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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Auge.
    Ballantine leierte ein Detail nach dem anderen herunter, viel zu viele, als daß man Lust gehabt hätte, ihm zu folgen. Dem Chirurgen neben Thomas fiel das Kinn herunter, und sein tiefes, regelmäßiges Atmen mußte bis zum Podium zu hören sein. Endlich kam Ballantine zum Ende und sagte: »Mr. Wilkinson erholte sich außerordentlich gut, bis zu der Nacht, dieauf den vierten postoperativen Tag folgte. In jener Nacht starb er.«
    Ballantine blickte von seinen Papieren auf. Im Gegensatz zu dem Ausdruck, den sein Gesicht getragen hatte, als über den vorangegangenen Fall diskutiert worden war, zeigte er jetzt eine geradezu herausfordernde Miene, wie um zu sagen: »Jetzt versucht mal, hier auch einen Kunstfehler zu finden.«
    Ein schlanker, gutgekleideter Pathologe erhob sich von seinem Platz in der ersten Reihe und trat hinter das Podium. Nervös justierte er das kleine Mikrophon und beugte sich darüber, weil er wohl glaubte, direkt hineinsprechen zu müssen. Ein schrilles elektronisches Pfeifen war die Folge, und er zuckte mit einer entschuldigenden Geste zurück.
    Jetzt erkannte Thomas den Mann. Es war Cassis Freund Robert Seibert.
    Kaum hatte Robert begonnen, die Ergebnisse der Autopsie vorzutragen, war seine Nervosität spurlos verschwunden. Er war ein guter Redner, besonders im Vergleich zu Ballantine, und er hatte sein Material so gegliedert, daß nur die signifikanten Punkte herausgehoben werden mußten. Er führte eine Reihe von Dias vor und wies darauf hin, daß sich in Wilkinsons Luftröhre keinerlei Verstopfung gefunden hatte, obwohl der Patient zum Zeitpunkt seines Todes tiefblau angelaufen sein sollte. Als nächstes zeigte er eine Mikrofotografie, aus der hervorging, daß es im Lungenbereich keinerlei alveolare Probleme gegeben hatte. Auch eine Lungenembolie lag nicht vor, wie eine weitere Reihe von Dias erkennen ließ. Noch mehr Mikrofotografien zeigten, daß es keinen Beweis für eine abnorme Drucksteigerung in der linken oder rechten Arterie kurz vor dem Exitus gegeben hatte. Anschließend gab es eine letzte Serie von Bildern, die bewiesen, daß alle Nähte fachgerecht angelegt worden waren und auch keinerlei Anzeichen auf eine unbemerkte Infarzierung des Herzmuskels oder eine erst kurz zurückliegende Herzattacke hindeuteten.
    Die Lichter wurden wieder angeschaltet.
    »All dies zeigt …«, sagte Robert und legte eine Pause ein, als arbeitete er auf einen Effekt hin, »daß in diesem Fall nicht die geringste Todesursache vorlag.«
    Das Publikum reagierte mit Überraschung. Eine solche Äußerung hatte niemand erwartet. Es gab sogar ein paar Lacher sowie die Frage eines Orthopäden, ob es sich um einen dieser Fälle gehandelt hätte, die in der Leichenhalle wieder zum Leben erwacht seien, was noch mehr Gelächter hervorrief. Robert grinste.
    »Wahrscheinlich ein Schlaganfall«, sagte jemand hinter Thomas.
    »Kein schlechter Gedanke«, meinte Robert. »Ein Schlaganfall, der die Atmung zum Stillstand gebracht hat, während das Herz weiterhin Blut ohne Sauerstoff pumpte. Das würde eine starke Zyanose zur Folge haben, aber es hätte auch eine Schädigung des Hirnstamms mit sich gebracht. Wir haben das gesamte Gehirn Millimeter für Millimeter abgesucht und nichts gefunden.«
    Das Publikum lauschte jetzt schweigend.
    Robert wartete auf weitere Kommentare, aber es kamen keine mehr. Darauf beugte er sich vor und sagte direkt ins Mikro: »Mit Ihrer Erlaubnis möchte ich Ihnen gern noch ein Dia zeigen.«
    Geschickt hatte er das Publikum in seinen Bann gezogen. Thomas ahnte plötzlich, was jetzt kommen würde.
    Robert löschte das Licht und schaltete den Projektor ein. Das Dia zeigte eine Zusammenstellung der Daten von siebzehn verschiedenen Fällen: Alter, Geschlecht und Krankengeschichte.
    »Ich interessiere mich bereits seit einiger Zeit für Fälle wie Mr. Wilkinson«, sagte Robert. »Wie Sie erkennen können, handelt es sich nicht um einen isoliert zu sehenden Exitus. Allein während der letzten anderthalb Jahre habe ich selbst mitvier solcher Fälle zu tun gehabt. Als ich im Archiv nachzuforschen begann, bin ich auf dreizehn weitere Fälle in den letzten zehn Jahren gestoßen. Es wird Ihnen aufgefallen sein, daß jeder der hier Aufgeführten sich einem Eingriff am Herzen unterzogen hatte. In keinem der Fälle konnte eine konkrete Todesursache gefunden werden. Ich habe dieses Syndrom PPT genannt, Plötzlicher Postoperativer Tod.«
    Die Lichter gingen wieder an.
    Ballantines Gesicht war dunkelrot

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