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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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hörte Schritte auf dem Flur und erstarrte – O'Kelly würde mich sofort zurück zum Dienst an der Hotline schicken –, doch sie gingen vorbei. Ich legte die Stirn an die Einwegscheibe und schloss die Augen.
    Sie handelten zuerst harmlose Kleinigkeiten mit ihm ab. Cassies Stimme und die von Sam verflochten sich geschickt miteinander, wie ein beruhigendes Schlaflied: Wie sind Sie aus dem Haus gekommen, ohne Ihre Mutter aufzuwecken? Ach ja? Die Methode hatte ich auch, als Teenager ... Haben Sie das vorher schon mal gemacht? Mensch, der Kaffee ist grauenhaft, möchten Sie vielleicht lieber eine Cola oder so? Sie waren ein gutes Team, Cassie und Sam, richtig gut, und Damien wurde allmählich lockerer. Einmal lachte er sogar, ein kläglicher kleiner Atemzug.
    »Sie sind in der Bürgerinitiative gegen die Schnellstraße, richtig?«, sagte Cassie schließlich, genauso ungezwungen wie zuvor, und außer mir hätte keiner die minimal erhöhte Stimmlage herausgehört, die erkennen ließ, dass sie zur Sache kam. Ich öffnete die Augen und hob den Kopf. »Wann sind Sie da eingetreten?«
    »Dieses Frühjahr«, sagte Damien bereitwillig, »im März oder so. Ich hab an der Uni einen Anschlag am Schwarzen Brett gesehen, einen Aufruf zu einer Demo. Ich hatte ja vor, im Sommer in Knocknaree zu arbeiten, und deshalb fühlte ich mich ... ich weiß nicht, irgendwie angesprochen? Also bin ich hin.«
    »Könnte das die Demonstration am zwanzigsten März gewesen sein?«, fragte Sam, blätterte Unterlagen durch und rieb sich den Hinterkopf. Er machte einen auf einfachen Cop vom Lande, freundlich und etwas behäbig.
    »Ja, könnte hinkommen. War vor dem Parlamentsgebäude, wenn das was hilft.« Damien wirkte inzwischen fast unheimlich entspannt. Er beugte sich über den Tisch und spielte mit seinem Kaffeebecher, redselig und eifrig wie bei einem Vorstellungsgespräch. Ich hatte das schon öfter erlebt, besonders bei Ersttätern: Sie sind es nicht gewohnt, uns als den Feind zu betrachten, und wenn sich der Schock der Festnahme erst gelegt hat, löst sich die lange quälende Anspannung, und sie werden leichtsinnig und hilfsbereit.
    »Und da sind Sie dann Mitglied geworden?«
    »Genau. Die Knocknaree-Ausgrabung ist echt wichtig, auf dem Gelände sind Siedlungsspuren aus –«
    »Hat Mark uns schon erzählt«, sagte Cassie schmunzelnd. »Wie Sie sich bestimmt denken können. Haben Sie Rosalind Devlin auf dieser Demo kennengelernt oder kannten Sie sie schon vorher?«
    Eine kleine, verwirrte Pause. »Was?«, sagte Damien.
    »Sie war an dem Tag am Unterschriftentisch. Haben Sie sie da kennengelernt?«
    Wieder eine Pause. »Ich weiß nicht, wen Sie meinen«, sagte Damien schließlich.
    »Ach, kommen Sie, Damien«, sagte Cassie und beugte sich vor, um seinen Blick einzufangen; er starrte in seinen Kaffeebecher. »Sie haben sich bisher ganz prima gehalten. Machen Sie mir jetzt nicht schlapp, ja?«
    »Wir haben eine Liste Ihrer Handyverbindungen. Sie haben Rosalind zigmal angerufen und ihr SMS geschickt«, sagte Sam und holte einen Stoß gelb markierter Blätter hervor, die er vor Damien auf den Tisch legte. Der starrte mit leerem Blick darauf.
    »Wieso machen Sie so ein Geheimnis aus Ihrer Freundschaft mit Rosalind?«, fragte Cassie. »Da ist doch nichts dabei.«
    »Ich will nicht, dass sie mit in die Sache reingezogen wird«, sagte Damien. Seine Schultern verkrampften sich langsam.
    »Wir haben nicht vor, irgendjemanden in irgendwas mit reinzuziehen«, sagte Cassie freundlich. »Wir wollen nur wissen, was passiert ist.«
    »Das hab ich doch schon erzählt.«
    »Ich weiß, ich weiß. Haben Sie Geduld mit uns, ja? Wir müssen einfach die genauen Einzelheiten abklären. Also, haben Sie Rosalind nun auf dieser Demo kennengelernt?«
    Damien streckte die Hand aus und berührte die Handylisten mit einem Finger. »Ja«, sagte er. »Als ich unterschrieben hab. Da sind wir ins Gespräch gekommen.«
    »Sie haben sich gut verstanden und sind in Kontakt geblieben?«
    »Ja. Genau.«
    Dann ließen sie das Thema erst mal auf sich beruhen. Wann haben Sie in Knocknaree angefangen? Wieso haben Sie sich für die Ausgrabungsstätte dort entschieden? Ja, das fand ich auch faszinierend ... Nach und nach entspannte Damien sich wieder. Es regnete noch immer, dichte Wasservorhänge glitten an den Fenstern hinab. Cassie ging frischen Kaffee holen und kam mit einem verschmitzten Lächeln und einer Packung Vanillekekse zurück. Sie hatten es nicht eilig, jetzt, wo Damien

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