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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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Vergewaltigung also nicht seine Idee.«
    Er schüttelte den Kopf und drohte grinsend mit dem Finger: Netter Versuch. »Wer hat Ihnen erzählt, es hätte eine Vergewaltigung gegeben?«
    »Kommen Sie, Mann«, sagte ich, ebenfalls grinsend, »Sie wissen, dass ich das nicht sagen darf. Zeugen.«
    Cathal blickte mich langsam kauend an. »Okay«, sagte er schließlich. Die Spuren des Lächelns hingen noch in seinen Mundwinkeln. »Sagen wir mal so. Es hat keine Vergewaltigung gegeben, aber wenn doch – rein hypothetisch – hätte Jonner nicht in tausend Jahren den Mumm gehabt, sich so was einfallen zulassen. Und falls das damals tatsächlich passiert wäre, dann hätte er sich in den Wochen danach vor Angst in die Hose gemacht, weil er überzeugt gewesen wäre, jemand hätte was gesehen und würde zur Polizei gehen, und er hätte gejammert, wir kämen alle in den Knast und er würde sich stellen wollen ... Der Typ könnte keiner Fliege was zuleide tun, geschweige denn ein Kind umbringen.«
    »Und Sie«, sagte ich. »Hätten Sie keine Sorge gehabt, die Zeugen würden Sie verpfeifen?«
    »Ich?« Das Grinsen wurde breiter. »Nie und nimmer, Mann. Wenn, rein hypothetisch, irgendwas davon passiert wäre, hätte ich mich gefreut wie ein Schneekönig, weil ich gewusst hätte, dass ich ungeschoren davonkomme.«

    »Ich bin dafür, ihn festzunehmen«, sagte ich am Abend bei Cassie. Sam war in Ballsbridge, auf einer schnieken Party zum einundzwanzigsten Geburtstag seines Cousins. Wir waren also allein, saßen auf dem Sofa, tranken Wein und überlegten, wie wir Jonathan Devlin weiter in die Mangel nehmen könnten.
    »Wegen was?«, fragte Cassie vernünftigerweise. »Wir können ihn nicht wegen der Vergewaltigung drankriegen. Wir hätten eventuell genug in der Hand, um ihn wegen Peter und Jamie zu vernehmen, nur dass wir keinen Zeugen haben, der sie am Ort der Vergewaltigung gesehen hat, wir können also kein Motiv nachweisen. Sandra hat euch drei nicht gesehen, und wenn du dich melden würdest, käme raus, dass du mit diesem ganzen Fall zu tun hast, was O'Kelly zum Anlass nehmen würde, dir die Eier abzuschneiden und sie als Tannenbaumschmuck zu verwenden. Und wir haben nicht das Geringste, was Jonathan mit Katys Tod in Verbindung bringt. Bloß ein paar Bauchschmerzen, die durch Missbrauch verursacht worden sein könnten oder auch nicht, der vielleicht auf sein Konto ging oder auch nicht. Wir können ihn nur bitten, ins Präsidium zu kommen und mit uns zu reden.«
    »Ich will ihn unbedingt aus dem Haus raushaben«, sagte ich langsam. »Ich mache mir Sorgen um Rosalind.« Es war das erste Mal, dass ich mein diesbezügliches Unbehagen ausgesprochen hatte. Es hatte sich seit ihrem ersten hastigen Anruf ganz allmählich und fast unbemerkt in mir aufgebaut, aber in den letzten beiden Tagen einen Grad erreicht, den ich nicht mehr ignorieren konnte.
    »Rosalind? Wieso?«
    »Du hast gesagt, unser Mann tötet nur, wenn er sich bedroht fühlt. Das passt zu allem, was wir gehört haben. Laut Cathal hatte Jonathan damals einen Heidenschiss, wir würden jemandem von der Vergewaltigung erzählen. Also greift er sich uns. Katy hat beschlossen, nicht mehr krank zu sein, vielleicht gedroht, ihn zu verraten, also bringt er sie um. Wenn er dahinterkommt, dass Rosalind mit mir gesprochen hat ...«
    »Ich glaube nicht, dass du dir Sorgen machen musst«, sagte Cassie. Sie trank ihren Wein aus. »Vielleicht liegen wir bei Katy völlig falsch; das sind alles reine Vermutungen. Und ich würde das, was Cathal Mills erzählt, nicht überbewerten. Ich halte ihn für einen Psychopathen, und denen gehen Lügen leichter über die Lippen als die Wahrheit.«
    Ich hob die Augenbrauen. »Du hast ihn doch höchstens fünf Minuten erlebt. Mir kam er bloß vor wie ein blödes Arschloch.«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich sag ja nicht, dass ich mir bei Cathal sicher bin. Aber Psychopathen sind erstaunlich leicht zu erkennen, wenn man weiß woran.«
    »Hast du das am Trinity gelernt?«
    Cassie ließ sich mein Glas geben und stand auf, um nachzuschenken. »Nicht direkt«, sagte sie vom Kühlschrank her. »Ich hab mal einen Psychopathen gekannt.«
    Sie stand mit dem Rücken zu mir, und wenn in ihrer Stimme ein merkwürdiger Unterton lag, so nahm ich ihn nicht wahr. »Ich hab mal einen Fernsehbeitrag gesehen, da hieß es, fünf Prozent der Bevölkerung sind Psychopathen«, sagte ich, »aber die meisten verstoßen nie gegen das Gesetz, deshalb werden sie auch nie

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