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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Gebäude an der
Plaza waren hübsche Ziegelbauten, die sogar noch etwas mehr Efeu vertragen hätten. Ich stellte den Wagen auf den Parkplatz an der Südwestecke. Ich verstellte den Rückspiegel, und dann, um es mit Bruce Springsteen zu sagen, sah ich mich im Spiegel an und wollte meine Kleidung, meine Frisur und mein Gesicht verändern.
    Ich stieg aus und ging über die Liegewiese. Ich kam an ein paar Studenten vorbei. Die Mädchen waren hübscher als in meiner Erinnerung, aber dann fiel mir ein, dass das vermutlich an meinem fortgeschrittenen Alter lag. Ich nickte ihnen im Vorbeigehen zu. Sie nickten nicht zurück. Als ich zur Uni ging, war ein Achtunddreißigjähriger bei uns im Seminar. Er wollte seinen Abschluss nachmachen, weil er vorher sein Studium abgebrochen hatte und zur Army gegangen war. Ich weiß noch, wie er auf dem Campus wegen seines Alters aufgefallen war. Er war so alt gewesen wie ich jetzt. Unglaublich. Ich war genauso alt wie dieser alte Knacker von damals.
    Ich ließ meine Gedanken weiter um unausgegorenes Zeug kreisen, weil es mir half, nicht ans Ziel meiner Reise zu denken. Ich trug ein weißes Hemd ohne Krawatte, Jeans, einen blauen Blazer und Ferragamo-Mokassins ohne Socken. Mr Freizeit-Chic.
    Als ich mich dem Gebäude näherte, merkte ich, dass ich zitterte. Ich ermahnte mich zur Ruhe. Schließlich war ich ein erwachsener Mann. Ich war verheiratet gewesen. Ich war Vater und Witwer. Mehr als die Hälfte meines Lebens war vergangen, seit ich diese Frau das letzte Mal gesehen hatte.
    Wann wachsen wir da je heraus?
    Ich sah auf den Etagenplan, obwohl Lucy mir gesagt hatte, dass ihr Büro im zweiten Stock lag. Eingang B. Da war er. Professor Lucy Gold. Zwei B. Ich fand den richtigen Knopf im Fahrstuhl. Oben wandte ich mich erst einmal nach links, obwohl der Pfeil mit der Aufschrift »A-E« nach rechts zeigte.
    Ich erreichte ihre Tür. Daran hing ein Zettel, auf dem die
Studenten sich für Sprechstunden eintragen konnten. Die meisten Zeiten waren vergeben. Daneben hingen ein Seminarplan und eine Liste mit den aktuellen Hausarbeitsthemen. Beinahe hätte ich mir noch in die Hand gehaucht, um festzustellen, ob ich Mundgeruch hatte, dabei lutschte ich sowieso schon eine Pfefferminzpastille.
    Ich klopfte. Zweimal kräftig mit den Fingerknöcheln. Selbstbewusst, dachte ich. Männlich.
    Gott, bin ich erbärmlich.
    »Herein.«
    Als ich ihre Stimme hörte, rutschte mir das Herz in die Hose. Ich öffnete die Tür und trat ins Büro. Sie stand am Fenster. Die Sonne stand tief am Himmel und warf einen Schatten auf ihr Gesicht. Sie war immer noch verdammt schön. Ich blieb einfach stehen, wo ich war. Einen Augenblick lang standen wir einfach nur fünf Meter voneinander entfernt einander gegenüber und rührten uns nicht.
    »Wie ist das Licht?«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe überlegt, wo ich mich hinstellen soll. Du weißt schon, als du geklopft hast. Mach ich die Tür auf? Nein, das wäre für den Anfang zu nah. Bleib ich mit einem Stift in der Hand am Schreibtisch sitzen? Soll ich dich über die Halbbrille angucken, die ich zum Lesen brauche? Tja, und dann hat mir ein Freund geholfen, den richtigen Winkel auszusuchen. Er meinte, das würde den besten Eindruck machen, wenn ich mich bei halbgeschlossenen Jalousien auf die andere Zimmerseite stelle.«
    Ich lächelte. »Du siehst fantastisch aus.«
    »Du auch. Wie viel hast du denn ausprobiert, bis du das gefunden hast?«
    »Nur dies«, sagte ich. »Aber man hat mir oft genug gesagt, dass das am besten zu mir passt.«
    »Ich hab drei Blusen ausprobiert.«

    »Die gefällt mir«, sagte ich. »Grün hat dir schon immer gut gestanden.«
    »Damals bin ich aber auch noch blond gewesen.«
    »Ja, aber grüne Augen hast du immer noch«, sagte ich. »Darf ich reinkommen?«
    Sie nickte. »Und mach die Tür zu.«
    »Sollen wir, na ja, uns umarmen, oder so?«
    »Noch nicht.«
    Lucy setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl. Ich nahm auf dem Besucherstuhl vor dem Schreibtisch Platz.
    »Das ist echt völlig schräg«, sagte sie.
    »Ich weiß.«
    »Ich will dich tausend Dinge fragen.«
    »Ich dich auch.«
    »Aus dem Internet hab ich das mit deiner Frau erfahren«, sagte sie. »Mein Beileid.«
    Ich nickte. »Wie geht’s deinem Vater?«
    »Nicht gut.«
    »Tut mir leid, das zu hören.«
    »Die vielen Drogen und die freie Liebe – irgendwann fordern sie ihren Tribut. Außerdem ist Ira … er ist nie darüber hinweggekommen, weißt du?«
    Ich wusste, was sie meinte.
    »Was ist mit

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