Gottspieler
erst erscheint, wirst du froh sein, dich in die Urheberschaft nicht mit einem Psychiater teilen zu müssen.«
»Ich hatte gehofft, diese Untersuchung könnte dich dazu verleiten, häufiger hier heraufzukommen.«
»Sei doch nicht albern«, meinte Cassi. »Ich komme dich auch so besuchen, besonders, wenn du einen neuen PPT-Fall hast.«
»Gehen wir, Cassi?« rief Jerry ungeduldig und hielt die Tür mit dem Fuß offen.
Cassi gab Robert einen flüchtigen Kuß auf die Wange und lief aus dem Raum. Jerry versuchte ihr einen spielerischen Schlag auf den Allerwertesten zu versetzen, als sie an ihm vorbeihuschte, aber sie war schneller. Lachend zog sie kurz, aber kräftig an seinem Schlips.
»Wo ist denn deine Freundin geblieben?« fragte Jerry, als sie den Hauptraum der Pathologie durchquerten. Er nestelte noch immer an seiner verrutschten Krawatte.
»Wahrscheinlich in Roberts Büro. Sie sagte, sie müßte sichdringend hinsetzen. Ich glaube, die Autopsie war etwas viel für sie.«
Joan hatte sich mit geschlossenen Augen ausgeruht. Als sie Cassi hörte, kam sie unsicher auf die Füße. »Nun, was habt ihr herausgefunden?«
»Nicht viel«, antwortete Cassi. »Alles in Ordnung mit Ihnen, Joan?«
»Mein Stolz ist tödlich verletzt, sonst geht’s mir bestens. Was mußte ich mir auch eine Autopsie ansehen!«
»Es tut mir schrecklich leid …«, begann Cassi.
»Seien Sie nicht albern«, unterbrach Joan sie. »Schließlich bin ich freiwillig mitgekommen. Aber ich würde genauso gern wieder gehen, wenn Sie soweit sind.«
Sie marschierten zu den Fahrstühlen, wo Jerry beschloß, die Treppe zu nehmen, da es nur vier Stockwerke bis zu den Krankenstationen waren. Er winkte ihnen zu und verschwand dann im Treppenhaus.
»Joan, es tut mir wirklich leid, daß ich Sie dazu gezwungen habe, mich hierher zu begleiten«, sagte Cassi noch einmal. »Ich habe mich während meiner Zeit in der Pathologie so an Autopsien gewöhnt, daß ich ganz vergessen hatte, wie schrecklich sie sein können. Ich hoffe, es hat Ihnen nicht allzuviel ausgemacht.«
»Sie haben mich nicht gezwungen«, sagte Joan. »Davon abgesehen ist meine Zimperlichkeit allein mein Problem, nicht Ihres. Die Sache ist mir schlicht und einfach peinlich. Man sollte doch annehmen, daß ich im Laufe meiner Karriere gelernt hätte, sie zu überwinden. Wie auch immer, am besten hätte ich es von vornherein zugegeben und in Roberts Büro auf euch gewartet, statt mich wie ein Idiot zu benehmen. Ich weiß selbst nicht, was ich eigentlich beweisen wollte.«
»Am Anfang waren Autopsien für mich auch nicht immer einfach«, sagte Cassi, »aber mit der Zeit ging’s dann. Es ist erstaunlich, an was man sich alles gewöhnen kann, wenn man eslang genug tut, vor allem, wenn man es intellektuell erst verarbeitet hat.«
»Sicherlich«, sagte Joan, darauf erpicht, das Thema zu wechseln. »Übrigens, Ihre männlichen Bekannten scheinen ja ein beträchtliches Spektrum zu umfassen. Dieser Jerry Donovan, ist der eigentlich noch zu haben?«
»Ich glaub schon«, sagte Cassi und drückte noch einmal auf den Fahrstuhlknopf. »Während des Physikums war er noch verheiratet, aber später hat er sich dann scheiden lassen.«
»Davon habe ich gehört«, sagte Joan.
»Ich habe keine Ahnung, ob er ein festes Verhältnis hat«, sagte Cassi, »aber ich kann’s gern herausfinden. Wären Sie interessiert?«
»Wenn man ihn dazu bringen könnte, sein Macho-Medizinmann-Gehabe abzulegen, hätte ich nichts dagegen, mal mit ihm essen zu gehen.«
Cassi lachte. »Ich verstehe, was Sie meinen.«
»Und Robert?« Joan dämpfte ihre Stimme, als sie in den Aufzug traten. »Ist er schwul?«
»Ich nehme es an«, sagte Cassi. »Allerdings haben wir nie darüber gesprochen. Wir waren von Anfang an so gute Freunde, daß es nie eine Rolle gespielt hat. Während des Physikums hat er jeden meiner männlichen Freunde einer genauen Prüfung unterworfen, und bis ich meinen Mann kennenlernte, habe ich auch immer auf ihn gehört, weil er sich nie irrte. Er muß ziemlich eifersüchtig auf Thomas gewesen sein, weil er ihn nie leiden konnte.«
»Ist das jetzt immer noch so?« wollte Joan wissen.
»Keine Ahnung«, sagte Cassi. »Darüber haben wir uns nämlich auch nie unterhalten.«
2
»Der Patient wartet auf Sie in Herzkatheterraum drei«, sagte die Röntgenassistentin. Sie kam gar nicht erst ins Büro, sondern streckte nur ihren Kopf durch die Tür. Als sich Dr. Joseph Riggin umdrehte, war sie bereits wieder
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