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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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aufregen, das ist sentimentalité! Denken Sie: ein Hund…«
    Schilasky hätte gern etwas gesagt, widersprochen… Er fand die Worte nicht. Durfte man einen Hund quälen? Ein Wesen, das niemandem geschadet hat, nur so, aus purer Gemeinheit, darf man es hin… hinmachen? Es hat seinen Herrn geliebt… Und ein Kraschinsky… Sanft plätscherte Leutnant Lartigues Stimme: »Wir haben eine französische Schriftsteller – manche be-haupten, viele be-haupten, er ist ein großer Artist – wie Sie sagen? Künstler? Ja Künstler… Ich kann ihn nicht lesen… Brechreiz… für mich. Zola er heißt. Doch Zola hat geprägt ein Wort, eine Ausdruck: ›La bête humaine‹. Das heißt…«
    Schilasky unterbrach ganz ruhig: »Die menschliche Bestie…«
    »Parfaitement. Ganz richtig. Nun ja, Kraschinsky hat plötzlich entdeckt die volupté – die – wie sagen Sie – die Wollust von der Grausamkeit. Blut! Blut ist schön für einfache Seelen und für komplizierte. Von Blut, von Wollust und von Sterben – du sang, de la volupté et de la mort…
    Auch ein Buchtitel… Nehmen Sie eine Zigarette, Schilasky, und auch Sie, Korporal. Was haben Sie da, Koribout? Das Notizbuch? Zeigen Sie…! Russisch. Schade. Wollen Sie mir übersetzen?«
    Und Koribout sagte: »Ich habe erst den Titel des Gedichtes: ›Über den Tod eines Hundes‹ und den ersten Vers:
    »Der du so treu gedienet hast
Nun weint dein Auge Blut…«
    »Ah«, sagte Leutnant Lartigue und setzte sich auf Schilaskys Matratze. »Endlich finde ich in der Legion eine Poet…!«
    Das Compagniebureau ist klein. Unter dem einzigen Fenster, das sich auf die Nacht öffnet, die fremde und feindselige, steht ein weißer Tisch, den Papiere bedecken. »Rapport…« »Rapport…« »Rapport…« Capitaine Gaston Chabert trägt eine verbogene Stahlbrille auf der Nase, seufzt auf von Zeit zu Zeit, wenn er einen neuen Bogen zur Hand nimmt. Sein Mund murmelt Zahlen, Zahlen und seine Stirne ist gefurcht. Hinter ihm geht, mit pendelndem Hinterteil, Narcisse Arsène de Pellevoisin, Sergeant-major oder, wie er sich lieber nennen hört: ›der Chef‹ auf und ab…
    »Ich verstehe nicht, mein Kleiner«, sagt der Capitaine, »ich verstehe ganz und gar nicht. Nach dieser Aufstellung hier sieht es ganz so aus, als habe dieser Lös nicht das geringste unterschlagen. Die Zahlen stimmen – sie stimmen auffallend. Was hat Mauriot da zu reklamieren gehabt?«
    »Mauriot!« sagt der Chef und hebt seine gepolsterten Achseln.
    »Also du bist einverstanden mit mir, daß dieser Mann…«
    »Mann!« unterbricht der Chef verachtungsvoll und hebt wieder die Achseln.
    »Nun, eine Frau ist er nicht. Ich will ja zugeben, daß er sich nicht gerade anständig benommen hat – den ganzen Nachmittag hat er mit den Sergeanten gesoff… getrunken und gegen mich gehetzt. Sein Vater ist General – aber glaubst du, daß einer, dessen Vater General ist, intelligenter ist als der Sohn einer Waschfrau? He? Und Royalist ist der Mauriot auch. Reaktionär…! Geht das an in einer republikanischen Armee? Haben unsere Ahnen deshalb die Bastille erstürmt, die Aristokraten an die Laternen gehängt, damit die Nachkommen dieser Aristokraten uns das Leben sauer machen? Wie?«
    »Gegenrapport!« sagte Narcisse lakonisch.
    »Du meinst, mein Kleiner, ich solle dem Marschall in Fez einen Rapport schicken? Aber der Marschall selbst – das weißt du, wie ich, der Marschall stammt selbst aus einem alten Geschlecht, er ist…« der Capitaine sucht seine Worte, »er ist der Kirche treu. Oder täusche ich mich?«
    »Nein!«
    »Siehst du! Siehst du! Und wie – sag mir dies einmal – soll ich meinen Rapport formulieren? Ich muß dir erzählen, wie der Kampf vor sich gegangen ist. Hast du nichts zu trinken? Nein? Die Cooperative ist geschlossen… Wenn jetzt der Lös in der Verwaltung wäre, würde ich zu dem Mann gehen und mit ihm trinken – dann kämen mir Gedanken, dann könnte ich meinen Rapport aufsetzen… Er ist voll Finessen… (kleine, kaum merkliche Pause)… gewesen, der kleine Lös. Eigentlich war er immer anständig zu mir…«
    »Zu mir auch«, brummte der Chef.
    »Und schließlich habe ich wenig Lust, ihn an Intendanzoffiziere auszuliefern… Also hör zu, mein Kleiner – ah! Du hast etwas zu trinken!« (Der Chef hat ein Wandschränkchen geöffnet und eine Flasche Anisette erscheinen lassen. Zwei rötliche Becher füllt er mit der würzig riechenden und süßlichen Flüssigkeit.) Der Capitaine trinkt, saugt an seinen

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