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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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gebrüllt: ›Yoptoyoumatj!‹ und ist gesprungen wie ein junges Kalb. Die Araber haben Fäden gezogen… Und dann ischt es still geworden, und wir haben eine Autohupe gehört. Der Zahlungsoffizier ist gemütlich vorbeigefahren. Ischt das nicht eine Schande? Bei der Hitze haben wir uns so anstrengen müssen, um dem sein dreckiges Geld zu retten. Aber du, Schilasky, erzähl, wie der Todd verwundet worden ist…«
    Wispern: »Der Todd…« – »Todd…« – »tot…« Dann Stille. Regungslos liegen die Körper auf den dünnen Matratzen. Keiner lacht. Es ist, als hielten sie alle den Atem an. Dann raschelt Schilaskys Matratze, der Mann setzt sich auf, zieht die Beine an, seine Arme umschlingen die Knie, und er läßt seinen Blick wandern über die Kameraden, die ihn umgeben.
    Patschuli ist da und Peschke, aneinandergeschmiegt auf der gleichen Matratze, und dort, an die Mauer gelehnt, hockt der alte Kainz. Neben ihm, auf dem Bauch, liegt der Bäcker Frank. Und auf der Türschwelle der Baracke, ein offenes Notizbüchlein in der Linken, einen scharfgespitzten Bleistift in der Rechten, sitzt Koribout, der Dichter mit dem gescheitelten Bart. Er ist der einzige, der vollständig angekleidet ist: Gelbe Khakiuniform, die graue Flanellbinde faltenlos um die Hüften geschlungen, elegante Schnürschuhe und vorschriftsmäßig gewickelte Wadenbinden. Sein Tropenhelm ist frisch geweißt, das Sturmband versteckt sich hinter seinem Bart. Weiter wandert Schilaskys Blick, ruht einen Augenblick auf Kraschinsky, flieht dann, um an Clemans Nase hängen zu bleiben, senkt sich endlich. Schilasky seufzt. Er denkt an den Abend jenes Marschtages, er denkt an den Todd, und leise beginnt er zu sprechen:
    »Ihr wißt, daß die Mitrailleusensektion Avantgarde war… Wie wir aufbrachen, war's noch finster. Der Leutnant ritt voraus und sah böse drein. In der ersten Pause riß bei einem Lasttier der Riemen, und die Hotchkiss fiel zu Boden. Der Weibel mußte allein wieder laden. Aber wie's dann hell wurde – bei der zweiten Pause – und der Weibel dem Leutnant Meldung machte – mußte Koribout nachschauen gehen…«
    »Es hat gefehlt ein Bolzen vom Dreifuß…«, klang es von der Türe her. Schilasky nickte; dann fuhr er fort:
    »Lartigue schickte den Todd und mich zurück, um den Bolzen zu suchen. Wir liefen die ganze Zeit gebückt, und der Rücken tat uns weh. Schließlich haben wir den Bolzen gefunden und sind zurückgelaufen. Die Sektion war weit voraus – und wir zwei allein. Die Piste ging zwischen zwei hohen Felswänden durch, und immer wieder rollten Steine herab. ›Das gefällt mir nicht‹, meinte der Todd. Ich hab geschwiegen. ›Na‹, sagte der Todd weiter, ›auf uns haben sie's wohl nicht abgesehen, wir haben kein Geld – höchstens unsere Gewehre könnten die Bicots noch interessieren…‹ Endlich haben wir die Sektion erreicht und ich hab dem Leutnant gemeldet, daß wir den Bolzen wieder gefunden haben. ›Habt ihr sonst nichts Verdächtiges bemerkt?‹ fragt der Lartigue. Da erzählt der Todd von den Steinen, die von den Hängen gerollt sind, und der Leutnant verzieht das Gesicht. Dann meint er, wir hätten noch Zeit zum Casse-croûte. So hat die ganze Sektion gehalten, und wir haben unsern Speck verzehrt. Dann zieht der Lartigue aus seiner Satteltasche sechs Pakete Zigaretten und verteilt sie unter uns. Anständig, was?…«
    Kraschinskys Kopf hob sich von der Matratze, seine Locken glänzten speckig wie falsches Gold, er räusperte sich, blies den Schleim durch die gespitzten Lippen, wie durch ein kurzes Blasrohr, und meckerte dann:
    »Ich weiß wahrhaftig nicht, warum ihr alle vor diesem Leutnant auf dem Bauch liegt; natürlich, er verteilt Zigaretten, und ihr Schafsköpfe glaubt, er tue dies aus Liebe zu euch… Nein! Angst hat er um seine Haut, weiter nichts, der hohe Herr, und er denkt: Wenn ich meine Leute nicht anständig behandle, so knallen sie mich hinterrücks nieder… Unser Farny hat gewußt, warum er immer hinten geblieben ist, der Leuteschinder; wenn der mir vor die Mündung gekommen wäre, der würde heut nicht mehr mit dem Pausanker…« »Erzähl' weiter, Schilasky, und mach keinen Schmuh mit'm Edelmut von die Offiziere…«
    »Ach, Berliner!« Schilaskys Stimme war verächtlich. »Du hast immer ein großes Maul, wenn die Offiziere nicht da sind und kriechst, wenn du einen von weitem siehst. Du hast doch den Hitzig beim Chef angegeben, wie er im Magazin eine Krawatte geklaut hat. Weißt du, mit dir will ich

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