Grab im Wald
aus?«
»Das wäre selbstverständlich vollkommen korrekt.«
Ich lächelte. Ich hatte Dave Markie, den jetzigen Gouverneur, in meinem ersten Studienjahr auf der Rutgers University bei einer Party kennengelernt. Er hatte mir Angst eingejagt. Ich war der Sohn eines Einwanderers, sein Vater war US-Senator. Aber das ist das Schöne an der Uni. Sie ermöglicht seltsame Kombinationen. Am Ende des Studiums waren wir beste Freunde.
Daves Kritiker konnten nicht umhin, diese Freundschaft ins Feld zu führen, als er mich auf meine derzeitige Stelle als Bezirksstaatsanwalt von Essex County berief. Der Gouverneur hatte kurz die Achseln gezuckt und meine Berufung gegen die Widerstände durchgedrückt. Inzwischen hatte ich mir in der Öffentlichkeit einen guten Ruf erworben, und bis auf das Risiko, dass ich mich für Dinge interessierte, die mich nicht interessieren sollten, dürfte mir der heutige Tag bei der Bewerbung um einen Sitz im Kongress auch nicht geschadet haben.
»So, großer Tag, was? Yo dah man! Woo-hoo. Go, Cope, go! Ey, Cope, ist besser als Geburtstag, was?«
»Versuchst du auf die Art, die Hip-Hopper unter deinen Wählern zu erreichen?«
»Eigentlich versuche ich nur, meine Tochter zu verstehen. Auf jeden Fall erst mal herzlichen Glückwunsch.«
»Danke.«
»Ich bin immer noch damit beschäftigt, den Fall totzureiten, indem ich den ganzen Tag keinen Kommentar abgebe.«
»Ich hab noch nie gehört, dass du ›kein Kommentar‹ gesagt hast.«
»Und zwar deshalb nicht, weil ich mir dafür kreativere Formulierungen
einfallen lasse. Zum Beispiel: ›Ich habe Vertrauen in unser Rechtssystem, jeder Bürger ist so lange unschuldig, bis seine Schuld vor Gericht bewiesen ist.‹ Oder: ›Die Zahnräder der Justiz drehen sich, ich bin in diesem Fall weder Richter noch Geschworener, wir müssen also warten, bis wir alle Fakten kennen.‹«
»Du weichst also auf Klischees aus, um keinen Kommentar abzugeben?«
»Klischees bedeuten immer ›kein Kommentar‹ und kommentieren doch alles«, korrigierte er. »Und wie geht’s dir so, Cope?«
»Gut.«
»Hast du eine Freundin?«
»Gelegentlich.«
»Mann, ey, du bist Single. Du siehst gut aus. Du hast Geld. Jetzt guck dir mal an, was ich damit alles auf die Beine stelle?«
»Du drückst dich gerade etwas spitzfindig aus, ich glaube aber, ich kann dir folgen.«
Dave Markie war immer ein großer Playboy gewesen. Das lag nicht so sehr an seinem passablen Äußeren, sondern an seiner Gabe, Frauen aufzureißen, die man, vorsichtig ausgedrückt, nur als umwerfend bezeichnen konnte. Er verströmte ein Charisma, das jeder Frau das Gefühl gab, sie wäre das schönste und faszinierendste Lebewesen auf der Welt. Es war nur Show. Er wollte sie nur vögeln. Sonst nichts. Ich hatte jedenfalls keinen Mann gesehen, der besser Frauen aufreißen konnte.
Dave war natürlich verheiratet und hatte zwei gebildete Kinder, trotzdem hatte ich keinerlei Zweifel daran, dass bei ihm noch ein bisschen was nebenher lief. Manche Männer konnten nichts dagegen tun. Es war ein instinktives und primitives Verhalten. Der Gedanke, dass Dave Markie eine hübsche Frau in seiner Nähe nicht anmachte, war schlicht unvorstellbar.
»Gute Neuigkeiten«, sagte er. »Ich komme nach Newark.«
»Weshalb?«
»Weil Newark die größte Stadt in dem Bundesstaat ist, den ich als Senator vertrete, und ich meine Wähler schätze.«
»Mhm.«
»Außerdem will ich dich sehen. Es ist lange her, seit wir uns zum letzten Mal gesehen haben.«
»Dieser Fall nimmt mich noch ziemlich in Anspruch.«
»Hast du keine Zeit für deinen Gouverneur?«
»Was ist los, Dave?«
»Es hat mit der Sache zu tun, über die wir schon gesprochen haben.«
Meine mögliche Kandidatur zum Kongress. »Gute Neuigkeiten?«, fragte ich.
»Nein.«
Schweigen.
»Ich glaube, es gibt da ein Problem«, sagte er.
»Was für ein Problem?«
Seine Stimme wurde wieder jovial. »Könnte völlig bedeutungslos sein, Cope. Wir reden darüber. Morgen bei dir im Büro. Mittags?«
»Okay.«
»Besorg uns ein paar von diesen Sandwiches. Von diesem Lokal an der Brandford.«
»Hobby’s?«
»Genau. Für mich Putenbrust mit allem Drum und Dran auf hausgemachtem Roggenbrot. Bestell dir auch was. Ich lad dich ein. Bis dann.«
Lucy Golds Bürogebäude war der Schandfleck der ansonsten hübschen Plaza, ein »moderner« Bau, der futuristisch aussehen sollte, aber wohl schon drei Jahre nach seiner Fertigstellung irgendwie veraltet gewirkt hatte. Die anderen
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