Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
Vom Netzwerk:
Ganz unten in der Satteltasche hat er eine Büchse gehabt, in der war eine Art braune Konfitüre, die riecht stark nach Gewürzen. Mit der Messerspitze holt er ein wenig von dieser Konfitüre aus der Büchse, knetet eine Kugel aus der Masse – oh, sie war nicht groß, die Kugel, wie der Nagel von meinem kleinen Finger. ›Du mußt schlucken diss!‹ sagt der Leutnant zum Todd. Und der schluckt gehorsam. ›Was ist das, mon lieutnant?‹ frage ich. ›Psch!‹ macht der Lartigue und legt einen Finger auf die Lippen…«
    »Und du Trottel hast natürlich nicht gewußt«, keifte Kraschinsky, »daß der Lartigue ein Opiumraucher ist. Na, ich sag's ja…« Das heisere Lachen dauerte nicht lange. Es klatschte. Und dann sah Koribout ein sonderbares Schattenspiel: Über das Dach der Baracke, die vor ihm liegt, kriecht langsam der Mond. In seinem Scheinwerferlicht steht eine flache Scheibenfigur regungslos; krumm springt die Nase vor und berührt mit ihrer Spitze fast das Kinn. Ein ausgestreckter Arm geht über in den Hals einer zweiten Figur, die mit Armen und Beinen schlenkert wie eine Marionette. Korporal Cleman hält Kraschinsky im Nacken fest. Er schüttelt den Widersacher nicht, er hält ihn nur mit einer Hand; dann wirft er ihn mit einem Schwung auf die Matratze zurück.
    »So wollen wir nicht auseinandergehen«, flötete Patschuli. »Nein – so nicht. Legt euch wieder alle hin. Ich will euch von Atchana erzählen, wo wir Kalk gebrannt haben, während ihr so tapfer gekämpft habt… Ihr wißt ja, einer hat sich dort umgebracht, der kleine Schneider. Im Fieber wahrscheinlich. Der arme Kerl… Hat in der Sommeschlacht gekämpft, hat das Eiserne Kreuz gehabt und ist verreckt – wie soll man's anders nennen? In einem alten Sack haben sie ihn verscharrt. Der Adjutant stand an seinem Grab, und eine Erdscholle blieb an seinem Stiefelabsatz kleben… ›Merde!‹ sagte er und schleuderte unwillig den Fuß nach vorne… Das war Schneiders Sterbelied.«
    Einer nach dem andern nahm seine Matratze und verschwand durch die Tür der Baracke – Cleman zuerst, dann Pfister; die andern folgten. Schließlich blieb nur Schilasky zurück, und keiner seiner Kameraden wußte, warum er blieb… Weil er Kraschinsky nicht das Feld räumen wollte? – Weil Patschuli auf seiner Matratze hockte? – Dies war wohl kaum der Grund. Schilasky saß noch immer in der gleichen Stellung da, wie zu Beginn seiner Erzählung, die Knie ans Kinn gezogen, die Arme um die Schienbeine geschlungen… Nun glitt das Kinn ab, schwer lag die Stirn auf den Knien. Schilasky hörte das Geflüster nicht mehr, das anhob. Er war weit fort… Vielleicht im Lazarett zu Rich, wo sein Freund lag, sein Freund, der Todd… Und das Flüstern wurde lauter:
    »Türk! – Komm her, Türk! – Guter Hund, komm, komm…« Kraschinsky schnalzte mit der Zunge. »So! Hab ich dich erwischt! – Was, du willst nicht folgen? Ich werd dich lehren! Du Köter! Du Aas! Jetzt hilft kein Wimmern mehr! Und kein Winseln. Ruf doch deinen Herrn! – Deinen sauberen Herrn! – Wo hab ich mein Messer. – Was, beißen willst du! – Misch dich nicht ein, Schilasky, ich warn dich…!«
    Schilasky wollte aufspringen, da traf eine Faust sein Kinn… Er schlug hin, ihm war übel, aber dennoch hörte er die Stimme und verstand die Worte, die sie sprach:
    »Komm Patschuli, wir wollen den Hund beim Stall verscharren. Schnell, es kommt jemand… Ach! 's ist nur der Lartigue…«
    Nun hörte Schilasky eine andere Stimme, französische Worte, er verstand die Worte nicht, bis er seinen Namen hörte. Und nun sprach die Stimme deutsch:
    »Schilasky! Was machen Sie hier? Sind Sie krank? Oder trauern Sie einsam über Ihre verwundete Freund?«
    Schilasky konnte sich nicht rühren, er hätte gerne Antwort gegeben, aber seine Zunge war am Gaumen festgewachsen. Da, ein Knall neben seinem rechten Ohr, ein Knall, der in seinem Kopf widerhallte. Zwei Absätze klappten, dann sagte eine zweite Stimme: »Mon lieutenant, caporal Koribout…« Und die erste Stimme:
    »Was ist hier geschehen, Korporal? Blut am Boden?«
    »Ich habe zugesehen, mon lieutenant. Kraschinsky hat einen Hund umgebracht.«
    Endlich konnte Schilasky reden. Er richtete sich auf. »Er hat…« stotterte er, »er hat Türk gemordet…«
    »Türk…? Der Hund von Lös…? Traurig, traurig. Wir werden dem Kranken nicht erzählen die Geschichte. Glauben Sie nicht auch? Es geht ihm nicht gut, dem Kameraden Lös. Und Sie, Schilasky, Sie nicht sich müssen

Weitere Kostenlose Bücher