingen Cassi und Thomas Arm in Arm im frühen Morgenlicht zur Garage, ohne sich um die Menschenmenge zu kümmern, die bereits ins Boston Memorial strömte. Als sie im Wagen saßen, fragte Cassi Thomas, ob er sich gut genug fühle, um zu fahren. Thomas versicherte ihr, alles sei in Ordnung. Cassi schnallte sich an und war wie üblich versucht, ihn aufzufordern, seinen Gurt ebenfalls anzulegen, entschied sich aber dagegen. Sie hatte das Gefühl, daß seine Stimmung beim kleinsten Anlaß umschlagen und seiner alten Gereiztheit Platz machen konnte. Thomas startete den Wagen und manövrierte ihn vorsichtigvon seinem Stellplatz. Nachdem sie das automatische Tor passiert hatten, erkundigte Cassi sich, wie Dr. Ballantine Thomas so schnell gefunden hatte.
»Ich habe ihn gestern nacht angerufen, als ich dich nicht finden konnte«, sagte Thomas und hielt an einer roten Ampel. »Ich hatte das Gefühl, daß du vielleicht Kontakt mit ihm aufnehmen würdest, und habe ihn gebeten, mich in meinem Büro anzurufen, wenn er etwas von dir hörte.«
»Kam ihm das nicht etwas seltsam vor? Was genau hast du gesagt?«
Die Ampel wurde grün, und Thomas gab Gas. Sie fuhren in Richtung Storrow Drive. »Ich habe ihm lediglich gesagt, daß du schon wieder einen Insulinschock erlitten hättest.«
Cassi überlegte, wie sie sich verhalten hatte und daß ihr Betragen wohl wirklich etwas irrational gewirkt haben mußte, besonders da sie sich gegen jede Vernunft und gegen Anweisung des Arztes selbst aus dem Essex General entlassen hatte, kaum daß ihr Zustand wieder halbwegs stabil gewesen war. Und anschließend hatte sie sich auch noch versteckt.
Wie sonst auch, fuhr Thomas rücksichtslos und schnell. Als sie den Storrow Drive erreichten, wappnete Cassi sich schon für die scharfe Linkskurve, die in Richtung Weston führte. Doch statt dessen schwang Thomas das Lenkrad nach rechts herum, und sie mußte sich am Armaturenbrett festhalten, um nicht gegen ihn zu fallen.
»Thomas«, rief sie. »Das ist ja der Weg nach Hause, nicht nach Weston.«
Thomas antwortete nicht.
Cassi warf ihm einen erstaunten Blick zu. Er umklammerte das Steuer, als wollte er es zerbrechen, und die Tachonadel kletterte unaufhörlich. Cassi legte ihm die Hand in den Nacken und begann die starren Muskelstränge zu massieren, damit er sich entspannte. Sie konnte spüren, wie er in Rage geriet.
»Thomas, was ist denn?« fragte sie und
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