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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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hierbleiben?«
    »Ira hat das ganz deutlich gesagt. Er will mit dir allein sprechen. Wahrscheinlich lass ich seinen Käfer ein bisschen laufen, damit sich die Batterie nicht ganz entlädt.«
    Ich küsste sie nicht noch einmal. Ich stieg aus und schwebte den Weg hinauf. Das Heim lag in einer friedlichen und grünen Umgebung. Es war ein nahezu rechteckiger georgianischer Backsteinbau
mit weißen Säulen am Eingang. Es erinnerte mich an ein nobles Verbindungshaus.
    An der Rezeption saß eine Frau. Ich nannte ihr meinen Namen. Sie forderte mich auf, mich ins Gästebuch einzutragen. Nachdem ich das gemacht hatte, telefonierte sie flüsternd. Ich wartete, während eine Muzak-Fassung von einem Neil-Sedaka-Song lief, was ich seltsam fand, weil es ein bisschen so war, als würde man eine Muzak-Fassung von Muzak hören.
    Eine rothaarige Frau in Zivilkleidung kam die Treppe herunter. Sie trug einen Rock und hatte eine Brille vor der Brust hängen. Sie sah aus wie eine Krankenschwester, die versuchte, nicht wie eine Krankenschwester auszusehen.
    »Ich bin Rebecca«, sagte sie.
    »Paul Copeland.«
    »Ich bringe Sie zu Mr Silverstein.«
    »Danke.«
    Ich hatte gedacht, sie würde mich den Flur entlangführen, aber wir gingen durch die Hintertür direkt nach draußen. Der Garten war sehr gepflegt. Es war noch hell, aber die Wege waren trotzdem schon beleuchtet. Eine dichte Hecke umschloss das Grundstück.
    Ich erkannte Ira Silverstein sofort.
    Er hatte sich verändert und war dabei doch ganz der Alte geblieben. Man kennt diese Leute. Sie werden älter und dicker, sie ergrauen und ihre Haut erschlafft, trotzdem sind sie dieselben wie früher. So war das bei Ira.
    »Ira?«
    Im Ferienlager hatten wir uns nicht mit Nachnamen angesprochen. Die Erwachsenen wurden Onkel und Tante genannt, aber »Onkel Ira« wollte mir einfach nicht über die Lippen kommen.
    Er trug einen Poncho, wie ich ihn zum letzten Mal in einem Dokumentarfilm über Woodstock gesehen hatte. Seine Füße steckten in Sandalen. Ira erhob sich langsam und empfing mich
mit ausgebreiteten Armen. So war das im Ferienlager auch gewesen. Alle hatten sich umarmt. Alle hatten sich lieb gehabt. Alles war sehr »Kumbaya« gewesen. Ich trat zu ihm. Er nahm mich fest, mit all seiner Kraft, in die Arme. Sein Bart kratzte mich an der Wange.
    Er ließ mich los und sagte zur Schwester: »Lassen Sie uns allein.«
    Die Schwester ging. Ira führte mich zu einer Parkbank aus Beton und grün gestrichenem Holz. Wir setzten uns.
    »Du siehst noch genauso aus wie früher, Cope«, sagte er.
    Er erinnerte sich an meinen Spitznamen. »Du auch.«
    »Man sollte meinen, dass die schweren Jahre einem Gesicht mehr zusetzen, was?«
    »Sollte man meinen, Ira.«
    »Und, was machst du jetzt so?«
    »Ich bin Bezirksstaatsanwalt.«
    »Echt?«
    »Ja.«
    Er runzelte die Stirn. »Irgendwie gehörst du dann aber schon zum Establishment.«
    Der alte Ira.
    »Ich ermittle nicht gegen Antikriegsdemonstranten«, versicherte ich ihm. »Ich beschäftige mich mit Mördern und Vergewaltigern und so.«
    Er kniff die Augen zusammen. »Bist du deshalb gekommen?«
    »Weshalb?«
    »Suchst du hier nach Mördern und Vergewaltigern?«
    Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, also spielte ich einfach mit. »Irgendwie schon. Ich versuche rauszubekommen, was damals im Wald passiert ist.«
    Ira schloss die Augen.
    »Lucy hat gesagt, dass du mich sprechen willst«, sagte ich.
    »Ja.«

    »Wieso?«
    »Ich wollte wissen, warum du wieder zurückgekommen bist.«
    »Ich war doch nie weg.«
    »Du hast Lucy das Herz gebrochen, weißt du.«
    »Ich habe ihr geschrieben. Ich habe versucht, sie anzurufen. Sie hat sich nicht gemeldet.«
    »Trotzdem. Sie hat sehr gelitten.«
    »Das war nicht meine Absicht.«
    »Und warum bist du jetzt zurückgekommen?«
    »Ich will rausfinden, was mit meiner Schwester passiert ist.«
    »Sie wurde ermordet. Genau wie die anderen drei.«
    »Nein, das wurde sie nicht.«
    Er sagte nichts. Ich beschloss, meiner Frage etwas mehr Nachdruck zu verleihen.
    »Das weißt du doch, Ira. Gil Perez ist hier gewesen, stimmt’s?«
    Ira schmatzte. »Trocken.«
    »Was?«
    »Ich bin ganz ausgetrocknet. Ein alter Freund von mir aus Cairns, das ist in Australien, er war der coolste Typ, den ich kannte, und der hat immer gesagt: ›Ein Mann ist doch kein Kamel, Kumpel.‹ Damit wollte er sagen, dass er einen Drink haben will.«
    Ira grinste.
    »Ich glaub nicht, dass du hier einen Drink kriegst, Ira.«
    »Oh, ich weiß. Ich

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